von Annegret Kempf
Weihnachten naht, die Menschen sind in Kauflaune, unter den Bäumen wird Platz für Unterhaltungselektronik gemacht. Die Trendsetter der Branche bemühen sich, die Kunden davon zu überzeugen, früher als – wie bislang üblich - alle zehn Jahre einen neuen Fernseher zu kaufen. Der Trend geht zu immer größeren Bildschirm-Diagonalen, die bis zu 260 Zentimeter erreichen. Inzwischen führen die Produzenten sogar die Schwächen der Vorgängergenerationen ihrer Geräte ins Feld, um zu beweisen, dass sie Neues und Besseres geschaffen haben, das zu kaufen sich lohnt.
Ein Hauptargument ist die schlanke Linie: Bislang sind nur fünf der 50 Millionen Geräte in den deutschen Haushalten flach. Das entspricht der weltweiten Zehn-Prozent-Quote für Plasma und LCD (Liquid Crystal Display).
Ein anderes der Preis: Bei LCDs bestimmen die Panels zu etwas 90 Prozent die Kosten. Diese Bildschirmtechnologie wird mit Tempo weiterentwickelt. Die Panel-Preise sinken deshalb im Monatstakt. Doch die Hersteller versuchen, den Abwärtstrend zumindest zu stoppen.
Ein 3. Argument liegt im Weihnachtsfrieden zwischen LCD- und Plasma-Displays: Noch vor wenigen Jahren wurden über ihre jeweiligen Vor- und Nachteile erbitterte Grundsatzdebatten geführt. Etwa über Einbrennmöglichkeiten, nachlassende Leuchtkraft oder Lebensdauer. Die Negativargumente von einst haben sich dank neu überdachter Techniken und Realitäten in vielen Punkten erledigt: Wen interessiert schon, ob ein Fernseher nach 30 oder 60 Jahren ein nicht mehr akzeptables Bild hätte? Nach zehn Jahren wird ihm, statistisch gesehen, sowieso das Bleiberecht genommen
Bildröhrenfernseher, von denen Grundig zur IFA 2005 eine letzte Serie einführte und deren Produktion Pionier Loewe mittlerweile völlig einstellt hat, vereinen einen geringen Preis mit großer Helligkeit, schönen Farben, unabhängigem Blickwinkel und robuster Technik. Doch sie sind schwer, brauchen eine große Stellfläche, flimmern und sind erschütterungsempfindlich. Zudem verblasst ihr Phosphor allmählich.
LCD-Geräten beispielsweise wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, dass Schwarz – vor allem bei seitlicher Betrachtung - nicht immer schwarz sei, weil die Flüssigkristalle noch Licht durchließen. LCDs hatten auch damit zu kämpfen, dass – im Gegensatz zu Plasma - Helligkeit und Farbschicht bei ihnen gesondert elektrische Impulse benötigten, was sich in Zeitverlust und Nachzieheffekten niederschlagen konnte.
Ein 4. Argument sind größere Reaktionsgeschwindigkeiten auf das Sendesignal: Diese zeigen jetzt fast alle LCDs. Fünf bis acht Millisekunden sind machbar. So verhindert beispielsweise die auf sechs Millisekunden reduzierte Pixelschaltzeit des Full-HD LCD-TVs AQUOS High Grade LC-37GE1E (94 cm) von Sharp Nachzieheffekte. Toshiba führt bei der REGZZA WL68/WLT68-Reihe die Bildverarbeitung Active Vision M100 ein. Sie tauscht die Bilder alle hundertstel, statt alle fünfzigstel Sekunde aus. Dadurch sollen ruckelige und unscharfe Bilder vermieden werden.
Hitachi entwickelte die In Plance Switching (IPS)-Technologie, um Mängel zu beseitigen, die den LCDs bislang nachgesagt wurden. Dank IPS stehen LCD-Fernseher von nun an qualitativ auf einer Stufe mit den bisher führenden Plasma-Fernsehern, sagt Richard Bass von der Hitachi Digital Media Group. Die neuen Modelle bieten mit einem Blickwinkel von 176 Grad den weitesten Betrachtungswinkel, den es für LCDs überhaupt gibt. Dadurch seien auch größere Bildschirme möglich.
Interessanterweise pochen besonders die LCD-Hersteller auf geringeren Stromverbrauch, dabei wurde der große Energiehunger vor allem Plasma-Geräten vorgeworfen. Mittlerweile setzt sich jedoch die Erkenntnis durch, dass LCDs konstant eine Hintergrundbeleuchtung benötigen, während die Plasma-Pixel dank neuerer Schaltungen nur dann erstrahlen, wenn beispielsweise Weiß gebraucht wird. So ergibt sich eine gewisse Nivellierung des Verbrauchs. Auch an Kontrastschwächen, die Folge eines Überhitzungsschutzes waren, wurde gearbeitet.
Ein 7. Kaufgrund ist der Mix-Trend: Samsungs LE-40M91B ist eine der ersten gelungenen Umsetzungen des neuen Anspruches, die Vorteile verschiedener Display-Technologien zu vereinen. Der 40-Zoll-LCD-TV LE-40M91B verwendet eine LED-Backlight-Technologie als Hintergrundbeleuchtung. Eine hohe Bildqualität mit einem sehr breiten Farbspektrum und dem hohen Kontrastverhältnis von 10.000 zu eins sollen unter anderem für ein authentisches Vergnügen, anstelle eines kunstvoll gefärbten Fernseherlebnisses, sorgen.
Argument 8 setzt auf Farbe: Viele eng aneinander gereihte, mikroskopisch kleine Spiegel und ein rotierendes Farbrad liefern bei Digital Light Processing (DLP)-Fernsehern eine Bildqualität, die Plasma und LCD mindestens ebenbürtig ist. Samsung stellte mit dem SP-56K3HV einen neuen 41 Zentimeter schlanken Star des breiten Farbenspektrums vor.
Für Kaufgrund 9 gehen manche Hersteller bei der Farbverbesserung über den üblichen Rahmen hinaus: Philips Umgebungslicht-System Ambilight ermittelt anhand der eingehenden TV-Signale einen Farbton fürs blendfreie Hintergrundlicht, der jeweils mit der Bildschirmsituation korrespondiert und den Fernseher an bis zu vier Seiten umgibt. Das soll den Augen helfen, sich zu entspannen und zugleich Details und Farben gut wahrzunehmen.
Während LCDs und Plasmas an ihren Verbesserungen basteln, werden die Farbnuancen manchmal ins Unrealistische gepowert. Beispielsweise, wenn ein Mittelmeerdorf, aufgrund von Farb-Optimierungen, aus rein-weißen Häusern, ohne jeden Verfärbungsschatten, besteht. Im boomenden Markt der Flachbildschirme ist nur das scheinbar Beste Trumpf: Deshalb wird kräftig investiert und Geräte der Konkurrenztechnologien zur Produktpalette dazu gekauft, damit man überall mitmischen kann.
Argument 10 setzt auf die Zukunft mit Blu-ray- und High Definition (HD)-Technologie. Mit den leistungsstärkeren Nachfolgern der DVDs können Filme in der ursprünglichen Kino-Geschwindigkeit und – Qualität gesehen werden. Wichtig sind Fernseh-Displays, die bei diesem Tempo mithalten und die Inhalte nicht langsamer darstellen, als sie die Discs hergeben würden. Also: Erst nachfragen, dann kaufen, oder im Zweifelsfall einen Gutschein schenken.
2006-12-14 by Annegret Kempf, Wirtschaftswetter
Text: ©Annegret Kempf
Illustrationen: ©Angelika Petrich-Hornetz
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