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Teddybären

Auch Kleinvieh zählt im Notfall

Interview mit Helga Büldt vom Verein "Aktion-Teddybär"

von Susanne Hagedorn

Teddy Charity-Veranstaltungen, mit großen Galas, mit Glamour und hohem Spendenaufkommen verbunden, werden nach gewaltigen Natur- oder anderen Katastrophen veranstaltet, wie nach der Oderflut, dem Tsunami, nach verheerenden Erdbeben, Hurricanes oder der letzten Schneekatastrophe in Süddeutschland.
Es ist berechtigt, nach solchen Ereignissen, die Bevölkerung um Hilfe zu bitten, denn Notsituationen wie diese pflegen nicht selten vor allem die Ärmsten der Armen in den betroffen Gebieten an den Rand des Abgrunds zu bringen - auch noch lange nach der überstandenen Katastrophe.

Daneben gibt es die im Vergleich eher kleinen, täglichen – fast alltäglichen – Katastrophen. Sie sind nicht einmal eine Zeitungsnotiz wert, doch verlangen nach dauernder Aufmerksamkeit. Für diese ständigen Engagements gibt es ebenso Wohltätigkeitsveranstaltungen, wenn auch im kleineren Rahmen, Bürger-Initiativen und Vereine. Einer, der versucht, eine "kleine", aber für die Betroffenen persönlich durchaus sehr große Katastrophe erträglicher zu gestalten, ist die Aktion Teddybär e.V. mit Sitz in Ahaus im Münsterland.

Der gemeinnützige Verein verfolgt den Zweck, Kindern in Notsituationen zur Seite zu stehen und ein wenig Trost zu spenden. Vorrangig handelt es sich um Kinder, die nach einem Unfall mit einem Rettungsfahrzeug in ein Krankenhaus gebracht werden müssen. Ihnen wird – dank dem Verein - durch den Notarzt oder die Rettungssanitäter ein Teddybär in den Arm gelegt, und der hilft allein durch seine Anwesenheit über den ersten Schock oder auch Schmerz hinweg. Der Bär ist ein Geschenk und bleibt im Besitz des Kindes.
Wirtschaftswetter hatte Gelegenheit über die Freuden und Probleme eines regionalen Wohltätigkeits-Vereins mit Helga Büldt, von der Aktion Teddybär zu sprechen.

Wirtschaftswetter: Frau Büldt, der Vereinssitz ist eine Kleinstadt im Münsterland – das lässt auf regionale Tätigkeit schließen. Hat dies einen Einfluss auf die Spendenfreudigkeit?

Helga Büldt : Ja, leider! Es ist so, dass große Sponsoren wenig Interesse haben, weil die Werbewirksamkeit ja geringer ist als bei einem überregionalen Verein. Auch unser Hinweis, dass wir durchaus überregional tätig sind, ist wenig hilfreich. Der negative Bescheid auf unsere Bitte um eine Spende wird begründet (Anm.: von Firmen und Institutionen) mit dem Argument: „Wir geben gerne – aber nur an Vereine vor Ort“. Vielleicht sollten wir überall dort, wo unsere Teddys eingesetzt werden, Vereinsfilialen gründen?

Wirtschaftswetter: Ihr Verein übergibt die Teddybären nicht selbst, sondern stellt sie Rettungswachen zur Verfügung. Wird seitens dieser Personen genug "Werbung" gemacht, so dass die beschenkten Kinder auch wissen, ,woher ihr Trostbär kommt?

Helga Büldt :Hier ist viel Fingerspitzengefühl gefordert. Denn in Notsituationen geht es vorrangig um das Wohl des Kindes. Für das Rettungspersonal ist es wichtig, Vertrauen aufzubauen und dem Kind Angst und Schmerzen zu nehmen. Da kann nicht mit der Tür ins Haus gefallen und um Spenden gebeten werden! Wünschenswert ist allerdings, das Bewusstsein des Rettungspersonals um die Wichtigkeit von Spendengeldern zu fördern und somit am Standort der jeweiligen Rettungswache Sponsoren für den Neukauf der benötigten Teddys zu werben.

Teddy 2 Ihr Verein arbeitet ja eigentlich präventiv, denn die Bären werden nicht erst angeschafft, wenn ein Kind im Krankenwagen liegt. Wie viel Geld muss zur Anschaffung eines Bären bereitgestellt werden und welche Ansprüche stellen Sie an die Qualität?

Helga Büldt: Ja, wir arbeiten präventiv, und das macht die Bitte um Spendengelder so schwierig. Wir appellieren an potentielle Spender sich vorzustellen, wie hilfreich so ein kleiner Kuschelbär für ein Kind in einer Notsituation sein kann.
In unserem Lager müssen immer ca. 200 Teddys vorrätig sein, denn es ist absolut nicht planbar, wie viele Trostspender zum Einsatz kommen werden. Sie können davon ausgehen, dass wir ungefähr alle zwei Monate neue Teddys kaufen; also muss für ein Jahr mindestens die Summe von 15.000 Euro auf dem Konto sein. Der Qualitätsanspruch an die Teddybären ist sehr hoch; Material und Verarbeitung entsprechen der internationalen Sicherheitsnorm EN 71.1.2.3. , das ist der höchste Qualitätsstandard, und sie tragen das CE-Zeichen für die geprüfte Sicherheit. Die Teddys sind aus schwer entflammbarem Material und absolut ungiftig. Alle angenähten Teile haben optimale Festigkeit, und sie sind bis 30° waschbar.

