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Der Barkeeper

Bar, Link Wirtschaftswetter

Tom fühlte sich allem Anschein nach schlecht. Genervt trat er gegen ein Auto: „Noch nie so eine klapprige Kiste gesehen!"

Dabei war das Auto noch ganz gut in Schuss.

„Liiegt was in der Luft?"

Er antwortet nicht. Unser Spaziergang verlief schweigend, ganz im Gegensatz zu sonst. Sonst haben wir uns sonntags, wenn wir die große Runde um das Maybachufer machen, einiges zu erzählen. Heute nicht. Nun gut. Tom war nervös, schlecht drauf, unleidlich. Das stand ihm zu. Blieb nur zu hoffen, dass er sich bis sechs Uhr wieder eingekriegt hatte. Dann fing seine Abendschicht in der K-Bar an. Die Leute mögen es nicht, wenn der Barkeeper schlecht drauf ist, der Barkeeper ist stets für die Stimmung des ganzen Ladens verantwortlich.

Es war halb sechs, wir schlugen den Weg Richtung Schlesisches Tor ein.

Ein paar von unseren Freunden saßen schon draußen auf der Terrasse. Dieser Sommer wollte nicht enden, es war Mitte September, die Sonne knallte wie im Hochsommer. Es ging ein strenger Wind, gut, aber warm war der und keinesfalls störend.

Ich setzte mich mit an den Tisch, beobachtet durch die offene Tür, wie Tom den Tresen inspizierte, ein paar ungespülte Gläser hochnahm und angewidert das Gesicht verzog, auf die neue Tresenkraft einredete - und das sah alles andere als freundlich aus - schließlich den Jungen nach Hause schickte und das Chaos beseitigte. Zwischendurch gab er Bier und Kaffee aus. Er wirkte fahrig. Zweimal wäre ihm beinahe ein Glas aus der Hand gefallen. Immer wieder starrte er durch die offene Tür in den kornblumenblauen Himmel.

Ich ging zum Tresen. „Soll ich dich einen Augenblick vertreten? Oder die Spülmaschine einräumen?"

Beides wollte er nicht.

Ich ließ mir einen Kaffee geben und setzte mich wieder nach draußen. Tom wurde von Minute von Minute nervöser, wie ein Tier vor dem großen Gewitter.

„Was hat er denn?", wollte einer am Tisch wissen.

Ich zuckte die Schultern.

„Gab es Streit?"

„Nein."

In diesem Moment kam Tom hinausgestürmt. Er war leichenblass. Er griff nach dem großen Coca Cola- Sonnenschirm, der zusammengeklappt hinter der Tür stand, schleifte ihn herbei, eilig, fast hektisch, und breitete ihn über uns aus.

Wir protestierten. Die letzten Sonnenstrahlen, die wollten wir einsaugen, die mussten womöglich für die nächsten sechs Monate reichen. „Komm, tu das Ding weg, wir können... "

Es gab einen markerschütternden Knall, irgendwo über uns. Im nächsten Moment ging ein Regen von Glasscherben auf uns nieder, die auf dem Sonnenschirm landeten und dann rund herum aufs Pflaster prasselten.

Zwei Stockwerke über uns hatte der Wind ein Fenster derart heftig zugeschlagen, dass die Scheibe aus dem Rahmen geplatzt war.

Niemand war verletzt worden.

Tom war mit einem Schlag wieder ruhig geworden. Er klappte den Schirm zusammen, ging hinein, holte Kehrschaufel und Blech und begann, die Scherben zusammenzufegen.

Stichwörter: SPAZIERGANG * SOMMER * SONNE * HIMMEL * Coca Cola
von Barbara Röhl

Zu allen Mini-Stories der Reihe: Privat-O-Mat


2009-11-27 Juliane Beer, Wirtschaftswetter
Text: ©Juliane Beer
Stichworte: Barbara Röhl
Illustration: ©ap
Fotos Themenbanner: ©Cornelia Schaible

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