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Ekelbilder - Vorwärts in die öffentliche Verwahrlosung

Eine Warnung vor schlecht gemachten Warnungen

von Angelika Petrich-Hornetz

Der Gesetzgeber versucht nun mit echten Scheußlichkeiten vor dem Rauchen zu warnen. Die neuen Ekelbilder auf Zigarettenschachteln u.a. Tabakverpackungen müssen sich aber keineswegs nur Nikotinabhängige ansehen, auch Unbedarfte setzt man nun realen Fotos von Krebsgeschwüren und nekrotischem Gewebe aus. Damit werden die Bürger mit einer bisher einmaligen Eskalations-Stufe bildlicher Verrohung zwangsbeglückt, die Schule machen könnte. Vor so viel staatlicher Tatkräftigkeit beim weiteren Voranschreiten in die Verwahrlosung öffentlicher Räume kann man auch nur noch warnen.

jpg, ZigarettenqualmAb jetzt wird's ekelhaft und unser älterer Artikel Gefahren des Lebens, alles macht krank zum Thema von der Gesetzgebung eingeholt. Die bald kommenden widerwärtigen Schock-Bilder - bislang fehlt noch die Recherche über die Ideengeber - von Raucherlungen, Krebsgeschwüren, vergammelten Zähnen, Raucherbeinen und anderen, äußerst fragwürdigen Dargestellungen der Spätfolgen des Rauchens, die bisher nur Medizinern, Pflegepersonal - und in Zivil den Betroffenen selbst, höchstens noch nächsten Familienangehörige zugänglich waren, werden, sobald die Industrie keine ekelfreien Verpackungen mehr vorrätig hat, künftig überall zu sehen sein.

Mit den großflächigen Abbildungen auf Zigarettenpackungen, Tabakwaren u.a. werden dann ohne geschicktes Regalmanagement demnächst auch Tante-Emma-Läden und Kioske, bislang noch ein einladender Ort zum Schwätzchen, für Kunden und deren Inhaber, meist Kleinunternehmer, zum Hort des Schreckens. Abgesehen davon, wie sich das tägliche Verweilen der Mitarbeiter in einer Umgebung voller Bilder des Grauens auf deren seelisch-geistige Gesundheit auswirken wird, stellt sich natürlich auch die Frage nach den Folgen für die Kunden. Neben Rauchern suchen auch Kinder zum Süßigkeitenerwerb oder ältere Menschen, für die weite Wege zu beschwerlich sind, gern den kleinen Kaufladen nebenan auf. Aber vielleicht wird ja bald auch der coffeinhaltige Kaffee für die ältere Dame und die Naschtheke für Kinder von der Gesundheitspolitik konfisziert? Schließlich ist Zuckerwerk doch ähnlich ungesund wie Rauchen, oder nicht?

Zu empfehlen wäre auf jeden Fall ein weiteres Warnschild vor dem Betreten von Tabakwaren vertreibenden Kiosken und anderen Geschäften, weil die die Abbildungen von separaten, rauchgeschädigten Körperteilen ohne eine ausreichende Erklärungen und in Ermangelung jeder noch humanen Attitüde (u.a. kann man sich in Australien einen Überblick verschaffen, das die Ekelbilder schon vor einigen Jahren eingeführt hat) wirken auf alle Menschen abseits von medizinischem Fach-Personal äußerst verstörend. Das ist extra so gewollt. So jubelte Australiens Regierung dann auch zwei Jahre nach Einführung, dass die vom Gesetzgeber gewünschte, abschreckende Ekel-Wirkung eingetroffen wäre, nämlich ein bislang angeblich „positives Image“ des Rauchens beeinflusst hätte. Es habe inbesondere bei unter 12 – bis 17-Jährigen dazu geführt, dass nun weniger Teenager rauchten.

