von Annegret Handel-Kempf
Philips zeigte mit seinem im Herbst 2005 präsentierten Digital Photo Display neue Fotowelten auf – Ein Bericht über Erfahrungen mit digitalen Bilderrahmen
Massenweise digitale Fotos vegetieren in Kameras und Computern weitgehend unbeachtet vor sich hin. Die Menschen fotografieren immer mehr, haben aber von nur von etwa 20 Prozent ihrer Aufnahmen Papierabzüge und Ausdrucke. Eine neue Art von Rahmen soll auch nicht geprinteten Bildern Aufmerksamkeit verschaffen. Im Herbst 2005 brachte Fernsehspezialist Philips ein bildstarkes Modell auf den Markt, das in Konkurrenz zum bisherigen Trendsetter aus dem Hause Hama tritt. Hier ein Praxistest der beiden Varianten.
Der spannende Moment ist gekommen: Paket raus aus dem Karton, Schutzfolie ab, Verpackung auf. Heraus kommt eine Mischung aus PC und ansprechend designtem, modischem Bilderrahmen in silberfarbener Kunststoff- und Glasoptik: Hamas Digitaler Bilderrahmen.
Erste Auffälligkeit: Es handelt sich wirklich um einen Fotorahmen in gewohnter Größe (210 x 150 x 45 mm). Die PC-mäßigen Attribute, wie Card-Slots, also Karten-Einschübe, sind dezent gehalten und nur von hinten zu sehen.
Zweites Plus: Anders als bei vielen herkömmlichen Foto-Aufstellern müssen nicht erst mühsam Nägel, Stifte oder Schrauben weg gebogen oder beiseite montiert werden, um immer neuen Lieblingsbildern in so genannten „Wechselrahmen“ einen hübschen Standort zu verschaffen.
Drittes Plus: Die Halterung rastet nahtlos und sicher auf der gewählten Stufe ein und erweckt nicht den Eindruck, als würde sie nach kurzer Zeit unmotiviert herumhängen.
Viertes Plus: Wenig ist dem Rahmen beigepackt, was entspannte Wohnatmosphäre und einfache Bedienbarkeit belastet. Eine Kreditkarten große Fernbedienung: Die dürfte bei manuell programmierten Diashows gute Dienste leisten. Ein Fernseher-Anschlusskabel. Ein Netzteil: „Einstecken und los geht’s“.
Powertaste an. Zunächst mit der Fernbedienung: Der Bildschirm bleibt dunkel. Fehlen Batterien? Egal, ich will Fotos ansehen. Also direkt am Gerät die Ein-Taste gedrückt: Das LCD-Display erstrahlt in hellem Licht und bekundet, dass ihm keine Bilder zur Verfügung stehen. Ich stecke eine Gigabyte-Compact Flash (CF)-Karte mit 374 gespeicherten Fotos ein. Die Mangel-Meldung bleibt. Ich hole einen Digital Fotofilm von Hama, der sich vielleicht besser mit dem Bilderrahmen des gleichen Herstellers versteht, als die Gigabyte-Karte eines anderen Speichermedien-Spezialisten.
Der Digital Fotofilm ist eigentlich eine 128-Megabyte-CF-Karte, die allerdings in Preis und Handhabung mit dem vertrauten Negativfilm gleichziehen soll. Das heißt: Karte raus aus der Kamera, rein in die Auftragstüte, und den Digital Fotofilm nach dem Abholen direkt bei den Abzügen im Album archivieren.
Doch zurück zum Display: Da es sich also um eine umbenannte CF-Karte handelt, die nach Angaben des Herstellers lediglich nicht so oft wieder beschreibbar ist wie höherwertige Speicherkarten, müsste der Digital Fotofilm im Bilderrahmen funktionieren. Deshalb, rein damit in den CF-Kartenslot: Schon erscheinen die auf dem Film vorhandenen Aufnahmen im Miniformat auf dem Display.
Ich wähle ein Motiv aus und drücke auf „Enter“. Mein Baby erscheint im Großformat, ist wunderbar ausgeleuchtet. Nur darf ich nicht von zu weit unten oder zu stark von der Seite auf das Bild schauen: Dann färbt sie sich nämlich etwas rot, beim Blick von fern oben wirkt sie hingegen recht blass. Egal, Verrenkungskunststücke macht man bei herkömmlichen Fotorahmen auch nicht.
