Editorial - Frühling 2004
Liebe Leserinnen und Leser, sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie uns bereits kennen, dann haben Sie bemerkt, wie zügig sich das Wirtschaftswetter über die Landesgrenzen ausbreitet. Wenn Sie uns noch nicht kennen: Nein, das war nicht immer so. Wir starteten mit einer ausgewanderten Autorin und nun sind es schon vier, die aus den USA, aus China und aus Großbritannien berichten. Und die in Deutsch verfassten Artikel fanden darüber hinaus offenbar auch Interesse bei fremdsprachigen Lesern, so dass wir ihnen nun mit unserem kleinen, aber feinen internationalen Ressort etwas engegenkommen möchten. Wenn schon unsere eher noch bescheidene Online-Zeitschrift so schnell in den Sog der Internationalisierung gerät, was ist wohl in anderen Unternehmungen in Deutschland los? Erhalten Sie auch Anfragen aus dem Ausland und wie reagieren Sie darauf? In unserer letzten Ausgabe interviewten wir einige Experten zu dem Thema und wahrlich, es ist nicht einfach, aber letztendlich haben wir nicht mehr die Wahl, uns hinter zumindest für die Wirtschaft immer unwichtiger werdenden Landesgrenzen zu verstecken. Trotzdem berichten wir immer noch vorwiegend für deutschsprachige Leser, doch auch die sitzen immer öfter nicht mehr im Land. Und es geht noch weiter, denn Deutsche im Ausland gründen Firmen und importieren heimische Waren, wie Sie in dem Portrait der Familie Thamm in dieser Ausgabe verfolgen können. Zusätzlich zur europäischen Osterweiterung dürften das genug Argumente sein, sich und wenn auch nur im kleinen Stil dem Thema Internationalisierung zu nähern, denn wie heißt es so schön: Wenn man nicht selbst handelt, wird man behandelt. Die Frage lautet nur: wie? Ein Anbieter, der sich in Deutschland sicher wähnt, lebt gefährlich. Irgendein Konkurrent, der billiger produzieren oder einkaufen kann, kann seine Chance wahrnehmen, den heimischen Unternehmer vom Markt zu fegen, jederzeit. Der Arbeitsmarkt in Deutschland sieht nicht gut aus, Arbeitslosenzahlen steigen, Leistungen werden zusammengestrichen, Folge: Der Arbeitnehmer, der gleichzeitig auch Kunde ist, hat weniger Geld und kauft billig, wenn er überhaupt noch kauft. Eine Handvoll sehr gut Verdienender wiegt keine Massenarbeitslosigkeit auf und beschert bestimmt auch keinem Kaufhaus mit mittelpreisigen Waren die nötige Kundschaft. Glücklicherweise sind Maschinen im Ausland, Made in Germany, nach wie vor gefragt. Doch wieviel davon ist noch Made in Germany? Die Regeln der US-Trademark sind streng, die deutschen sind es nicht und das ehemalige Qualitätsiegel wirkt manchmal schon etwas lustlos und müde. Neben Maschinen sind Arbeitsplätze der größte deutsche Exportschlager. Je besser ausgebildet, desto eher findet man noch einen Arbeitsplatz, dagegen bricht der Niedriglohnsektor unaufhaltsam weg. Was wird an dessen Stelle entstehen ? Daneben gibt es Unternehmen, die trotz hoher Löhne in Deutschland produzieren und tapfer ausbilden, doch auch diese Variante, besser ausgebildet, funktioniert nur, wenn die nächste Generation überhaupt die Chance erhält, so gut und kostenlos ausgebildet zu werden wie vor allem die vorangegangene. Wenn Länderfürsten Studiengebühren fordern, darf man es Unternehmern nicht nachsehen, wenn sie heimlich ausrechnen, wieviel sie Ausbildung kostet. Die Sozialleistungen werden vor allem durch die Arbeitslosigkeit doch auch durch die umgekehrte Alterpyramide hochgetrieben. Immer mehr werden von immer wenigeren versorgt und bis in Taiwan oder Moldavien eine Gewerkschaft die familienfreundliche 35 Stunden-Woche und höhere Löhne sowie mehr Urlaub fordert wird nicht nur noch sehr viel Zeit vergehen. Also bleibt vornehmlich den Jungen nicht viel übrig, als unter immer schlechter werdenden Bedingungen, immer mehr zu arbeiten und das nicht nur hier sondern auch im Ausland. Wie sich die immer schneller entwickelnde Globalisierung letztendlich auf unsere Sozialsysteme auswirkt, weiß kaum noch jemand, weil es zu viele Faktoren sind, die dort mitspielen. Doch eins ist klar: Es geht jetzt rasend schnell. Und das erfordert Aktion und nicht nur Reaktion. Langfristig kann aus der Krise eine Chance werden, kurzfristig werden die Ansprüche sinken und die Leistung steigen müssen. Wer von den heute Erwachsenen immer noch herumjammert, und gar jetzt schon von der nächsten Generation einstreicht, der sollte einen sehr guten Grund dafür haben, denn diejenigen die die Zeche zahlen werden, sind nicht die gegenwärtigen Erwachsenen und Älteren, sondern die jetzt noch junge Generation. Etwas mehr Einsatz und Geistesgegenwart dürfen sie dafür von uns durchaus verlangen. In diesem Sinne Ihnen allen einen erfolgreichen und aktiven Frühling 2004
Angelika Petrich-Hornetz
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