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Ferien pur

Die Beach Shacks der sechziger und siebziger Jahre in Australien

von Astrid Wehling

Beach Shack, Link Fotogalerie Australien "Das waren noch Zeiten, als ein Beach Shack noch ein Beach Shack war ... und kein durchgestyltes Wochenendhaus, so wie heute." Die Augen meiner Kollegin Julie leuchten, wenn sie an ihre Sommerferien in den Sechzigern und Siebzigern denkt. "Am Tag nach Weihnachten wurde das Auto vollgepackt und wir machten uns auf den Weg zu unserem Ferienhäuschen. Irgendwo in Queensland oder an der Küste von New South Wales. Vier Wochen lang gab's nur Sonne und Sand."

Die Nachkriegszeit bescherte den Australiern das zweitägige Wochenende, die 40-Stunden-Woche und vor allem den bezahlten Urlaub. Ein eigenes Auto bedeutete Camping und Wohnwagen und – Ferien im Beach Shack. Für manche Familien war die Strandhütte über Jahrzehnte in den Sommermonaten ein home away from home.

Heute wird von Vielen gern darüber gespottet. Über die Spießigkeit und die Einfallslosigkeit, immer an den gleichen Ort zu fahren. Doch die Mehrheit der Australier scherte sich nicht darum. Im Gegenteil, es entwickelte sich eine Beach Shack-Kultur, die bis heute nachhallt.

In den Vierzigern und Fünfzigern konnte man für wenig Geld ein Stück Land kaufen, man besorgte sich eine Lizenz für eine Strandhütte und baute drauf los. Bauamtliche Regeln gab es nicht.
So entstanden die abenteuerlichsten Kreationen. Was aber nie fehlen durfte, war die Veranda mit dem Sofa und der große Kühlschrank für das Bier. Das Plumpsklo, das sogenannte Dunny, war hinterm Haus und Wasser gab es oft nur aus dem Regentank. Möbel und Geschirr organisierte man aus Haushaltsauflösungen und Secondhandläden. Omas Reste, wie Julie es trocken ausdrückt.

Am 26.12. ging es los. Den Weihnachtsbraten noch nicht ganz verdaut, wurden Kinder und Hunde ins Auto verfrachtet. Dazu kamen Kühltaschen, Surfbretter, Schwimmflossen, Angeln, Konservendosen. Decken, Kissen und Luftmatratzen. Grill, Bücher und Spiele.
Und das Transistorradio für die Sportübertragungen. Denn Sommer in Australien bedeutet damals wie heute Cricket-Zeit, die auf keinen Fall verpasst werden darf.

"Vor Ort angekommen, wurde schnell ausgeladen, durchgelüftet, die Kakerlaken und Spinnen vertrieben, der Kühlschrank angeschmissen und die Betten verteilt", erzählt Julie weiter.
"Und dann lagen die endlos langen Sommerferien vor uns. Im und am Wasser, am Lagerfeuer und auf dem Boot. Wir haben täglich Krebse und Muscheln gesucht und Fische geangelt. Vier Wochen lang gab es keine Schuluniformen und keine Schuhe. Stattdessen Sandwiches mit Vegemite oder mit Huhn und Mayonnaise. Beach Shack, Link Foto-Galerie AustralienEs wurde barfuss vor dem Tante Emma Laden abgehangen und Eis gegessen. Oder Fish und Chips. Die Hunde natürlich immer im Schlepptau. Herrlich! Es hat sich niemand dran gestört, ob du Sand in der Badehose oder zwischen den Zehen hattest, morgens und abends wurde die Bude einmal gefegt und fertig."

Fährt man heute die Küsten entlang, findet man an vielen Orten, wo früher die Beach Shacks standen, neue und teure Ferienanlagen. Gestylte Ferienhäuser, wie sie an vielen Orten der Welt zu sehen sind. Uniform im Bali- oder California-Look aus den Lifestylemagazinen gebaut, mit viel Glas, Holz und Aluminium.

Ein Stück Land, das damals 20,000 Dollar kostete, bekommt man heute oft nicht mehr unter einer halben Million. Im Gegenteil, die Preise steigen immer noch rapide. Freies, bewohnbares Land an den Küsten ist rar und die Touristikindustrie in Australien hat sich längst den ausländischen Besuchern geöffnet. Öko-Touren, Wellness-Ressorts und Abenteuerurlaub bringen mehr Kunden und mehr Geld als einfache Strandferien. Und viele Australier entdeckten in den letzten drei Jahrzehnten die Urlaubsmöglichkeiten der Alten Welt.

Doch wenn man richtig sucht und auch mal unbekannte Wege fährt, dann findet man sie noch - die Tom-Sawyer-und-Huckleberry-Finn-Stimmung, die kleinen unentdeckten Ecken entlang der Küste und der Flüsse. Wo die Zeit stehen geblieben ist, wo das Postboot einmal in der Woche kommt, wo die Kängurus zum Frühstück vor der Veranda warten und wo abends die Sonne nach einem heißen Tag vor einem stillen Stück Strand untergeht. Die Orte, wo man selbst noch einmal so richtig Kind sein darf.


2008-07-02 Astrid Wehling, Wirtschaftswetter
Text: ©Astrid Wehling
Fotos: ©Friederike Dornieden
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