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IFA 2010: Ein digitales Schnullerthermometer und die Hochzeit von Internet und TV zum 50sten

IFA 2010 kurzgefasst

Die Internationale Funkausstellung ist nach der Vereinigung von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten größer denn je

von Annegret Handel-Kempf


Happy Birthday IFA! Mit einem Gala-Dinner im Palais am Funkturm feierten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und mehr als 600 geladene Gäste den 50. Geburtstag der weltweit führenden Schau für Unterhaltungselektronik, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Elektrohausgeräte. Die englische Indie-Band The Kooks stimmte unterdes im Sommergarten auf dem Messegelände das Publikum auf das Unterhaltungsprogramm der Internationalen Funkausstellung ein, die noch bis zum 8. September geöffnet ist.

Viel hat sich seit der ersten IFA 1924 getan: Der Fernseher ist seit ihren Kleinkindzeiten vom klobigen Nutzobjekt zum schmalbrüstigen Stilelement im designten Wohnzimmer geworden und gehört auch zur trendigen Küche fast ebenso selbstverständlich, wie in den 1970er Jahren die Pril-Blumen auf den Fliesen. Deshalb kamen die Aussteller 2008 auf die pfiffige Idee, mit Haushaltsgeräten die unterhaltungstechnisch leicht abgedrehte Dame fürs breite Publikum wieder interessanter zu machen.

Die Belohnung zum 50. der mittlerweile jährlich stattfindenden Industriemesse sind so viele Aussteller und ausgebuchte Flächen wie nie. Sie präsentieren dreidimensionales Fernsehen (3D) und Hybrid-TV, also die Nutzung von Internet-Diensten mit dem Fernseher, manchmal sogar am gleichen Stand mit überraschenden Haushaltshelfern. Bildschirme als multimediale Terminals werden sogar zum Bestandteil der Kühlschranktür. Besucher sollten schockresistent sein: Mit 3D-Brille auf der Nase kommen beispielsweise wilde Tiere erschreckend nahe. Die IFA ist eben immer für Überraschungen und sogar Weltneuheiten gut ... und wird immer mehr zum Dschungel verwirrender technologischer Bezeichnungen, Einsetzbarkeiten und von Produktnamen, die mit ihrem Kürzelsalat an „xy ungelöst“ erinnern.

Wir haben uns in den Dschungel gewagt und erklären die Highlights unterm Funkturm, von den Megatrends 3D und Hybrid-TV bis zum Schnullerthermometer.

Hochauflösend in der 3. Dimension

Mittendrin ist man beim Supertrend 3D. Wichtig: Fernseher und Zusatzgeräte müssen darauf ausgerichtet sein, den Zuschauer mitten ins Filmgeschehen hinein zu holen. 3D-fähige Blu-ray-Player, wie den Philips BDP8000 (Halle 22), setzen Kenner als digitale Medienplayer ein. Sie geben Inhalte von der PC-Festplatte wieder oder unterstützen Video-on-demand-Dienste. Für die Aufzeichnung von Filmen und Sendungen in Kino-Qualität kommt beispielsweise Samsungs erster 3D Blu-ray HD-Recorder BD-C8900 in den Handel.

Mehr 3D-Licht durch LED-Gelb

Mit ein bisschen Gelb als vierte LED-Farbe zu Rot, Grün und Blau machen Sharp und LG HD-Fernsehen besonders in der dritten Dimension bunter, Hauttöne natürlicher und Gold glänzender. Beim weltweit ersten 3D-Fernseher in Vier-Pixel-Technologie Quattron beschert die vierte Farbe den TV-Sendungen mehr Licht. Das wird dringend benötigt, da die fürs dreidimensionale Fernsehen aufgesetzten Shutterbrillen durch abwechselndes Abschalten des rechten und des linken Auges das Bild abdunkeln, zum Beispiel beim 60 Zoll-Gigant LE 8020E von Sharp.

Der schlankste Fernseher der IFA

Ein schlauer Rechner ist der CELL-TV von Toshiba, der mit aufwändigen Algorithmen blitzschnell 2D- in 3D-Inhalte umwandelt, ohne die Bildqualität zu mindern. Die 512 LED-Zonen der auf den ganzen Bildschirm verteilten Hintergrundbeleuchtung werden einzeln angesteuert, wovon der Kontrast profitiert. Seine schlanke Linie von weniger als fünf Millimetern verdankt der Luxusfernseher einer extra Mediabox, in der alle elektronischen Bauteile verstaut sind.

