bezüglich der Aussage Wolfgang Clements in einem Interview mit der FAZ vom 31.10.2003:
„Wer genau hinschaut, der wird erkennen, dass die neuen Vermittlungs- und Zumutbarkeitsregeln bewirken werden, dass wir uns auf die wirklichen Jobsucher konzentrieren. Einmal drastisch gesprochen: Die Ehefrauen gutverdienender Angestellter oder Beamter akzeptieren einen Mini-Job oder müssen aus der Arbeitsvermittlung ausscheiden.“
Quelle: FAZ
Die Fragen stellte Angelika Petrich-Hornetz
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Wirtschaftswetter:Frau Engelen-Kefer, wie beurteilen Sie diese Aussage und die möglichen Folgen?
Ursula Engelen-Kefer: Das ist zynisch. Die Arbeitsmarktchancen von Frauen dürfen nicht davon abhängig gemacht werden, welchen Beruf der Ehepartner ausübt, bzw. ob er ein hohes oder ein niedriges Einkommen hat. Frauen haben ein Recht auf eigenständige Entwicklung ihrer Persönlichkeit und auf berufliche Unabhängigkeit. Dies erfordert mehr staatliche Unterstützung bei der beruflichen Entwicklung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Hierfür kämpft der DGB sowie Frauenorganisationen seit Jahren mit einigem Erfolg. Die Arbeitsämter sind sogar gesetzlich verpflichtet „auf die Beseitigung bestehender Nachteile sowie auf die Überwindung des geschlechtsspezifischen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes hinzuwirken“. Es muss verhindert werden, dass angesichts der schwierigen Wirtschaftlage die Fortschritte der letzten Jahre wieder zurückgedreht werden.
In diesem Zusammenhang sollte Herr Clement nicht vergessen, dass die meisten Frauen ihre Berufstätigkeit unterbrochen haben, um Zeit für die Kindererziehung zu haben. Sie haben also bereits gewisse Vorleistungen erbracht.
Der DGB tritt nachdrücklich dafür ein, dass die Arbeitsämter ausschließlich in existenzsichernde Beschäftigung vermitteln. Dies soll zumindest dann gelten, wenn das Angebot des Arbeitsplatzes mit Sanktionen (z.B. Leistungskürzungen) verbunden ist. Unabhängig davon kann das Arbeitsamt selbstverständlich Mini-Jobs anbieten. Allerdings sollte die Akzeptanz auf Seiten der oder des Arbeitslosen freiwillig sein.
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Wirtschaftswetter: Sollte man jungen qualifizierten Frauen in Deutschland, die berufstätig sein möchten, im Hinblick auf den derzeit sehr angespannten Arbeitsmarkt zukünftig von einer Ehe abraten?
Ursula Engelen-Kefer: Diese Frage kann natürlich nur jede Frau für sich allein entscheiden. Wenn Ihre Frage allerdings darauf abzielt, ob die Tatsache, dass jemand verheiratet ist, Nachteile auf dem Arbeitsmarkt zur Folge hat, würde ich dieses verneinen. Die Nachteile auf dem Arbeitsmarkt ergeben sich eher durch das Vorhandensein von Kindern als durch die Ehe selbst. Um diese Nachteile auszugleichen, fordert der DGB seit längerem, die Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu verbessern und Familien stärker bei der Erziehung der Kinder zu unterstützen. Positive Beispiele aus dem Ausland zeigen, dass Kindererziehung und Berufstätigkeit durchaus unter einen Hut zu bringen sind. Hier ist Deutschland leider noch Entwicklungsland.
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Frau Engelen-Kefer, wir danken Ihnen für Ihre Stellungnahme.
2003-11-18 Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: © Angelika Petrich-Hornetz und Gesprächspartnerin Ursula Engelen-Kefer
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