Wirtschaftswetter       Banner Wirtschaftswetter-Themen,  Link Wirtschaftswetter-Werbung

Lebenslanges Lernen, aber wie?

Online – Offline – Deadline, Lernen

von Angelika Petrich-Hornetz

Kennen Sie folgendes: Sie saßen stundenlang vor ihrem PC, vertieft in virtuelle Welten bis die Augen flimmerten. Dann stehen Sie auf, um sich eine Tasse Kaffee zu holen. Sie verlassen ihren Büroschemel, wandeln durch den Flur, betreten die Küche und dieser dreidimensionale Raum kommt Ihnen plötzlich wie ein Paradies vor. Nicht nur, dass der Kaffee ihr Leben rettet, weil er Ihre Müdigkeit verscheucht, sondern er duftet, der Löffel klimpert lustig bei jeder Umdrehung, wie sie ihn durch den Zucker ziehen. Die Sonne blinzelt durchs Fenster, ein paar Vögel flattern aufgeregt zwitschernd vorbei. Sie hören das Radio leise aus dem Nebenzimmer. Ist es nicht schön, das Leben offline?

Ein paar Stunden später zieht es sie wieder zurück. Sie erhalten interessante Nachrichten, erledigen wichtige Arbeiten, aber Sie lachen auch über eine E-Card, die Ihnen ein Bekannter geschickt hat mit einem Spruch darauf, der Sie noch mehrere Tage bei Laune halten wird. Sie arbeiten, lesen, bilden und unterhalten sich, wie im richtigen Leben und mit dem Vorteil abschalten zu können: Ton aus, Fenster zu, anderes auf und schon ist Ruh! Ist es nicht schön, das Leben online?

On- oder Offline? Wir können beides. Genauso wie wir arbeiten und ausruhen müssen, um zufrieden zu sein. Wir wollen wach durch das Leben gehen und dazu müssen wir schlafen. Wir möchten trinken, aber nicht nur, wir möchten auch essen. Wir haben fünf Sinne, ein Gehirn und zwei Beine. Kann es sein, dass auch keiner ständig im Auto sitzen will oder nur stehen oder nur reden oder nur schweigen? Das ist aber nicht neu und das Wissen um die Vielschichtigkeit des Lebens gehört zur Allgemeinbildung. Psychologen, Pädagogen und andere Wissenschaftler erkunden die scheinbaren Widersprüche, die im Leben einfach vorhanden sind und seinen Reiz erst ausmachen.

Wenn dieses Wissen ein Allgemeingut ist, warum streitet man überhaupt noch über die richtigen Lernformen? Ist das Leben selbst nicht der beste Lehrmeister? Würde dieser Lehrmeister bestimmen, das Studium, E-Learning, Bücherlesen oder Radio hören, wäre jeweils die beste Methode, um Wissen zu erwerben? Eher nicht. Die einzig wahre Form gab es nie. Uns begegnet eine immer größer werdende Variantenvielfalt möglicher Methoden, von denen wir versuchen, die auszuwählen, die uns angenehm sind und uns liegen.

Dies aufs Lernen übertragen, wie es heute üblich und möglich ist, dann würde man z. B. bei schönem Wetter etwas Gedrucktes mit nach draußen nehmen, vielleicht aber auch einen CD oder MP3-Player benutzen und das Wissen kaum merkbar in die Ohren träufeln lassen. Bei Regen bietet sich die Sitzung vorm PC oder sogar Liegen vor irgendeinem anderen Bildschirm an. Im Auto mit Vokabeln berieselt werden ist sicher vernünftiger als ein Buch in die Hand zu nehmen, welches sich wiederum für eine Zugfahrt empfiehlt, wohingegen Video und DVD im Flugzeug einfach angebrachter sind, weil manchen beim Lesen-Fliegen einfach übel wird.

Ferner sind praktische Übungen zur Vertiefung immer sinnvoll. Und die Methode, anderen etwas zu erklären deckte schon so manche Wissenslücke auf. Es anzuwenden und zu erläutern, zu präsentieren ist die Königsdisziplin in der Praxis, ob online oder offline. Damit sind wir am Ausgangspunkt und nun sagen Sie selbst. Lernen und arbeiten Sie lieber online oder offline? Ist es nicht eigentlich egal, Hauptsache man findet jeweils zur rechten Zeit die Deadline des Lern- und Arbeitsabschnitts und klettert zum nächsten, stetig bergauf. Das Gehirn ist das einzige Organ, welches Abnutzungserscheinungen erst durch Nichtgebrauch entwickelt. Und das ist nur einer dieser reizvollen Widersprüche.

Was die Wissenschaft dazu sagt:

Richard Stang, Medienbeauftragter des deutschen Instituts für Erwachsenenbildung beschäftigte sich mit dem Einsatz von Medien in der Weiterbildung und untersuchte das Verhältnis Medien und Organisation am Beispiel von Volkshochschulen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass Weiterbildung innovativ und am Markt erfolgreich ist, wenn Medien nutzer- und situationsgerecht eingesetzt werden.
Das Buch dazu:
Richard Stang: Neue Medien und Organisation in Weiterbildungseinrichtungen - Anregungen für eine medienorientierte Organisationsentwicklung

Ein Modell zum lebenslangen Lernen und seinen unterschiedlichen Formen wird am 9. und 10. Oktober in Berlin diskutiert. Dort veranstalten acht Fachhochschulen einen Workshop für etwa 80 Vertreter aus Politik, Bildung und Wirtschaft. Die Koordination übernimmt die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft. Man tüftelt an der Zusammenlegung von akademischer und beruflicher Weiterbildung und wie man dieses sicht- und messbar machen kann. Durch ein Leistungspunktesystem soll ein persönliches Kompetenzkonto aufgebaut werden und damit z. B. der Erwerb von Praxiswissen erfasst und honoriert werden. Noch ist das eher Zukunft. Einige bereits existierende Beispiele sollen demonstrieren, wie es funktionieren kann.


2003-10-09 by Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz

Infos zu Datenschutz + Cookies

zurück zu: Themen

zurück zu: Lifestyle

2003-2022 wirtschaftswetter.de
© Wirtschaftswetter Online-Zeitschrift