von Angelika Petrich-Hornetz
Couponing als Marketing-Form wurde hierzulande erst vor ein paar Jahren entdeckt, wenn man einmal von den alten Rabattmarken absieht. In Amerika dagegen schon lange erfolgreich, schwappte die erwartungsfrohe Gutschein-Welle auf deutsches Festland und kam bei den privaten Endkunden erst einmal zum Erliegen. Seitdem versuchen Experten und Anbieter die Gründe zu ermitteln und arbeiten dran. In Amerika sind Gutscheinmagazine und - -bücher ein Renner. Kunden blättern begeistert in den vielfältigen Angeboten und konsumieren, nicht ohne sich ganz genau auszurechnen, welche Beträge gespart werden. Und für die kann man bekanntlich weiter einkaufen.
Diskutiert wurde die Flut von Kundenkarten als Ursache dafür, dass der gemeine deutsche Privatkunde sich nicht auf noch mehr Boni und zeitintensivem Vorzeigen von Karten, Papierschnipseln und Chips einlassen mochte. Das relativ spät fallende Rabattgesetz war zudem eine Neuerung, durch die sich der private Kunde - in Deutschland Verbraucher genannt - erst einmal daran gewöhnen musste, wie auf einem Basar zu feilschen und damit bis zum heutigen Tag messbare Schwierigkeiten hat. Außerdem wiesen deutsche Coupons häufig die ernstzunehmende Tücke auf, dass trotz ihrem Vorhandensein gehandelt werden musste, oft sogar mehr als sonst. Denn die Angaben und Einschränkungen der Preisnachlässe waren nicht selten kompliziert. Kurz darauf fegten Konjunkturdelle und der immer magerer werdende Arbeitsmarkt die letzten Reste von Konsumfreude dahin. Auch Coupons machten hier nicht wirklich viel wieder wett.
Umstritten ist hingegen die These, die Deutschen können sich nur dann richtig amüsieren, wenn sie gleichzeitig dabei sparten, denn dann müsste es doch überall klappen mit den Coupons. Sicher haben auch die Anbieter noch sehr viel zu lernen, denn zwei Wollknäuel pro Person in den Farben lachsrosa und mausgrau sind zu eng gewählte Zugaben. Wohingegen nach elf Laib Brot, den zwölften umsonst zu bekommen, etwas zu weit gefasst sein mag für einen Kunden, der einen Einpersonenhaushalt führt.
Dennoch gibt es auf dem derzeitigen Markt der Gutscheine tatsächlich echte Innovationen, die aufhorchen lassen. Auffällig dabei ist, dass die Vergünstigungen sich nicht einfach in schnöden Preisnachlässen erschöpfen und die am besten auch nur auf drei Waren beschränkt, sondern Kreativität und Marktfähigkeit beweisen, die Gewinnerkombination schlechthin. Eines der in Deutschland erfolgreichsten Couponig-Modelle wurde gleich nach dem Fall des Rabattgesetzes von einer Marketingleiterin erkannt und konsequent umgesetzt, die dafür ihre eigene Firma gründete..
Ein halbes Jahr nach dem Fall der Rabattschallmauer lagen bereits die ersten Restaurant-Gutscheinbücher, die Schlemmer-Reiseführer von Kerstin Kuffer in den Buchläden. Das Prinzip ist so einfach wie inzwischen bekannt: Zwei gehen essen und nur einer bezahlt. In dem Buch werden die Lokale einer Stadt vorgestellt und mit Coupons versehen. Und der Erfolg reißt nicht ab. Eine Stadt nach der anderen wird speisend erobert. Kaum ein Buchladen, in dem das Gutscheinbuch nicht an prominenter Stelle ausliegt.
