von Angelika Petrich-Hornetz
Bujazzo, in voller Länge: das offizielle "Jugendjazzorchester der Bundesrepublik Deutschland", kurz Bujazzo genannt, spielte am Donnerstag in Lübeck auf. Den Respekt, den diese hochoffizielle Bezeichnung einflößt, verdient die junge, mit wechselnder Besetzung musizierende Bigband unter der Leitung von Peter Herbolzheimer allemal. Herbolzheimer gab den souveränen Bandleader und zur Überraschung derer, die ihn noch nicht kannten, einen wunderbaren Entertainer, der immer wieder für Lachsalven sorgte. Wie gut der Dirigent Herbolzheimer ist, merkten auch die trödeligsten Zuhörer, als er nach der Pause dem Publikum mit einer einzigen Handbewegung beschied, still zu sein. Wir waren es und zwar auf dem Punkt.
Die jungen Musiker, zwischen 15 und 25 Jahre alt, gaben alles. Ganze zehn Tage hatten sie für das Programm geübt. Das sagt einiges über die Qualität des Jazz-Nachwuchses aus. Die Bläser brillierten, die Soli waren einen Genuss und als ob dieses Hörfest nicht schon reichen würde, servierte man als Krönung noch den zur festen Besetzung gehörenden Jazzchor. Hier gabs dann auch den einzigen kleinen Frust für Jazzliebhaber: die Verstärkung verzerrte die Stimmen immer dann, wenn die jungen Sängerinnen und Sänger ihr Volumen ausbreiten wollten. Nach der Pause wurde es deutlich besser, so dass ein Höhepunkt "Goldmine" wurde, ohne Band gesungen, die sich humorvoll zierte, mitzumachen. Irgendwann lag so etwas wie Magie im Saal, die Luft vibrierte, Publikum, Musiker, Saal und Musik wurden eins.
Den ganzen Abend lang reihte sich eine Ohrenperle nach der anderen auf. So fällt es schwer, einzelne Höhepunkte hervorzuheben, denn jedes einzelne Stück des durchwegs gelungenen Abends allein hatte unzählige Highlights, was diesen jungen und großartigen Talenten zu verdanken ist, von denen wir sicher noch sehr viel hören werden. Die Premiere der fantastischen Eigenkomposition von Frederik Köster, einem geradezu begnadeten Trompeter, muss einfach genannt werden, der hier auch als Solist auftrat. Wir fielen fast von unseren Stühlen, wobei sich die Frage stellt, wie diese Bigband es schafft so etwas in der kurzen Zeit einzustudieren? Ohne Herbolzheimer wohl auch kaum möglich, der zweimal im Jahr mit ganz neuen jungen Talenten, die sich für das Bujazzo ganz offiziell bewerben müssen, in zweiwöchigen Arbeitsphasen einübt und dann öffentlich loslegt.
"Dolphin" war traumhaft und übhaupt: das ganze Konzert - ein einziger Lichtblick für die Zukunft des Jazz. Der atmosphärisch schön direkt am Hafen gelegene Schuppen 6 war voll. Es waren zwar definitiv zu wenige Stühle vorhanden, so dass es etliche unfreiwillige Stehplätze gab. Doch das tat der ausgesprochen guten Laune des Lübecker Publikums rein gar nichts an. Lobend sei auch das Personal erwähnt, welches sich offensichtlich das Ziel gesteckt hatte, Gedrängel vor dem Tresen auf gar keinen Fall zuzulassen und hochprofessionell schnell und freundlich agierte.
Das Lübecker Publikum war nicht einfach abzuschütteln und erklatschte sich begeistert zwei wundervolle Zugaben. Wäre es aufgestanden, dann hätts vielleicht noch eine dritte gegeben? Wollen wir hoffen, dass Bujazzo den Lübecker Jazzfreunden sehr bald eine weitere Gelegenheit dazu geben wird.
Weitere Informationen zum Jugendjazzorchester finden Sie auf folgenden Webseiten:
bujazzo - Bundesjazzorchester
2003-09-27 Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
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