Weniger Raucher - das wollen wir gar nicht Abrede stellen, ist ein immer gutes, redliches Ziel, besonders unter Jugendlichen, schließlich ist die organschädigende, krankmachende Wirkung des Tabakkonsums längst nachgewiesen. Aber heiligt der Zweck wirklich jedes Mittel? Die Bilder tragen eben nicht nur zur Verscheußlichung des Rauchens bei, sondern auch genauso zur Verscheußlichung von Rauchern.
Sind deren Menschenrechte jetzt etwa außer Kraft gesetzt worden?
Man hat im engagierten Anti-Qualm-Aktionismusi offenbar die vielen Nebenwirkungen der drastischen Bilder komplett vernachlässigt. Das neue Verrrohungs-Konzert beim Durchsetzen gewünschten Verbraucherverhaltens wird dadurch auch nicht besser, sondern nur immer unüberseharer. Ungelöst bleibt bei all den neuen Hässlichkeiten auch nach wie vor die Frage, warum nicht auch vor anderen gesundheitsgefährdenden Produkten so entschieden-gruselig gewarnt wird, die mindestens eine ähnliche Gefahr für Leib und Leben ihrer Anwender, und darunter ebenfalls besonders für junge Menschen, darstellen.

jpg, Warnung vor AlkoholKein Wort dazu aus Brüssel, warum auf Alkoholflaschen nichts von dem Hauch einer Warnung zu sehen ist. Dass Alkhohol aber nicht nur bei Abhängigen, sondern nicht selten auch noch zusätzlich in deren Umfeld für großen Schaden sorgen kann, bleibt bis heute ein ganz großes, dunkles Geheimnis staatlicher Gesundheitspolitik. Dabei „reicht“ das Wirkungs-Spektrum von Alkohol sehr weit, von Gesundheitsschäden, die nicht nur die Leber zerstören und ein besonderes Problem ist der Alkoholabusus in der Schwangerschaft, über schwere Verkehrsunfälle mit dementsprechend ebenso schweren Verletzungen – beim Fahren unter Alkoholeinfluss – bis hin zu enthemmten Fehlverhalten inklusive schweren Gewaltausbrüchen stark alkoholiserter Personen, die sich nicht mehr unter Kontrolle haben, gegenüber ihren Mitmenschen. Dazu passende Medien-Bilder gab es zu Hauf gerade erst wieder von der EM in Frankreich zu sehen. Warum denn nicht mal einen schmucken, halbnackten, prügelnden Mann auf die Schnaps-Verpackung drapiert, um den Käufer verwantwortungsvoll davor zu warnen, möglichst nicht gleich die ganze Flasche zu verköstigen?

Passiert ist nichts. Seit Jahr und Tag hat sich nichts daran geändert, dass es sich bei Alkohol im Gegensatz zu Tabak trotz seiner sicher gleichwertigen Spätfolgen bei jahrelangem Gebrauch um ein offenbar von der Politik erwünschtes Produkt handelt. Genauso Medikamente, die abseits sinnvoller Verordnungen in ähnlich rauen Mengen missbräuchlich konsumiert werden. Niemand warnt auf irgendeiner Schachtel davor, dass Gesunde keine Medikamente nehmen sollten und welche Folgen das hat, im Gegenteil, man setzt dieses Wissen voraus. Andere haben dermaßen starke Nebenwirkungen, dass die Verordnung gut überlegt sein will, weil einige Patienten vor dem Therapieerfolg schlicht und einfach versterben könnten. Das hat zwar seitlange, eng gedruckte "Waschzettel" zur Folge, aber kein einziges Schock-Foto zerstörter Organe.

