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Die Nachttischlampe

Nachttischlampe, Link Wirtschaftswetter

Im Januar 2009 passierte so einiges. Sie erinnern sich: diese Banken! Ich werde wieder optimistisch, vielleicht wird das Geld ja doch noch abgeschafft. Seltsames Geld, viel leichter ginge alles ohne. Aber wer will schon ein leichtes Leben? Was für eine aufregende Zeit! Da vergisst man so etwas Banales wie eine Angina leicht.
Wie befinden uns kurz vor dem GAU, wie manche behaupten. Andere sagen, wir seien mittendrin. Bei mir zuhause ist aber alles soweit in Ordnung - abgesehen davon, dass meine Nachttischlampe vorgestern kaputt gegangen ist.
Ich binde mir einen Schal um den kranken Hals, gehe zur Bank, erkläre dem Mann hinterm Schalter, dass ich mein Sparkonto auflösen möchte, jetzt. Sein gehetzter Blick lässt erahnen, dass er mein Vorhaben nicht befürwortet. Mir also Steine in den Weg legen wird. Und richtig, er will mir mein Geld nicht geben, zumindest nicht so schnell und nicht alles, einen Teil könnte ich aber selbstverständlich haben. Ich will aber alles, Sie wissen schon, die Nachttischlampe!, außerdem habe ich auch noch nie gehört, dass man lumpige zweitausendfünfhundert Euro nicht auf einmal abheben darf, wo krepierenden Banken doch das Tausendfache als Grabbeigabe zugestanden wird. Aber ich bin ein Paria, wie mir der Schaltermann unmissverständlich bedeutet, da hat man nichts, nicht im Diesseits und nicht im Jenseits. Das bringt mich auf eine Idee. Ich bin pleite, gestehe ich unterwürfigst, soeben zum Sozialfall geworden, Job weg und so, verstehen Sie? Ich brauche die Mücken sofort.
Schlimm, dass man zu solchen Mitteln greifen muss. Der Mann hinterm Schalter denkt nach, ein listiger Zug schleicht sich um seinen Mund, ein Formular kommt zum Vorschein, hier unterschreiben!, ordnet er an. Ich unterschreibe und habe soeben offenbart, dass ich pleite bin. Aus diesem Grund streicht man mir mit sofortiger Wirkung meinen Dispo. Mein Sparbuch darf ich jetzt abräumen. Trotzdem, mindestens ein Euro müsse auf dem Konto bleiben, verkündet der Mann herrisch. Ziemlich fies die Aktion, wie ich finde. Fies aber nicht zu ändern.
„Also geben Sie mir 2499 Euro!"
Er zögert wieder, hat aber nichts mehr in der Hand, fragt, was ich mit dem ganzen Geld machen will, versucht, seiner Stimme einen forschen Klang zu verleihen, was ihm nicht gelingt, die Antwort kann ich mir auch sparen, an den Hut stecken, wie unschwer herauszuhören ist.
„Haben Sie Gold zu verkaufen?", frage ich, als ich meine Scheine in der Hand halte, wieder ganz Dame von Welt. Er schnappt nach Luft. Das ist jetzt die Höhe!
„Nein? Na, schön, dann nicht, dann auf Wiedersehen!"
Ich gehe aus der B-Bank raus und zwei Häuser weiter in die D-Bank rein. Hier gibt es nämlich Gold, hier denkt man an Kundin und Kunden!
Ich kaufe einen kleinen Barren für 2498,90 Euro. Das funkelt und schimmert und leuchtet!
Zuhause stelle ich den Barren auf den Nachttisch. Ich sagte es ja eingangs bereits – die Lampe ist vorgestern kaputt gegangen.

Stichwörter: JANUAR2009 * GELD * ANGINA * NACHTISCHLAMPE * GOLD
von Renate Glans

Zu allen Mini-Stories der Reihe: Privat-O-Mat


2009-10-23 Juliane Beer, Wirtschaftswetter
Text: ©Juliane Beer
Stichworte: Renate Glans
Illustration: ©ap
Fotos Themenbanner: ©Cornelia Schaible
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