Wirtschaftswetter: In Ihren Antworten wird deutlich, dass es für einen Verein, wie Ihrem, ein täglicher Kampf ist, Spendengelder zu bekommen. Haben Sie mit noch anderen Widrigkeiten zu kämpfen?

Helga Büldt: Einen täglichen Kampf möchten wir es eigentlich nicht nennen, aber wir müssen uns schon sehr bemühen und wirklich jede Möglichkeit ausschöpfen. Schwierig ist es auch, Mitstreiter zu motivieren für die Ehrenamtlichkeit; denn leider gibt es für „ viel Amt nur wenig Ehre“! Und der erhebliche Zeitaufwand ist nur zu bewältigen, wenn man nicht in Vollzeit berufstätig ist, beziehungsweise in anderen Organisationen noch nicht zu sehr engagiert ist.
Unangenehm aufgefallen ist uns in den letzten Jahren die Zunahme von Missbrauch unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit. Wir haben inzwischen eine Datenbank angelegt, in der wir die Fälle dokumentieren, die uns von Geschädigten genannt werden. Die geschädigten Personen melden sich bei uns, weil sie keinen Kontakt mehr zu dem Verein bekommen können, der sie übervorteilt hat. Der Name Aktion Teddybär wird von vielen unterschiedlichen Einrichtungen geführt. Das haben wir bei Vereinsgründung nicht recherchiert, wir dachten wir hätten ihn „erfunden“! Und zu schützen wäre er lediglich regional; was in Zeiten des Internet lächerlich ist. Wieder ein Beweis für unsere Unprofessionalität!

Wirtschaftswetter: Aber warum machen Sie und Ihre Mitarbeiter weiter? Was ist so reizvoll an dieser Aufgabe

Helga Büldt: Klare Antwort: Wir waren uns bei Vereinsgründung darin einig, wird so eine Tätigkeit einmal begonnen, darf sie nicht einfach wieder beendet werden. Reizvoll ist die Eigenständigkeit, die sich unser kleiner regionaler Verein bewahrt hat; keine Bindung an nur einen großen Sponsoren, kein Verwaltungs-Wasserkopf steht der tatsächlichen Arbeit im Weg, Die persönliche Atmosphäre zu den Vereinsmitgliedern wird gepflegt. Besonders hervor zu heben ist der direkte Kontakt von betroffenen Kindern zu unserem Verein, die ihr persönliches Teddybär-Erlebnis in Briefen und Bildern übermitteln. Letzteres ist eine schöne Bestätigung unserer ehrenamtlichen Arbeit.

Wirtschaftswetter: Frau Büldt, zum Abschluss noch eine Frage: Sollten sich in anderen Regionen Personen von Ihrer Arbeit angesprochen fühlen, könnten Sie sich vorstellen die Tätigkeit der "Aktion Teddybär e.V." bundesweit auszudehnen?

Teddy 3 Helga Büldt: Wir konnten tatsächlich schon mit unserem Know how dazu beitragen, dass Vereine in Süddeutschland nach unserem Vorbild und mit unserer Vereinssatzung gegründet wurden. Diese arbeiten selbstständig. Eine bundesweite Vergrößerung unseres Vereins wird es meiner Meinung nach nicht geben. Die Anforderungen und die persönlichen Vorstellungen von dieser Tätigkeit sind doch regional unterschiedlich, und ich glaube, so individuell wie die Menschen sind so individuell sollte auch agiert werden. Sehen Sie es auch so: Nicht jeder Verein legt so viel Wert auf die persönliche Atmosphäre wie wir. Ein großer Stellenwert bei unserem Verein ist das Feedback durch die Kinder und die Erfahrung hiermit zeigt uns, dass zahlreiche betroffene Kinder Wert darauf legen, mit uns im Kontakt zu bleiben. Das heißt zum Beispiel auch, unsere kleine Teddybärzeitung wird intensiv gelesen und gesammelt und sogar angefordert! Und im Zeitalter der modernen Medien ist es unerlässlich, im Internet präsent zu sein. Die Homepage der Aktion Teddybär ist ein wesentlicher Bestandteil der Kommunikation geworden und vielfach die erste Adresse zur Kontaktaufnahme mit uns.
Wir sind stolz darauf, dass unser Teddybär ein wirksamer Helfer ist und dem Kind vermittelt, dass Angst und Schmerzen zwar nicht vermeidbar aber überbrückbar sind!

Weitere Informationen im Netz : Aktion Teddy e.V.

2006-03-28 by Susanne Hagedorn, Wirtschaftswetter
Text: © Susanne Hagedorn und Gesprächspartnerin Helga Büldt
Banner, Teddy-Illus: ©Angelika Petrich-Hornetz

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