von Anne Siebertz
In vielen Städten Deutschlands ist es mal wieder so weit: Die erste Frühjahrssonne richtet unbarmherzig ihre Strahlen in der noch kargen Natur allzu deutlich auf die Hinterlassenschaften des Winters: den Müll. Die Stadtreinigungsbetriebe sind damit einfach überfordert. Daher rufen die Gemeinden seit einigen Jahren Groß und Klein zu konzertierten Müllsammelaktionen auf.
Alles begann im Jahr 1993 mit der internationalen Kampagne: „Clean up the world“. Seitdem rufen die Vereinten Nationen alljährlich alle Gemeinden weltweit zu Putz- und Aufräumaktionen auf. Ziel ist die nachhaltige Erhaltung unserer Umwelt. So haben in den vergangenen 13 Jahren weltweit über 40 Millionen Freiwillige aus 100 Ländern teilgenommen. Das Volumen an Müll, das dabei zusammen gekommen ist, ist so unvorstellbar groß, dass Schätzungen kaum möglich sind.
Zum Vergleich: bei dem seit dem Jahr 2000 in der Großstadt Köln mit knapp einer Million Einwohner alljährlich organisierten Frühjahrsputz erhöhte sich die Zahl der Freiwilligen von anfänglich rund 1.000 auf mittlerweile knapp 23.000 Bürger. Waren es im ersten Jahr 50 Kubikmeter Müll, so lag das Volumen an gesammeltem Unrat im vergangenen Jahr bereits bei 450 Kubikmeter. Und das allein an einem Tag.
Oder: Im Jahr 2000 sammelten 1045 engagierte Bürger bei der Küstensäuberungsaktion in Santa Clara allein rund 35.000 Pfund Müll.
Neben dem positiven Engagement für die Umwelt, das mit der Aktion intendiert wird, fördern solche Aktionen den Gemeinsinn und stimmen den einen oder anderen nachdenklich. Eines der Ziele der weltweiten Kampagne ist denn auch, die Bürger einer Gemeinde oder Stadt mit in die Pflicht zu nehmen. Mitmachen können und sollen alle: vom Kindergartenkind, über Schulen, Vereine, Firmen bis hin zu Privatpersonen, die der Dreck in ihrer Umgebung stört.
In Köln gibt es sogar eine Belohnung für alle Eifrigen, die mitmachen: am Tag der Aktion, die dort seit ein paar Jahren „Kölle putzmunter“ heißt, fahren alle Helfer kostenlos mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben. In diesem Jahr geht’s dort morgens früh am 1. April los mit dem Verteilen von Handschuhen und Müllsäcken. Und zum Schluss, wie das in der feierfreudigen Stadt so üblich ist, laden die Sponsoren der Aktion, darunter das hier ansässige Duale System Deutschland, die Abfallwirtschaftsbetriebe, die lokale Presse und die Verkehrsbetriebe ab 14 Uhr in das Kölner Sport- und Olympiamuseum zu einer Riesenparty mit Musik und Unterhaltungsprogramm ein. Dass dabei jeder brav die Pfandgläser wieder zurück bringt und seinen Müll in die dafür vorgesehehen Behälter wirft, versteht sich von selbst.
Ein Blick ans andere Ende der Welt zeigt, dass solche Aktionen eigentlich vollkommen vermeidbar wären. In Hong Kong blitzt und blinkt es auf den Straßen, und jeder, der Unrat auf der Straße hinter sich wirkt oder gar Kaugummis ausspuckt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Auch hierzulande wurde bereits mehrfach eine Kaugummisteuer gefordert. Die ließ sich jedoch bislang noch nicht recht durchsetzen. Zudem: was nützt eine Steuer, wenn die wahre Lösung für das Problem lautet: Umdenken dringend erforderlich.
Ein Grund mehr, Familien, Unternehmen wie auch Schulen als Institutionen der Wertevermittlung mit noch mehr Elan für das Thema achtsamer Umgang mit Müll zu sensibiliseren, frei nach dem Motto: Prävention statt Ignoranz.
2006-03-29 by Anne Siebertz, Wirtschaftswetter
Text: © Anne Siebertz
Illustrationen ©aph
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