Wirtschaftswetter       Banner Wirtschaftswetter-Themen,  Link Wirtschaftswetter-Werbung

Die Ostsee - ein europäisches Verbindungsmeer

Mare Europäicum

von Angelika Petrich-Hornetz

Ostsee Der Jahreskongress des Deutschen Industrie und Handelskammertages (DIHK) am 23. Oktober in Lübeck, diesmal unter dem Thema: Wirtschaft im Ostseeraum, begann schon am Vortag mit ungewöhnlich kritischen Worten. Ludwig George Braun, Präsident des DIHK hielt deutschen Unternehmern vor, sich zuviel über politische Rahmenbedingungen zu beklagen, anstatt ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit zu überprüfen und die ausländischen Märkte zu erobern. Es gäbe zuwenig Aktivität und zuviel Gejammer. Die Unternehmer sollen sich auf das besinnen, was sie sind, nämlich Unternehmer, die nicht nur auf die Politik warten, die gewöhnlich länger brauche.

Das Thema Ostseeraum ist hochaktuell und stellte damit ein gutgewähltes Thema für den Kongress. Durch die Aufnahme der baltischen und osteuropäischen Staaten wird das einst beschauliche Mare Balticum entgültig aus dem Regionalschlaf geholt und zum eurpäischen Verbindungsmeer. Die neuen europäischen Staaten werden über den bequemen Seeweg mit den Alten verkehren. Und das heisst konkret: neue, internationale Märkte, mit denen sich jeder Mittelständler auseinandersetzen müsse, und zwar jetzt, so Braun.

Lange war die Ostsee, fast ein großer Binnensee, von vielen Anrainern abgeschnitten, doch die Verbindungen zu Skanidinavien wurden stetig ausgebaut und brachten den Ostseehäfen, auch den Deutschen, wie Lübeck und Kiel, steigenden Umsatz mit Gütern und Passagieren. Nach der Wiedervereinigung kamen weitere hinzu und nutzten ihre Chance wie Rostock und Wismar. Durch die Osterweiterung wird das Netzwerk Ostsee nun wieder komplett und als kurzer Handels- und Transportweg immer beliebter. Die Ostsee ist damit ähnlich dem Mittelmeer zur einer Verbindung zwischen vielen europäischen Ländern und zwei Kontinenten geworden und hat, wie Experten schon seit Jahren wissen, das Zeug zu einer Boom-Region.

Darum forderte die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis auf der DIHK-Konferenz die bundesdeutsche Außenpolitik eindringlich auf, ihre Chance endlich zu nutzen und die Ostsee ähnlich wie die deutsch-französischen Beziehungen zu einem Außhängeschild deutscher Europapolitik auszubauen. Hier sei man zu lange noch zu untätig gewesen, das Engagement Skandinaviens sei hingegen vorbildlich. Darum dürfe Ostseepolitik und diese interessanten, Handelspartner nicht mehr länger als norddeutsche Marotte angesehen werden, so Simonis weiter. Stattliche und ausbaufähige 10,2 Prozent am gesamtdeutschen Export in die Ostseeanrainerstaaten sprächen Bände.

Neue Märkte klopfen an die Tür. Politik, Wirtschaft und vor allem der deutsche Mittelstand sind gefragt, sich zügig darauf einzustellen und dem internationalnen Ruf zu folgen. So oder so, die Zeit der Insellösungen ist vorbei und der Zeitpunkt auch für die deutschen Mittelständler, die bisher noch nicht darüber nachgdachten, auf ausländischen Märkten aktiv zu werden, ist jetzt da. Wer nicht mitzieht, wird verlieren, soviel ist gewiss. Internationalisierung ist immer mit Risiken verbunden, wie jedes Unternehmertum, jedoch gibt es kein Zurück und damit auch keine andere Wahl. Diesselbe Forderung geht an die Außenpolitik. Wer Anrainer ist, weiß schon lange um das Potenzial der Ostseeregion, doch zulange haben sich die alten Grenzen offenbar in den Köpfen festgesetzt. Wie ist es anders zu erklären, dass viele nicht mitbekamen, wie durch das wachsende Europa immer mehr ehemals beschauliche Grenz-Regionen zu den wahren Dreh- und Angelpunkten einer neuen eurpäischen Wirtschaft werden? Eine dieser Drehscheiben wird die Ostsee sein. Hoffen wir, dass die deutsche Wirtschaft und die Politik dieses Wirtschaftswetter zu nutzen vermag, welches sich über der einst ruhigen Ostsee nicht erst seit gestern zusammengebraut: ein kräftiges Hoch mit frischem Ostwind.


2003-10-25 von Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz

Foto: © Birgid Hanke

Infos zu Datenschutz + Cookies

zurück zu Themen

2003-2021
© Wirtschaftswetter Online-Zeitschrift <