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Doc's Kolumne

Jugend

von Dr. Elisabeth Kärcher

Liebe Leserinnen und Leser,

haben Sie sich schon mal darüber Gedanken gemacht, warum und wann wir etwas für wertvoll halten und was wir bereit sind, dafür in Kauf zu nehmen? Die mittelamerikanischen Indianerstämme nutzten Gold gerne, weil es leicht zu bearbeiten war und den Glanz der Sonne widerspiegelte. So wertvoll, dass sie dafür Menschen opferten, war ihnen jedoch nicht das Gold, sondern das Trinkwasser.

In Indien liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei etwa 62 bis 65 Jahren. Alte Menschen sind kostbar. In der westlichen Welt idealisiert die immer älter werdende Erwachsenenwelt dagegen einen jugendlichen Zustand, mit dem Schönheit, aber auch Freiheit und Unbeschwertheit verknüpft werden. Und für dieses Gefühl opfern manche die Intaktheit ihrer Körpers, ohne dass eine Krankheit sie hierzu zwingt.

Wert entsteht ganz simpel aus Angebot und Nachfrage und im tieferen Sinn aus dem urmenschlichen Streben nach Glück. Am Ende entscheiden Gefühle, Sehnsüchte, Hoffnungen, Ängste, Gier und Tagträume weit mehr als nüchterne Abwägungen, welcher Preis gezahlt wird.

Für ein bißchen Glück, ja bereits für die Hoffnung auf dieses Glück sind wir Menschen grundsätzlich bereit, jede Grenze zu überschreiten. Dieser kleine Botenstoff-Impuls in unserem Gehirn beflügelt uns und treibt uns an. Er macht uns aber auch manipulierbar, egoistisch, grausam und dumm.

Nur ein starker Charakter, der ein Ausdruck einer inneren Ordnung ist, bewahrt uns davor, jeglichem Impuls nachzugeben und sich und andere zu zerstören. Dieses innere System ist uns nicht angeboren, sondern es reift über dreißig Jahre aus. Und besonders wichtig sind die ersten drei Jahre unseres Lebens.

Gerade in dieser Zeit benötigen Kinder Geborgenheit, Vertrauen, ordnende Grenzen, Liebe – und viele Erfahrungen in der wirklichen Welt. So sehr Kinder von der animierten und digitalen Welt fasziniert sind, so sehr schätzen sie die reale Welt, wenn sie diese einmal wahrhaft gekostet haben.

Im letzten Monat habe ich meine Mutter in eine Aufführung des Balletts an der Deutschen Oper Berlin eingeladen. Hinter uns saß eine Familie mit Kindern. Am Ende des ersten Aktes wirbelte das Tanzensemble in weißen glitzernden Tütüs als Schneeflocken über die Bühne. Plötzlich rief der Junge hinter uns mit aufrichtig beeindrucktem Staunen aus: „Das sind ja echte Menschen!“


2010-01-01 Dr. Elisabeth Kärcher, Wirtschaftswetter
Text : ©Dr. Elisabeth Kärcher
Fotos Themenbanner: ©Cornelia Schaible, aph, Ines Kistenbrügger
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