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Anschlag mit Luftmasche

Gehäkeltes steht neuerdings wieder hoch im Kurs

von Cornelia Schaible

Wolle Weiß noch jemand, wie Stäbchen und Feste gehäkelt werden? Oder wie Mäusezähnchen gehen? Die luftige Masche, die bis vor kurzem allenfalls mit Topflappen oder Sofakissen in Verbindung gebracht wurde, erlebt ein modisches Comeback..

Da muss es ja Frühling werden. Denn luftig Gehäkeltes, wie derzeit in vielen Magazinen zu sehen, bietet viel Durchblick – und Durchzug. Die neueste Masche der Modemacher taugt eher für die wärmere Jahreszeit. Andererseits darf der Kuschelfaktor der Häkelware nicht unterschätzt werden. Auch wenn es sich dabei mehr um gefühlte Wärme handelt: In einer hochtechnisierten Welt wirken Häkelsachen irgendwie beruhigend unkompliziert, denn sie folgen einem leicht durchschaubaren Muster.

Das sieht auch weniger nach Massenware aus, schon eher nach Hausmacherart mit einfachen Zutaten. So ähnlich wie ein Streuselkuchen aus dem Tiefkühlfach im Supermarkt („Schmeckt wie selbst gemacht“). Kurzum: Ein gehäkeltes Kleidungsstück gibt das gute Gefühl, man könnte sowas zur Not noch selbst hinkriegen.

Es käme auf einen Versuch an. So eine gehäkelte Blume zum Anstecken, wie sie die US-Modekette Gap anbietet, kann nicht schwer sein und sorgt bestimmt für Gesprächsstoff (Sind das alles feste Maschen?“). Oder wie wäre es mit einem Häkeltäschchen fürs Handy? In Amerika gibt’s das sogar im Handel. Ebenfalls total easy: ein kuscheliger Schal – erst eine Luftmaschenkette häkeln, und los gehts. Wer in Handarbeit einst gut aufgepasst hat, dürfte damit keine Mühe haben (seitdem das Fach „textiles Werken“ heißt, gilt das auch für Jungs).

Außerdem werkelt man beim Häkeln nur mit einer Nadel, und das sieht lange nicht so albern aus wie Stricken. Beim Handarbeiten vor dem Fernseher purzelt auch nicht gleich eine Masche, wenn im „Tatort“ mal ein Schuss fällt. Sicher nur wenige Fernsehabende braucht ein grobmaschiger Poncho (der in kaum einer Frühjahrskollektion fehlt); mit einer daumendicken Nadel geht das ruckzuck. Falls es doch zu viel Mühe macht: Einfach eine Häkelstola bei eBay ersteigern. Oder die von Oma borgen.

Woran deutlich wird, was das Häkchen an der Sache ist: Obwohl Selbstgehäkeltes in den Siebzigern vor allem bei jungen Leuten populär war, gilt es heute geradezu als Inbegriff von hausbackenem Schick. Und manche Häkel-Leibchen, die derzeit im Laden hängen, sehen tatsächlich arg bieder aus – trotz Lochmuster. „Das ist so ein richtiger Oma-Look“, stellte eine Bekannte kürzlich fest. Sie sei zwar Großmutter, aber sie wolle nicht auch noch so aussehen.

Der amerikanische Modeschöpfer Oscar de la Renta hat ganz offensichtlich das Kunststück geschafft, den Mottenkugelduft aus den Maschen herauszulüften – seine dunkelblauen Häkelpullover, kombiniert zu weißen Röcken, sehen zumindest auf dem Laufsteg richtig elegant aus. Textilen Durchblick beweisen auch amerikanische Modemarken wie Bill Blass oder Vera Wang, die Glanzgarne zu filigran Gehäkeltem verarbeiten: In Gold und Silber wirken die Maschen keineswegs betulich. Ebenso wenig wie die knappen, mit Blümchen besetzten Häkelbikinis der italienischen Firma Missoni.

Wer so etwas nachmachen will: Anleitungen für knappe Bikini-Modelle im brasilianischen Stil finden sich im Internet. Zu gewagt? Auch ein flottes Häkelhütchen entspricht dem aktuellen modischen Trend. Außerdem lasst es sich mühelos recyclen: Wenn der jüngste Anschlag mit Luftmaschen wieder überstanden ist, setzt man es einfach einer Klopapierrolle auf.

2005-03-20 by Cornelia Schaible, Wirtschaftswetter
Text: © Cornelia Schaible
Foto + Banner: © ap
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