Warnung vor SchweinefleischNächstes Thema: Lebensmittel – nicht selten zu fett, zu süß, zu kalorienreicht. Die handelsübliche Ernährung des durchschnittlichen, womöglich noch von einer Kriegskinder-Elterngeneration konditionierten Mitteleuropäers, der sich auf seine kalorienreiche Kindheitskost sowie auf das Nächstliegende verlässt, führt in nicht seltenen Fällen direkt in das metabolische Syndrom und anschließend zu Diabetes mit den bekannten Spätfolgen. In den vergangenen Jahren gesellte sich noch die Bekleidungsindustrie in den Kreis möglicher Verbrauchergefahren hinzu, die mit ihren globalen Beschaffungs-Strukturen die Verwendung zweifelshafter Chemikalien in Herstellung und Handel vorantrieb, z. B, um Kleidungsstücke überhaupt trocken und schimmelfrei über die Ozeane transportiert zu bekommen. Und, ach ja, von der angeblich abgasarmen Automobilindustrie wollen wir an dieser Stelle gar nicht erst anfangen, ein sehr großes Kapitel für sich. Feinstaub ist im Übrigen auch gar nicht gut für die Lunge. Nur leider immer noch nicht so gut erforscht wie Tabak und die Feinstaub-Gefahren-Lobby hatte offenbar zu wenig Öffentlichkeit.

Wo sind sie aber nun, die Ekelbilder von Diabtes-Füßen auf Weingummi-Packungen? Wo sind die abschreckendenSchock-Bilder von unter Alkhoholeinfluss blau und blutig geschlagenen Frauen, Männern, Kindern? Wo sind die auf Schnapsflaschen großflächig angebrachten Scheußlichkeiten? Warum - bei der derzeitigen epidemieartigen Ausbreitung von Lebererkrankungen - , ist die alkholische Fettleber dort nicht gut sichtbar abgebildet und die nicht-alkoholische Fettleber nicht auf jeder Bratwurstverpackung?
Wo bleiben in Gemüseabteilungen grausige Fotos von zerstörten Nieren, nach einer EHEC-Infektion, die durch verunreinigtes Obst und Gemüse verursacht wurde? Wo findet man Bilder die drastisch vor den Gefahren von Gammelfleisch warnen? Und müssten die Autohersteller nicht allesamt dazu verpflichtet werden, gleich auf der Motorhaube vor den möglichen Nebenwirkungen der Benutzung ihres Produkts zu warnen? Unter anderen davor, sich bei Gefahr eines Schlaganfalls und Herzinfarkts hinters Steuer zu setzen?
Und wo sind die Bilder von den Schwerst-Verletzten, die sich der vom Gesetztzgeber in Watte gehüllte Bürger vor jedem Befahren einer Autobahn nun wirklich ganz genau ansehen müsste, damit er riskante Überholmanöver endlich unterlässt? Wo sind sie, die ganzen Abschreck-Bilder von den Leichen derjenigen Menschen, die am missbräuchlichen Gebrauch all dieser Produkte so qualvoll und elendig eingegangen sind? Warum sind deren Erkrankungen, Qualen und Todesarten keine so priviligierten und lobbyierten, wie das Erkranken und der Tod durch Tabakkonsum, dass die Politik meint, die ganze Welt ausschließlich vor Tabakprodukten schützenzu müssen, aber nicht vor all den anderen Gefahren?

In der jüngeren Vergangenheit setzte sich in unsere Gesellschaft wieder eine Haltung durch, in der man sich einbildet, wenn man nur alles richtig machte, würde man weder krank werden noch sterben. Die Vorschrift zum Ekelbild springt exakt in dieses gedankliche Defizit, sonst wären wegen der alljährlichen Grippe z.B. auch Schockbilder von Menschen oder Teilen von ihnen mit einer Sepsis angebracht – weil jedes Jahr mehr Menschen wegen einer Sepsis über die Klinge springen, als es z.B. der Straßenverkehr "zu leisten" vermag. Doch darüber wird tunlichst geschwiegen, ein schwer kranker Mensch taugt einfach nicht für die Öffentlichkeit, oder? Und schließlich kann man angeblich auch nichts dagegen untenehmen. Genauso geschwiegen wird darüber, dass hierzulande immerhin jedes Jahr rund 870.000 Menschen sterben, darunter die meisten einfach so und unabgemeldet. Das ganze Land verwandelt sich Jahr für Jahr in einen immer wieder frisch befüllten Friedhof. Dass die meisten Menschen überhaupt nichts dafür können, dass sie sterben, sondern einfach alt werden, und dass sie im Rahmen der demografischen Entwicklung auch meist schon mehrere Krankheiten haben, die auch einzeln das Potenzial zum Umbringen haben, sind nur ein paar der weniger medienwirksamen Details des alltäglichen Sterbens - die offenbar keine Lobby haben.