Und das ist ein Knackpunkt. Seien Sie vorsichtig, dass Sie das richtige erwischen, wenn Sie die kulinarischen Aussichten zu Weihnachten verschenken. Denn die Gutscheine sind jeweils nur für das angegebene Jahr gültig. Schon in der Mitte des Jahres, im Juli, stöhnte eine Beschenkte augenzwinkernd, dass sie nun dreißigmal essen gehen "müsse" und wie sie das denn schaffen solle, weil das Jahr hat bekanntlich nur 52 Wochenenden. Zuwenig Jahr für zuviel Essen ? Hier kann man ansetzen und das Modell, 2 für 1, weiter ausbauen sowie variieren. Als kundennahes Marketingkonzept ist es dafür auch besonders geeignet. Inzwischen erschließen sich neben der Gastronomie weitere Branchen. Die ersten Freizeit- und Wellnessunternehmungen beteiligen sich. So wird sich das Konzept den Wünschen der Märkte und Kunden weiter anpassen und immer vielfältiger werden.
Eine "Mitschuld" am Erfolg der Futterwerke trägt auch die Einführung des Euros. Während die Restaurantpreise angeblich nicht angehoben wurden, kletterten sie für den Konsumenten dennoch in ungeahnte Höhen. Man sprach sogar von "gefühltem Euro" in Anspielung auf das einst beliebte "gefühlte Wetter" der Fernseh-Wettervorhersagen. Ob nun wahr oder nicht, die Leute blieben weg und aßen zu Hause. Das Hotel- und Gaststättengewerbe muss die (echten oder gefühlten) Euro-Einführungs-Preise nun hart abarbeiten, indem es immer häufiger die Hälfte der Gäste kostenlos mitessen lässt.
In den bisherigen Reaktionen der Restaurantbesitzer erkennt man dennoch vor allem die Anbieterfreude, nämlich, dass die Leute überhaupt wieder essen gehen. Genau das ist auch der eigentliche Gewinn für die Restaurants: Denn wem es einmal schmeckte, der kommt vielleicht wieder und dann ohne Gutschein, bzw er bringt wieder jemanden mit, der ebenfalls wiederkommt. Für die Gäste gibt es daneben einen nicht zu verachtenden Effekt. Ein ganzes Buch voller Essen! Da spielt auch viel Vorfreude darüber mit, endlich einmal wieder auszugehen und es sich gutgehen zu lassen. Und die Feilscherei erledigt das Buch gleich mit.
2003-10-06 Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: © Angelika Petrich-Hornetz
©2003-2021 Wirtschaftswetter Online-Zeitschrift
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Jörg Pohlmann (inzwischen Simonsell), ehemaliger Geschäftsführer von NCH Marketing (inzwischen Valassis) in Hamburg, der deutschen Dependance von Nielsen Clearing House (NCH) beantwortete unsere Fragen zum sich aktuell entwickelnden Markt für Coupon-Marketing
Wirtschaftswetter: Herr Pohlmann, was darf der Laie unter Couponing verstehen?
Jörg Pohlmann: Couponing bietet die Möglichkeit, einen gezielten Einfluss auf die Kaufentscheidung eines Konsumenten zu nehmen, indem er durch einen Rabatt eingeladen wird, das Produkt zu kaufen bzw. ein neues Produkt erstmals auszuprobieren. Wir sagen im Mutterland der Coupons: a coupon is an invitation to buy.
Wirtschaftswetter: Welche konkrete Dienstleistung bietet Ihr Unternehmen welchen Zielgruppen an?
Jörg Pohlmann: NCH ist ein sogenanntes Clearinghaus. Ein Clearinghaus verrechnet die Ansprüche, die für den Handel entstehen, mit dem betreffenden Hersteller. Ein Clearinghaus macht die Abwicklung einer Vielzahl von Couponpromotion für Handel und Hersteller einfach und effizient. Gleichzeitig liefert das Clearinghaus Daten und Informationen über die Wirkweise und den Erfolg der Aktion, die Eignung der Trägermedien und der Nutzung der Coupons durch den Konsumenten.
Wirtschaftswetter: Können Sie die aktuelle Beliebtheit von Coupons begründen, warum gerade jetzt?