Ich stelle über den Setup-Knopf der Fernbedienung die Intervalle der automatischen Diashow ein, die alle Motive der Miniatur-Vorschauen nacheinander groß zeigt: Drei, zehn oder 60 Sekunden, beziehungsweise fünf Minuten, stehen zur Auswahl. Ich entscheide mich für zehn Sekunden. Im ruhigen Wechsel ist mal mein Sohn beim Besteck-Einräumen, mal meine Tochter zu sehen. Auch die grafischen Übergänge von einem Bild zum nächsten kann ich selber bestimmen: Die Center-L-R-Funktion sorgt für Theatergefühle, da quasi der Vorhang aufgezogen wird. Fertig. Wunderbar, so eine Vorführung von Erinnerungen aus dem Rahmen: Immer wieder neue Ansichten, ohne im Album zu blättern, oder sich beim Fotowechseln die Fingernägel an den Halter-Verschlüssen abzubrechen. Auch Zoomen ist möglich, wenn ein Lieblingsmotiv näher herangeholt werden soll.
Nur fürs Hochformat finde ich zunächst keine Lösung: Da sich der Bilderrahmen nicht hochkant stellen lässt, legt sich mein eigentlich stehender Sohn in den Augen des Betrachters quer. Das Handbuch hilft weiter: Mit der Rotate-Taste auf der Fernbedienung kann ich das Bild drehen und mein Kind auf seine Füße stellen. Die grauen Streifen an den Seiten des optisch minimierten Bildes stören dabei etwas.
„PIC.+MP3“ ist ein stimmungsvoller Knopf auf der Fernbedienung: Mit ihm unterlege ich meine Fotoshow mit Musik. Schließlich kann das Display nicht nur die Formate Jpeg bis zu zwölf Megapixel Auflösung, sondern ebenso Mpeg I und II, sowie Motion Jpeg (Avi), abspielen. Lautsprecher sind integriert, auch ein Kopfhörer-Ausgang ist vorhanden.
Nachdem alles so prima läuft, versuche ich meine Gigabyte-Karte doch noch ins Spiel zu bringen: Card rein und schon erscheint die erste Vorschau. Na also, schließlich kann die integrierte Leseeinheit vielerlei Speicherkarten erkennen (CF I+II, Microdrive, SD, MMC, MStick, MStick Pro und SmartMedia). Ich drücke Enter und viele Momentaufnahmen des bislang acht Monate währenden Lebens meiner Tochter, umgeben von ihrer Familie, ziehen auf dem Display an mir vorbei.
Auf Wandmontage verzichte ich, um die Fotos in besserer Qualität sehen zu können. Sollen mehrere Menschen zugleich einen guten Blick auf die Diashow haben, werde ich den Bilderrahmen über das mitgelieferte TV-Verbindungskabel an den Fernseher anschließen.
Das Kontrastrad seitlich am Gerät lässt sich bestimmt auch mit größeren Händen als meinen gut einstellen. Die Helligkeit kann ich dem Umgebungslicht entsprechend anpassen.
Die Spots laufen weiter, während ich arbeite. Wenn ich hoch schaue, sehe ich jedes Mal ein anderes Motiv, lebe einen weiteren glücklichen Augenblick noch einmal nach.
Insgesamt ist der Hama-Bilderrahmen eine gelungene Umsetzung einer guten Idee und ein gutes Geschenk für Menschen, die man nicht mit Zentnern schwer zu haltender Fotoalben oder komplizierter Technik belasten will. Sein empfohlener Verkaufspreis ist mittlerweile von 350 auf 300 Euro gesunken. Billiger soll sein Nachfolger sein, der möglicherweise noch im Jahr 2005 auf den Markt kommen und sieben Zoll groß sein wird.
Jetzt kommt ein Nebenbuhler auf den Tisch. Während der Hama-Rahmen mit seiner silbrig-kantigen Optik stark edlen Papierbild-Aufstellern ähnelt, sieht der Frischling aus dem Hause Philips eher so aus, wie er heißt: „Digital photo display“. Schnittig-frisch im Design, erinnert er an Flachbildschirme. Wohltuend für die Augen ist sein LCD-Bildschirm, der mit 16,5 Zentimetern Diagonale, also 6,5 Zoll, größer als der 5,6 Zoll messende des Konkurrenten ist. In einer transparenten Umspannung stecken ein ganz schmaler Silber- und ein etwas breiterer, weiß-silberner Kunststoff-Rand. Philips Beharren darauf, in diesem Herbst den ersten digitalen Bilderrahmen auf den Markt gebracht zu haben, mag daran liegen, dass dieses Gerät keine multimedialen Inhalte, wie Musik und Videos, wiedergibt.
Erste Annehmlichkeit beim Aufstellen und Ausprobieren: Der Halter lässt sich sowohl für Hoch- als auch für Querformat ausrichten.
Zweite Annehmlichkeit: Das Gerät dreht Bilder automatisch in die richtige Position.
Dritte Annehmlichkeit: Integrierte Akkus laden sich selbsttätig auf, sobald der Netzstecker angeschlossen ist, so dass das Gerät zeitweise ohne Strom auskommt.