Ob Absicht oder nicht, der Gesetzgeber suggeriert indes mit der besonderen Herausstellung der Rauch-Ekelbilder, man könnte Verfall, Elend, Krankheit und Tod durch Nicht-Rauchen etwa tatsächlich entgehen. Doch das ist leider nicht die ganze Wahrheit. Man macht sich selbst und anderen damit lediglich etwas vor.
Es wäre natürlich begrüßenswert, wenn es so einfach wäre, weil das unausweichliche Ende trotz aller engagierten Fitness-Kultur eintrifft, und offenbar gerade dadurch wieder unangenehm geworden, inzwischen wieder eines der best verdrängten Themen dieser Zeit ist.
Warnung vor MedikamentenabususAbgesehen von den realistischen Schäden durchs Rauchen lässt sich darin und durch die gleichzeitige Unterlassung, vor anderen Produkten ähnlich zu warnen, zumindest der Ansatz einer Heilslehre erkennen.
Die Wirkung solcher verqueren Botschaften: Wer anstatt zu rauchen, lieber ständig zu schnell fährt, zu viel trinkt oder Medikamnetenabusus betreibt, wähnt sich nun dank staatlicher Unterstützung gegen das Rauchen im Vorteil, auch wenn man damit einer mindestens genauso falschen, weil ungesunden Verhaltensweise frönt. Nur werden diese Arten nun einmal öfftentlich nichts so stark abgewertet, wie das Rauchen. Man kann sich dann, von der Politik abgesegnet, auch weiterhin einreden, angeblich besser, gesünder und erfoglreicher zu leben. Schließlich raucht man nicht. Und so wird die Methode der Ekelbilder für nur eine eine ausgwählte Gesundheitsgefahr schließlich selbst zur Gefahr.

Mit dem Einsatz des Schockbilder wird indes nicht nur die die Grenze einer vernünftigen Selbstwahrnehmung überschritten - und damit des Erkennens möglichen, eigenen Fehlverhaltens verlustigt. Die willkürliche Abwertung des einen Produkts mit Ekelbildern, während das andere in Ruhe gelassen wird, führt genauso zum Überschreiten der Grenze zur Diskriminierung.
Die Akteure geben schließlich selbst zu, dass man mit den Bildern bewusst Emotionen hervorrufen wolle. Warum wird aber dann bei einer Grippewelle nicht mit Ekelbildern davor gewarnt, überhaupt noch zur Arbeit zu gehen? Dort könnte man sich anstecken und anschließend elendig an Viren eingehen, das geschieht auch alltäglich.
Warum werden uns nun ständig die Gefahren des Rauchens auf dem Silbertablett der Grausamkeiten serviert, aber dürfen die Hersteller, genauso wir uns selbst gleichzeitig sämtliche anderen, genauso gefährlichen, krankmachenden und auf die Dauer ebenso tödlichen Produkte, Dienstleistungen und Verhaltensweisen bis auf Weiteres nur so dermaßen schön reden?
Die Anwort liegt vielleicht in der Historie vergraben. Man hat sich offenbar in der Politik und anderswo einst nicht unbedingt Freunde geschaffen, die sich weiteren Branchen mit gefährlichen Produkten gegenüber aus unbekannten Gründen wesentlich aufgeschlossener zeigen. Offiziell entscheidet (noch) jeder selbst darüber, ob er raucht, trinkt, Medikamente einimmt, was er isst und wie er sich fortbewegt. Der recht einseitig wirkende Ekelbilder-Feldzug gegen die eine Produktgruppen, unter Missachtung aller anderen ungesunden Produktesowie den damit verbundenen Verhaltensweisen, macht die bestehende ungleiche Wertung ähnlich gefährlicher Produkt nur noch deutlicher - und hat darum, trotz aller anderslautenden Beteuerungen, ein Geschmäckle.