Jörg Pohlmann: Wir bezeichnen Coupons als die neue Sparwährung. Durch die neue Währung, den Euro sind die Menschen verunsichert und glauben (meist zurecht), alles wäre teuerer geworden. Coupons sind eine neue Währung, mit der sie sich das Geld zurückholen können.
Wirtschaftswetter: Welche Vorteile ergeben sich für Unternehmen und Kunden aus einem Barcode-Coupon gegenüber einem Coupon "Marke Eigenbau"?
Jörg Pohlmann: Durch unsere Codierungstechniken können wir das "Clearing" der Coupons und das Auswerten aller weiterer Informationen sehr schnell machen. Das behindert nicht an der Kasse und macht die Auswertung komplexer Daten günstiger als durch die bisher gekannten und genutzten Verfahren.
Wirtschaftswetter: Haben Sie gegenwärtig bereits Unterschiede im Couponing zwischen Amerikanern, Europäern und Deutschen festgestellt ?
Jörg Pohlmann: Im Medienverhalten ja, in der Nutzung nein. Die Trägermedien in Europa, und auch Deutschland, sind vielfältiger. Das Umgehen und die Häufigkeit der Nutzung von Coupons ist nahezu in allen Ländern identisch.
Wirtschaftswetter: Für welche Branchen, außer dem dafür prädestinierten Einzelhandel, eignet sich Couponing und auf welchen Märkten können Sie sich für die Zukunft besonders positive Effekte vorstellen?
Jörg Pohlmann: Coupons sind eine Promotionmaßnahme, die von der Markenartikelherstellern betrieben wird. Wir sprechen von Consumer Promotion, im Gegensatz zu Trade Promotion (die gemeinsam mit dem Handel durchgeführt werden). Natürlich gibt es Überschneidungen, dennoch nutzen Markenartikler Coupons im Schwerpunkt dazu, direkt auf das Kaufverhalten der Konsumenten Einfluss zu nehmen. Couponing ist daher in erster Linie eine Konkurrenz zu klassischen Werbe- und Kommunikationsmedien.
Wirtschaftswetter: Frauen und Mütter tätigen nicht nur in den USA den größten Anteil privater Einkäufe. Werden deutsche Unternehmen dies durch die Entdeckung von Couponing endlich zur Kenntnis nehmen und die Zielgruppe verstärkt umwerben?
Jörg Pohlmann: Ein Markenartikelhersteller tut gut daran, seine Kernzielgruppe genau zu kennen. Das sind die sogenannten Haushaltsführenden, trotz Emanzipation im Schwerpunkt Frauen. Couponing ist am effektivsten bei den Intensiv-Verwendern von Produkten, somit wird die Zielgruppe Frauen im Mittelpunkt stehen.
Wirtschaftswetter: Die letzten Umfragen ergaben, das die deutsche Kundschaft, Coupons der althergebrachten Variante, also auf Verpackungen und in Zeitungen bevorzugt, weniger in speziellen dafür hergestellten Magazinen. Überraschend modern, begrüßen die Kunden jedoch auch die E-Mail-Variante. Was meinen Sie, wie sieht der Coupon der Zukunft aus, wohin geht die Entwicklung?
Jörg Pohlmann: Die Medien werden, wie gesagt, sehr vielfältig sein. Ich persönlich bin ein Verfechter der personalisierten Coupons. Das bedeutet nicht, dass man mit Adressen handelt, sondern das man als User im Internet genau die Coupons bekommt, die man gerne haben möchte. Intelligente Internet-Angebote werden es mir einfacher machen, mit Coupons meinen Einkauf zu planen und dabei bis zu EUR 200,-Eur pro Monat zu sparen. Ein überzeugendes Angebot, oder?
Wirtschaftswetter: Herr Pohlmann, wir danken für das Interview.
2002-06-15 Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz und Gesprächspartner Jörg Pohlman
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