Vierte Annehmlichkeit: USB-Kabel fürs Übertragen und Kopieren von Bildern von PC und Digitalkamera liegen bei. Fotos können also nicht nur direkt von der Speicherkarte gezeigt werden.
Jetzt zeigt sich ein Manko für Menschen mit großen oder unruhigen Händen: Eine Fernbedienung fehlt. Alle Funktionen müssen direkt an der Rückseite des Gerätes bedient werden. Auf dem Display erscheinen jedoch die Navigationssymbole, denen zugeordnet der Nutzer hinten oben die entsprechenden Funktionstasten drückt.
Speicherkarten-Einschübe und Anschlüsse sind auf dem Rückteil unten angebracht, was Fingerabdrücke provoziert. Doch man kann vorprogrammieren, wann sich der Bilderrahmen und Diashows an-, beziehungsweise ausschalten, und aus welchen Bildern sich die Vorführungen zusammensetzen. Da allein der interne Speicher des Displays, je nach Größe, bis zu 80 Bilder fasst, muss man nicht ständig Tasten bedienen.
Der Hersteller hat Demo-Aufnahmen auf dem Gerät abgelegt. So sehe ich gleich nach dem Einschalten eine Diashow in tollen Farben, ganz ohne Rotstiche und Verzerrungen. Dadurch zu sofortigem Weiterprobieren motiviert, schiebe ich eine Speicherkarte mit meinen eigenen Aufnahmen in den dafür vorgesehenen Schlitz. Wiederholt kommen sich Karte, Netzanschlussadapter und der Bildschirmhalter in die Quere. Nachdem ich den Rahmen auf den Kopf gestellt habe, sehe ich, dass ich die CF-Card nur ein ganz kleines Stück einführen muss. Die nächste Slideshow kann starten: Zeitintervalle, Bildabfolgen und Übergangsmodalitäten lassen sich intuitiv, also ohne Nachschlagen in der Bedienungsanleitung oder große Programmierkenntnisse, einstellen. Interessant: Neue Bilder schieben sich beim „Zufalls“-Modus in grafisch interessanten Verrenkungen aus allen Winkeln in die gerade verschwindenden Motive, um diese schließlich zu ersetzen. Die gesamte Menüführung soll sich selbst erklären, ist auch wirklich schnell zu verinnerlichen.
Weiter geht es zu einer Option, die das Hama-Gerät nicht bietet und das Handbuch kurz und bündig erklärt: Bilder von der Kamera über eine USB-Verbindung direkt anzuschauen und zu überspielen: Eine gute Idee, zumal ganz ohne Computer.
Insgesamt bietet Philips neben dem günstigeren Preis (um 200 Euro) ein Foto- und Computer-technisch aufwändigeres Innenleben. Das Display ist mit einem Vier-in-eins-Multiformat-Kartenleser ausgestattet, um Aufnahmen von einer Flash-Speicherkarte (SD/MMC/Memory Stick/Compact Flash) zu überspielen.
Wie beim Hama-Gegenstück mit seinen 640 mal 480 Pixeln, kann ein Foto bis zu zwölf Megapixel umfassen, wobei das Display eine Auflösung von bis zu 720 mal 480 Bildpunkten zeigt. Pixeldichte und Vollfarbdisplay bemühen sich darum, dass die ausgestellten Aufnahmen schon fast Druckqualität suggerieren. Angenehm sind neben tatsächlich brillanten Farben, eine kontrastreiche und scharfe Fotoqualität. Und das selbst aus größeren Entfernungen, beim Blick von oben oder von der Seite, ganz ohne farbliche Veränderungen oder Verwisch-Effekte. Auch hier kann die Helligkeit dem umgebenden Licht, also auch Tag- und Nachtunterschieden entsprechend, eingestellt werden.
Beide Rahmen sind Bereicherungen für die Wohnatmosphäre und die Gestaltung des Freizeitprogramms. Zumal für Menschen, die keinen PC haben oder keine Zeit und Lust, vor dem Genuss schöner Erinnerungen am Computer zu arbeiten. Das Hama-Gerät ist schöner anzuschauen, zeigt aber kleinere und bei ungünstigem Winkel oder Abstand schlechtere Bilder. Dies könnte sich beim Nachfolger, der ab Mitte Dezember als Sieben-Zoller, ohne MP3-Funktion und ohne TV-Ausgang, für 160 Euro in den Handel kommen soll, jedoch ändern. Wer eine bildschöne Darstellung aus unterschiedlichen Fotoquellen wünscht, wählt unter Umständen das Philips Display. Wer ein ansehnliches Wohnattribut mit multimedialen Extras und absolut unkomplizierter Bedienung sucht, greift möglicherweise zum Hama-Bildschirm.
2005-11-27 Annegret Handel-Kempf, Wirtschaftswetter
Text: ©Annegret Handel-Kempf
Illustrationen: ©aph
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