Neben Mitarbeitern, Kindern und Kunden, die bald keinen Kiosk mehr betreten können, oder auch nur in die Nähe eines Bereichs kommen sollten, in dem Tabakwaren angeboten werden, weil sie dort Bildern ausgesetzt sind, die verstörend wirken, führt sich die Gesetzgebung auch noch selbst ad absurdum. Sie treibt mit den angeblich so zweck-erfolgreichen Ekelbildern genau die Verrohung in der Öffentlichkeit voran, gegen die sie eigentlich selbst vorgehen müsste.
Wir können an dieser Stelle keine Schockbilder von zerfressenem Lungengewebe zeigen – und beschränken uns daher auf die inwzsichen schon harmlos wirkenden Trauerrand-Gebilde in satirischer Form. Mit den staatlich erwünschen Ekelfotos wäre unsere Online-Zeitung nicht nur in unserem Verständnis sonst nicht mehr mit einem öffentlichen Publikum vereinbar.
Aber auch schon die alten, manchmal unfreilwillig komischen Raucherwarnschilder – was sollten z.B. Raucherinnen mit einer Warnung vor Impotenz anfangen? - mit schwarzem Trauerrand wirkten bei ihrer Einführung auf einige Verbraucher nicht zuletzt pietätlos. Besonders diejenigen, die bei Einführung der damaligen Version der Schock-Verpackungen einen Angehörigen verloren hatten, erlebten die Pseudo-Todesanzeigen für aktive, noch höchst lebendige Raucher als brachial und abstoßend. Jetzt setzt der Gesetzgeber noch eins drauf.

Kinder und Jugendliche werden in einer Wirtschafts-Kultur aufwachsen, in der plaktive Gammel-Organe künftig ganz „normal“ sein werden. Und wer erklärt ihnen nun den Unterschied, was an einem Diabetikerbein angeblich schöner oder gesünder sein soll als an einem Raucherbein?
Warnung vor DieselrußEs ist schon erschütternd, wie heruntergekommen Wahrnehmung und Sehgewohnheiten werden können, ungefährlich ist es nicht, Die mit solchen ästhetischen Verwahrlosungserscheinungen einhergehende Veranwortungslosigkeit ist mittlerweile so weit, dass man den Bürgern zwar zugesteht, noch unter Lichtverschmutzung oder Lärmbelästigung leiden zu dürfen, aber die wachsende Belästigung des Auges durch fortschreitende Verhässlichungen des öffentlichen Raums haben diese ausgerechnet aus gesundheitlichen Gründen gefälligst zu ertragen.
Man fragt sich angsichts der wachsenden Grauslichkeiten,, was dem Gesetzteber demnächst noch alles einfallen wird, an welches Verhalten seiner Bürger, an welche Produkte und Dienstleistungen er demnächst seine gemschmacklosen Warnungen, Totenköpfe und Körperteile zu drappieren gedenkt?

