Die Glaskünstlerin stellte im Februar 2005 während der "Ambiente" in Frankfurt a.M. aus
Die Fragen stellte Annegret Handel-Kempf
Ex-Modell Rike Scholle aus Niederbayern übergießt auf der Sonderschau „Talente“ der Ambiente ihre Kleider mit 1200 Grad heißem Glas. Draußen ist es klirrend kalt, drinnen lässt Rike Scholle 1200 Grad heißes, geschmolzenes Glas über ihre Kleiderentwürfe fließen. Heraus kommen Muster, die jedes Stück Stoff zu einem eigenwilligen Unikat machen, zu ästhetisch anzusehenden Opfern von Brand und Ätzung.
Das knapp 30jährige Ex-Modell ist eine von 13 „EDIDA-Newcomern des Jahres“, die aus den Reihen viel versprechender Nachwuchsdesigner aus 21 Ländern für die Ausstellung „Talents“ ausgewählt wurden. Von Freitag bis zum Valentinstag am 14. Februar stellt sich die in Hamm geborene, in New York als Modell arbeitende, in Zwiesel ausgebildete und heute im niederbayerischen Haardorf (Osterhofen) kreierende Glas-Künstlerin auf der Konsumgüter-Trend-Messe „Ambiente“ in Frankfurt am Main in Halle 6.1 einem internationalen Publikum vor.
Wirtschaftswetter sprach mit ihr über das inspirative Feuer für ihre Entwürfe und über Glastrends.
Wirtschaftswetter: Hat die Idee, Kleider mit bei 1200 Grad verflüssigtem Glas zu übergießen, mit Ihrer Vergangenheit als Modell zu tun, hatten Sie damals "brandheiße" Erlebnisse?
Rike Scholle: Ich experimentiere viel mit Glas. Die meisten Ideen fliegen mir regelrecht im Schlaf zu. Ich hatte angefangen, Leinwand, Tapete und Stoff zu verbrennen. Der Stoff nahm die Brandspuren, die das heiße Glas hinterließ, erstaunlich gut an. Dann wollte ich das Ganze in Form bringen, und das war der Anfang vom "Trace-Skirt".
Als Fotomodell war die Modewelt mein Zuhause. Ich sah es als eine Herausforderung, mit dem Traceskirt den Spagat zwischen Mode und Glas zu schaffen.
Wirtschaftswetter: Welche Ihrer Ideen sind auf der Ambiente zu sehen?
Rike Scholle: Ich präsentiere mich in FFM mit verschiedenen Vorschlägen zur Oberflächengestaltung mit heißem Glas. Ich zeige einige Muster in Textil und Holz. Glas ist so viel mehr, als nur der Becher, aus dem man trinkt. Das will ich zeigen
Wirtschaftswetter: Wie machen Sie auf Ihre Designs aufmerksam?
Rike Scholle: Durch Auftritte auf der Sonderschau Talente oder beispielsweise dem Designparcours in München. Ich arbeite aber auch freiberuflich im Design für die Firma Leonardo, die sehr aufgeschlossen für neue Ideen ist.
Wirtschaftswetter: Was sind für Sie die heißesten Glastrends?
Rike Scholle: Ich bin nach wie vor ein großer Fan von klassischem Glasdesign, mit
seiner nachhaltigen Wertigkeit. Besonders gefallen mir Entwürfe von Timo Sarpaneva (Der finnische Star-Designer setzt sich vor allem mit den Möglichkeiten auseinander, die Glas, frei von den Beschränkungen des funktionalen Designs, als bildhauerisches Medium bietet. Anm. der Redaktion) und Carlo Scarpa (Italienischer Designer, dessen Karriere in den Glasbläsereien von Murano begann. Anm. der Redaktion).
Wirtschaftswetter: Worin servieren Sie Ihren Freunden Getränke?
Rike Scholle:In meinem Kugelbecher Tumbler. Das ist ein wahrer Handschmeichler.
Wirtschaftswetter: Machen Billigproduktionen aus (Fern-)Ost-Staaten die Designer – quasi als Überlebensstrategie - besonders wagemutig?
Rike Scholle: Deutsche Unternehmen lassen längst nicht mehr in Deutschland fertigen. Und der Kunde ist vielleicht auch deshalb nicht mehr dazu bereit, für Qualität zu bezahlen. Das macht die Situation alles andere als leicht, und das Glasdesign leidet.
Ich würde mich freuen, wenn der Kunde wieder wertschätzen könnte, dass in jeder Arbeit eines Glaskünstlers sein Schweiß, sein Atem und seine Berührung nach wie vor „drinstecken“. Der Kunde würde sich an der Sinnlichkeit des Glases erfreuen und auf Massenware aus Fernost verzichten.
2006-02-13 by Annegret Kempf, Wirtschaftswetter
Text: ©Annegret Handel-Kempf
und Gesprächspartnerin Rike Scholle
Künstlerin im Web: Scholle & Deubzer
Objekte und fotos: ©Rike Scholle
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