Eindrücke einer MBA-Studentin aus Detroit 6.Teil
von Ines Kistenbruegger
2003-11-28, New York
Es stürmt. Es regnet. Auch in New York. Mein erster Tag in New York. Ich laufe den Broadway entlang, versuche mir eine Show auszusuchen, die ich am Abend sehen will: The Lion King (no thanks, hatte schon in Hamburg das Vergnügen), Mamma Mia (nein danke), I am my own wife (was auch immer das sein soll), Urinetown (klingt interessant, leider ausverkauft). Steve, ein Musikleher ist ganz beeindruckt von der Auswahl: „Ich schreibe auch ein Musical. Ich muss einfach ein Musical schreiben. Ich schreibe ein Musical mit dem Namen -The Big Toe- mit Songs wie –The Toe Next To Me Is Taller Than I Am-.“ Ich muss lachen und kann mich immer noch nicht so richtig entscheiden, was ich sehen will. Als wir die 300m Schlange am Kartenverkaufstand Ecke 47th Street/ Broadway sehen, entscheiden meine vier Begleiter Davids Schwester Rina, ihr Mann Steve und deren Sohn Cory, David und ich spontan, dass wir doch lieber keine Broadway Show sehen. „No Way !“ ruft Steve und dreht auch schon um.
New York selbst ist für mich ein Schock. So viele Menschen. Am Broadway ist fast kein Durchkommen. „Wir bewegen uns ja auch in einer Touristengegend“, versichert mir David. Auf der 5th Avenue ist es aber auch nicht so viel besser. An den weltberühmt dekorierten Schaufenstern von Saks muss man sich sogar in eine Schlange einreihen, um diese betrachten zu dürfen. Gut organisiert und bewacht vom Saks-Sicherheitspersonal. Steve brüllt uns mal wieder sein: No Way! entgegen und wir gehen weiter, ohne in die Schaufenster zu sehen. Es ist aber auch zu kalt und nass, um sich durch die Millionen von Regenschirmen eine freie Sicht zu erkämpfen. Die Schlange scheint sich auch nicht zu bewegen. Wir gehen weiter. Besuchen heute nicht die Statue of Liberty, denn im ganzen Nebel wäre ohnehin nichts mehr zu sehen. Das heben wir uns für den nächsten Tag auf. Und hoffen auf besseres Wetter.
Wir suchen einen jüdischen Deli. David ist der Meinung, er brauche dringend ein Reuben Sandwich und das soll in den Delis von New York am besten schmecken. Corned Beef, Sauerkraut, diverser undefinierbarer Kram und Käse. „Ich mag kein Sauerkraut“, sage ich und werde schief angeguckt. Eine Deutsche, die kein Sauerkraut isst, scheint das Oxymeron zu sein, welches Amerikaner zum Lachen bringt. Natürlich habe ich keine Wahl und auch keine Entscheidungskraft und muss tatsächlich einmal abbeißen. Es ist erträglich, aber nicht mein Fall. Ich klammere mich an meinem Thunfisch-Sandwich fest und hoffe, dass ich damit genug merkwürdige Sachen probiert habe. Mir liegen immer noch die Thanksgiving-Süßkartoffeln mit Ananas und Marshmallows überbacken schwer im Magen.
Samstag, 29.11.2003: Endlich - die Freiheitsstatue Am Samstag regnet es endlich nicht mehr. Es ist nur stürmisch und kalt. Wir wollen nur kurz, bevor wir zurückfahren die Freiheitsstatue besuchen. Auch wenn man zur Zeit nicht hineingehen kann. Security-Reasons. Im Hafen ist es dann so kalt, dass ich mir einen zweiten Pullover kaufen muss: New York City steht in großen Buchstaben drauf. Ich kaufe mir auch einen 10 Fuß langen Schal. So kalt ist es. Wir Fünf machen eine Hafentour. Und ich sehe die Freiheitsstatue zum ersten Mal aus nächster Nähe. Gar nicht so groß wie ich gedacht habe. Aber damit habe ich zumindest meine Pflicht als Touristin in New York erfüllt. David macht ein paar Beweis-Photos von mir mit der Freiheitsstatue im Hintergrund. Und wir können uns endlich dann ins Warme begeben. Es ist wirklich viel zu kalt für eine Bootstour. Leider müssen wir uns dann auch auf den Rückweg machen. Zurück nach Detroit. Zwölf Stunden im Auto sitzen. Seufz.
Sehe ich auf dem Foto oben nicht aus wie eine echte Immigrantin?
2003-11-28 copyright by Ines Kistenbruegger, Wirtschaftswetter
Text: ©Ines Kistenbruegger
Infos zu Datenschutz + Cookies
zurück zu: Themen
zurück zu: Startseite
2003-2021 wirtschaftswetter.de
©Wirtschaftswetter Online-Zeitschrift