Als ob die Dauer-Belästigung des Sehens nicht schon schlimm genug wäre, ist die Taktik durchsichtig. Die Bilder vermitteln eben nicht nur eine Warnung gegen das Rauchen, sondern suggieren mit den Fotos von menschlichen, erkrankten Organen , dass sämtliche Raucher als potenzielle Träger hässlichster Erkankungen gelten. Sie werden darüber hinaus mit den Bildern zwangsläufig zu einer bestimmten Art von Krankheit und Tod vorverurteilt, somit stigmatisiert und mit der Zeit und öffentlichen Gewöhnung an die Ekelbilder möglicherweise auch ganz genauso von der nichtrauchenden Öffentlichkeit künftig wahrgenommen werden. Die eindeutige Botschaft der Bilder lautet: Raucher sterben nicht an Verkehrs- oder Arbeitsunfällen, sondern ausschließliclh an den Folgen des Rauchens.
Mit dem Fortschreiten der Separation einer bestimmten Gruppe geht nicht selten der Verlust der Empathie dieser gegenüber einher. Wem das im Fall von Rauchern egal ist oder auch nur zu weit hergeholt erscheint, der betrachte ein weiteres Phänomen der Gegenwart: Einen ähnlichen Effekt bzw. Druck (der sich in i.d.R. unangenehm anfühlt) erfahren seit einigen Jahren wieder verstärkt übergewichtige Menschen, deren Körperfülle zunehmend schlechter in die aktuelle Fitness-Selbstoptimierungs-Kultur passt. Menschen mit mehr oder weniger Kilos zu viel, fühlen sich zunehmend von schlanken und dünnen Menschen ausgegrenzt, von denen sich manche Vertreter erstaunlich ähnlich wie Angehörige von Heilslehren aufführen, indem sie den eigenen Lebenstil für alle gültig und heilsbringend erklären, Abweichungen davon strikt ablehnen.
Das Wissen um die ganze Wahrheit, nämlich, dass auch Dünne und Nichtraucher mit hundertprozentiger Garantie eines Tages sterben werden, wirkt im 21. Jahrhundert dagegen mittlerweile geradezu einsam und verloren.

Die Justizminister mehrerer Länder und Bundesländer haben noch eine andere Plagen der Neuzeit in den Griff zu bekommen. U.a. ist die Verrohung immer wieder ein Thema, so wollen sie auch gegen so genannte Hass-Botschaften vorgehen und der Bundesrat hatte kürzlich beschlossen, der grasssierenden Gafferei an Unfallschauplätzen einen Riegel vorzuschieben. Auch das Fotografieren von Unfallopfern und die Verbreitung von Verletzten-Bildern über soziale Hetzwerke soll damit strafbar werden. Die künftig der Gelegenheit zum Schock-Fotografieren verlustigten Poster und die zum Schweigen verdonnerten Hasskommentatoren könnten sich nun auf das Posten von staatlich abgesegneten Ekelbild-Material verlegen, um ihren Unmut Ausdruck zu verleihen. Es dürfte schwierig werden, vom Gesetzgeber abgesegnete Krebsgeschwür-Bilder an anderen Stellen auf einmal als zu brutal für die Öffentlichkeit zu bewerten.

Offenbar ist das Leben und 8700.000 Tote pro Jahr in Deutschland noch nicht grausam und hässlich genug, so dass uns nun auch noch die Bilder solcher Scheußlichkeiten von der Politik angeordnet verfolgen sollen. Dabei, wird auch der gebürtige oder erst später überzeugte Nichtraucher nicht vor dem Anblick solcher Hässlichkeiten davonkommen.
Es hatte schon seinen guten Grund, warum man in Kliniken einst tunlichst erst mit Volljährigkeit arbeiten durfte. Die Bilder von verletzten und vergammelten, zerstörten oder anders ausufernden Körperteilen, so wirklich sie auch sein mögen, sind einfach kein Anblick für jeden Menschen und schon gar nicht in jedem Alter. Dieses Wissen bzw. der bestehende Konsenz, dass nicht alle Hässlichkeiten des Lebens auch noch ständig wieder besonders herausgestellt werden müssen, damit sich niemand ohne jede Not zu sehr davon belastet fühlt, ist jetzt verlassen worden. Es kann also nur noch hässlicher werden.

jpg, AschenbecherDann sind wir mal gespannt, mit welchen gesetzlich geförderten Scheußlichkeiten wir in Zukunft noch rechnen müssen, z.B. welches aktuell nicht-genehme Produkt wohl als nächstes an der Reihe ist? Wie wäre es eigentlich pünktlich in der Sommersaison mit Bildern von Hautkrebs vor dem Betreten von Stränden und Schwimmbädern oder sonnigen Reisezielen? Aber seien Sie gewarnt, bevor Sie sich irgendein Werk über Hautkrankheiten ansehen, die Bilder gehören zu den schlimmsten, die es gibt, aber sie sind genauso wahr wie die Bilder von Raucherlungen.


2016-07-01, Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: © Angelika Petrich-Hornetz
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