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Interview zur Bundestagswahl 2009 - Rainer Brüderle

Für die FDP: Rainer Brüderle, Diplom-Volkswirt, MdB, stellvertretender Bundes- und Fraktionsvorsitzender, wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, Spitzenkandidat in Rheinland-Pfalz und Direktkandidat für Mainz
Die Fragen stellte Juliane Beer

Wirtschaftswetter: Welche Ursachen sind für die aktuelle Wirtschaftskrise in Deutschland verantwortlich?
Rainer Brüderle: Die Ursachen sind vielschichtig. Auslöser der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise war vor allem das Platzen der Immobilienblase in den USA. Eine aggressive us-amerikanische Niedrigzinspolitik, eine schwache Finanzmarktaufsicht und fehlendes Risikobewusstsein in vielen Banketagen hat diese Blase erst entstehen lassen. Dass die weltweite Krise so gravierende Auswirkungen für Deutschland hat, liegt aber auch an hausgemachten Fehlern. Auf der einen Seite hat die jetzige Bundesregierung die Binnennachfrage durch eine bespiellose Hochsteuerpolitik nachhaltig geschwächt. Allein durch die schwarz-rote Mehrwertsteuererhöhung wurden die Deutschen bis zu diesem Jahr mit 75 Milliarden Euro belastet. Dieses Geld fehlt im Konsum. Zum anderen hat es die Bundesregierung versäumt, eine starke Bankenaufsicht zu schaffen und das Unsinnspotenzial der Landesbanken einzudämmen, bei denen durch Risikogeschäfte Milliardenverluste entstanden sind, für die nun der Steuerzahler geradestehen muss.

Wirtschaftswetter: Was ist in der Krise die wichtigste Aufgabe der Politik?
Rainer Brüderle: Vor allem muss die Politik das Vertrauen der Menschen in ihre eigenen Möglichkeiten und in die Zukunft des Landes stärken. Die Soziale Marktwirtschaft hat unser Land stark gemacht. Den Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft müssen wir wieder Geltung verschaffen: Freiheit, Wettbewerb und Verantwortung. Mit politischen Zaudereien, Ängstlichkeiten und Wackelkursen kommt Deutschland nicht aus der Krise. Die Menschen erwarten mutige Entscheidungen und einen klaren Kurs. Wir müssen raus aus der Staatswirtschaft. Enteignungsgesetze, Bürokratiemonstren - wie der Gesundheitsfonds - und Rekordsteuererhöhungen belasten und verunsichern die Menschen noch mehr.

Wirtschaftswetter: Was muss die Politik tun, um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen?
Rainer Brüderle: Die Politik kann nicht direkt Arbeitsplätze schaffen. Aber sie muss für Rahmenbedingungen sorgen, die neue Arbeitsplätze entstehen lässt. Dazu gehört ein faires und einfaches Steuersystem mit niedrigen Sätzen, dazu gehört eine Wirtschaftspolitik, die auf Wettbewerb und nicht auf Monopole setzt, dazu gehört eine gute Verkehrsinfrastruktur, dazu gehört ein erstklassiges Bildungssystem, dazu gehört eine bürger- und investitionsfreundliche öffentliche Verwaltung, die auf überflüssige Bürokratie verzichtet.

Wirtschaftswetter: Sind Steuersenkungen angesichts der explodierenden Staatsverschuldung realistisch?
Rainer Brüderle: Gerade wegen der hohen Staatsverschuldung sind Steuersenkungen dringend nötig. Hohe Steuern lähmen den Konsum, verhindern Investitionen, vernichten Arbeitsplätze, belasten die Sozialkassen und führen zu neuen Schulden, für die dann angeblich wieder die Steuern erhöht werden müssen. Diese Teufelsspirale läßt sich nur mit Steuersenkungen durchbrechen. Ein faires und einfaches Steuersystem mit niedrigen Sätzen fördert den Konsum, regt Investitionen an, erleichtert die Schaffung von Arbeitsplätzen, stärkt die Sozialkassen und entlastet die öffentlichen Haushalte. In der Steuer- und Haushaltspolitik gilt die Einsicht: weniger ist mehr!

Wirtschaftswetter: Was muss getan werden, um die Sozialkassen zukunftsfest zu machen?
Rainer Brüderle: Zwangsbeiträge ohne Wettbewerb sind der völlig falsche Weg. Der Gesundheitsfonds führt nur zu höheren Beiträgen und schlechteren Leistungen. Unsere sozialen Sicherungssysteme brauchen mehr Wettbewerb, mehr Wahlfreiheit und zusätzliche Finanzierungssäulen. Die Stärkung der privaten Zusatzvorsorge wie bei der Riester-Rente ist grundsätzlich richtig. Wenn die Menschen mehr privat vorsorgen sollen, müssen sie dazu aber auch in der Lage sein. Auch deshalb sind steuerliche Entlastungen so wichtig.


2009-09-02 Juliane Beer, Wirtschaftswetter
Text: ©Juliane Beer und Gesprächspartner Rainer Brüderle
Fotos Themenbanner: ©Sabine Neureiter
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