3D ohne Brille bei Sehschwäche

Am dreidimensionalen Fernsehen ohne TV-Brille wird bei Fraunhofer und anderen kräftig geforscht: Räumliches Sehen ist für Träger von Sehhilfen etwas problematisch, weil die Flüssigkristallgläser elektronisch auf undurchlässig schalten. Das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut zeigt in Berlin 3D-Displays mit elektronischer Augenverfolgung, die Brillen ersparen (Free2C_digital, TecWatch, Halle 8.1). Gibt es leider noch nicht zu kaufen.

HbbTV - Das Internet browst durch den Fernseher

Der 30 Jahre alte Videotext wird neu geboren: Mit Hybrid broadcast broadband TV (HbbTV), so heißt das Baby, werden browsergestützt Fernsehprogramme und Online-Mehrwertdienste auf dem Bildschirm dargestellt. Sogar interaktives Fernsehen ist möglich und einsetzbar bei Abstimmungen, Spielen oder Einkäufen auf Werbesendern. Der 3D LED TV C9090 von Samsung holt mit einem App aus Samsung@Internet eine verpasste Tagesschau doch noch auf den Bildschirm. Übrigens verwandelt der 7,98 Millimeter dünne Luxusfernseher auf Wunsch 2D-Bilder in dreidimensionale Erlebnisse und hat einen Extra-Fernseher in der Fernbedienung integriert.

3D-Filme aus dem Internet

Die dritte Dimension fehlt auch bei der Hochzeit von Internet und Fernsehen nicht: Der erste hybride HDTV-Satelliten-Internet-Receiver mit TV-Internet-Portal, der VideoWeb 600S, kann Filme in 3D per VideoOnDemand direkt auf den Flachbildfernseher holen. Er bringt den Nutzer beispielsweise zum ARD-Portal, wo er sich um eine verspasste Sendung kümmert. Außerdem streamt VideoWeb Web TV-Sender direkt und live aus dem Internet.

Ein Notebook als Zeitung

Viel mehr als ein eBook-Reader ist das Libretto W100 von Toshiba, das weltweit erste Dual Screen Notebook, das mit Windows 7 arbeitet. Hält man die zwei Displays des Notebooks senkrecht, lassen sich Artikel wie in einer Tageszeitung aus Papier lesen. Nutzt man ein Display als virtuelle Tastatur, zeigt das andere das Dokument, die Email oder den Facebook-Eintrag an, die man gerade schreibt. Stellt man auf beiden Displays verschiedene Dokumente dar, lassen sich Passagen davon per Berührung mit einem Finger hin- und herschieben.

HD-Fernsehen aus der Steckdose

Der Router steht durch mehrere Betondecken vom Wohnzimmer getrennt im Büro. Unten zeigt das hochauflösende Fernsehen merkwürdige Stolperer und Verzerrungen. Eine neue Generation von Heimnetzwerken aus der Steckdose macht damit Schluss: Mit Hochgeschwindigkeiten von 500 Mbit/s kommt beispielsweise der Powerline AV+ 500 Adapter Kit XAVB5501, mit integrierter Steckdose, von Netgear (Halle 12/122) im Herbst auf den Markt.


Die „Weiße Ware“ rund um Haushaltsgeräte wartet bei der Geburtstags-IFA mit überraschenden Komfort-Merkmalen auf, die Zeit für 3D-Abenteuer und fürs Feiern lassen.

Die Küchenmaschine als Koch

„Eine moderne Küchenmaschine sollte sogar kochen, dämpfen und garen können“, heißt es bei Kenwood zum Cooking Chef, der durch eine Induktionskochplatte zu Höchstleistungen inspiriert wird. Saucen gleichmäßig, in Intervallen rühren, ist dort nicht der Job des menschlichen Hobby-Kochs, sondern der Küchenmaschine, deren Temperatur auf 20 bis 40 Grad Celsius einstellbar ist. Da gelingen Hefeteige und schwierige Saucen, auch wenn man gerade anderweitig unterhalten wird.

Den einzigen Backofen der Welt, der automatisch die richtige Beheizungsart, Temperatur und Garzeit einstellt, und zum Essen ruft, wenn das Gericht fertig ist, bringt AEG mit dem CuliSense B 9878-5 zur IFA mit. Der eigentliche Koch gibt lediglich Kategorie und Art der Speise per Fingertipp ein, den Rest erledigen Sensoren.

Kühlschränke mit Unterhaltungswert

Samsung vertreibt die Zeit an der Gefrierkombination RL-55VQBRS mit farbigen LCD-Displays, auf denen man per Berührung die Temperatur kontrollieren, Fotoalben durchblättern oder Nachrichten hinterlassen kann, damit der Kühlschrank immer gut gefüllt bleibt. In Asien erprobt der Hersteller das Herunterladen von Rezepten am Tür-Display.

Um die Langlebigkeit der Lebensmittel sorgt sich Hightech, die in Kühlschränken mit extra viel Platz, dank dünner Außenwände, die gelagerten Massen frisch halten soll. Bei der LG-Gefrierkombination GB7143A2HZ machen grüne und andere LED-Lämpchen dem jungen Gemüse in der Vita Light Zone vor, es befände sich in natürlichem UV-Licht: Damit es auch dann noch schmeckt und vitaminreich ist, wenn anderes Grünzeug schon drei Wochen lang alt aussieht. In der Fresh-Zone des GB7143AERZ halten Fisch und Fleisch nahe Null Grad dreimal länger, als in wärmeren Gefilden.

Wem das alles immer noch zu heiß ist, der freut sich über den DysonAir Multiplier Standventilator AMO3 (ab Frühjahr 2011), der Luft um das 18-fache verstärkt wieder abgibt – ganz ohne Rotorflügel und zur Kühlung von Büroräumen und Wohnzimmern ohne Klimaanlage ausreichend.
Arbeit ersparen indes Samsungs Staubsaugerroboter: SR-8855 und SR-8845 düsen allein durch den Raum.

Tankstelle und iPod für die Waschmaschine

Alle zwei Wochen werden die Waschmittelkammern der iQ 700 Master Class mit i-Dos von Siemens betankt: Die Waschvollautomaten messen mit Hilfe von Sensoren, wie viel Flüssiggel sie für welche Mengen und Materialien benötigen und holen es sich Milliliter genau. Waschmittelersparnis: rund 50 Prozent, plus Reduzierungen beim Wasser- und Strom-Bedarf. Sensoren der Weltneuheit messen sogar die Verschmutzung der Kleidung. Ein sanftes Automatikprogramm, plus eines für strapazierfähige Textilien, reduziert Überlegungen und Verantwortung beim Füllen der Trommel zudem erheblich.

Das vernetzte Haus steht bei Siemens-Hausgeräte im „Stand-by-Modus“, so Geschäftsführer Roland Hagenbucher, wo es gemütlich vor sich hin schnarcht und mit fertigen Produkten auf die bislang nicht vorhandene Nachfrage wartet. Hagenbucher: „Sie müssen, wenn Sie waschen wollen, die Wäsche immer noch selber in die Waschmaschine packen. Und das können Sie nicht mit vernetzten Geräten oder mit einer Technologie von außer Haus erledigen “.

Andere setzen gerade darauf, dass ihnen die mit dem Internet vernetzte Waschmaschine via Smartphone erzählt, dass aktuell der Strom besonders billig ist und sie sich nach einem „OK“ gerne auf die dreckigen Klamotten stürzen würde. AEG ist ein Vorreiter beim so genannten Smart Grid. Miele lässt Trockner und Waschmaschine ganz cool von unterwegs via iPod touch sowie mit dem iPad von Apple anstellen. In Nordrheinwestfalen wird von RWE und Miele Ende des Jahres ein Test der Geld-Spar-Technologie gestartet.

Tigerente für Ruhe und Gesundheit

Inhalatoren, wie der JIH 50, und andere Baby-Pflegeprodukte kommen bei Beurer im Tigerenten-Design daher, damit sich die Kleinen ohne Murren umsorgen lassen und das digitale Schnullerthermometer FT 22 mit Janosch-Motiv in den Mund stecken.
Für einen ruhigen Schlaf bei Eltern und Kind sorgt das Video-Babyphone JBY100 (ab Oktober), das Schlaflieder ans Kind übermittelt, jeden Laut der Kleinen einfängt und mit einer Kamera sogar im Dunkeln klare Bilder des Babys macht und an die Eltern schickt.


2010-09-07, Annegret Handel-Kempf, Wirtschaftswetter
Text: ©Annegret Handel-Kempf
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