von Angelika Petrich-Hornetz
Die so genannte schleichende Verdummung ist ein dankbares Gesprächstthema, schließlich taucht sie überall auf und wechselt auf dem Parkett aktueller Aufmerksamkeit wie das Wetter. Bücher wie Generation Doof werden zu Bestsellern, Autoren und Lektoren versuchen abnehmender Lesefähigkeit mit Vereinfachung entgegenzuarbeiten, Vergleichstest in Schulen fallen in einigen Bundesländern und Regionen geradezu dramatisch aus.
Doch wer war zuerst da? Das Huhn oder das Ei? Dementsprechend kontert die andere Seite: Wenn Erwachsene ein immer schlechteres Vorbild abgeben, dürfen sie sich auch nicht über die ihnen so ähnliche Jugend wundern.
So scheint es müßig, darüber nachzudenken, wer nun dafür verantwortlich ist, obwohl gerade die einfachsten Rezepte, und darunter auch noch die dümmsten, sofort in den Bestseller-Listen landen, was auch nicht gerade für baldige Verbesserungen spricht. Es bleibt nur das magere Ergebnis übrig, dass die Qualität leidet, wobei auch der Zwang, immer billiger zu produzieren, sogar im Bildungsbereich, bestimmt keine kleine Rolle spielen dürfte.
Interressant zu beobachten ist jedoch, wo sich inzwischen überall Qualitätsmängel bemerkbar machen. Sogar beim Licht - zum Leidwesen von Augen und Ästhetik. Während in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten eine gute Ausleuchtung eher eine Frage der technischen Entwicklung war, ist heute eigentlich alles vorhanden, was das Beleuchter-Herz begehrt. Trotzdem wird das Auge, ohne Not, wieder gequält.
In Haus und Wohnung hat sich die Beleuchtungslage allerdings inzwischen etwas entspannt. Die in den vergangenen Jahren noch beliebten, sperrigen Scheußlichkeiten individueller oder maschineller Lampenfertigung haben offenbar endlich ausgedient. Formen und Materialen passen sich den Wünschen der Nutzer, Kunden und den daraus hervorgehenden Ausstattungstrends zu schlichter Eleganz und einer Art natürlicherem Einfallsreichtum an. In behaglichen, gut und schön ausgeleuchteten Räume lässt es sich nun einmal auch besser leben. Licht und Lampe sollen in dieses Konzept passen.
Komplizierter als ein Wohnzimmer ist die Beleuchtung von großen Gebäuden, Bühnen, Stadien oder auch TV-Formaten. Dort gilt anscheinend immer noch, dass geklotzt und nicht die Wirkung überprüft wird. Das Ergebnis ist häufig ein Gewitter unterschiedlichster Lichtquellen, das die Augen von wahlweise Kunden, Mitarbeitern oder Zuschauern blendet. Filme, Videos oder auch Live- und TV-Shows scheinen sich gegenwärtig darin überbieten zu wollen, ihre Inhalte möglichst grell beleuchtet zu vermitteln, was hoffentlich nicht auf die Inhalte schließen lässt, die es möglicherweise lediglich zu übertünchen gilt. Aus massenhaft und pausenlos eingesetzten Lichteffekten wird jedoch zwangsläufig ein bunter Einheitsbrei.
Dass auf Bühnen, in Räumen, Filmen und Shows zu viel Inhalt verwirrt, hat sich herumgesprochen. Dass die Kunst des Weglassens aber auch für Lichtquellen und Lichtfarben gilt, offenbar noch nicht. Folge: Der diesem Licht- und Farbendonner ausgesetzt Betrachter sieht tatsächlich immer zweidimensionaler. Sein Auge erfreut sich dagegen an gewagten Betonungen - sowie an den Auslassungen - oder einer gedämpften Ausleuchtung, die leider meist älteren Entstehungsdatums und, zugegeben, auch noch komplizierter hinzukriegen sind, als es aussieht.
Sind also auch die Beleuchter dümmer geworden? Wird zu billig produziert? Haben wir verlernt zu sehen, wie wir verlernt haben zu lesen? Oder gehört die Kunst, mit Licht einen dreidimensionalen Raum zu schaffen, Akzente zu setzen und das Auge zu leiten angesichts von 3D und Co inzwischen der Vergangenheit an? Schade!
2010-10-01 Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
Fotos Themenbanner: ©aph
Illustrationen: ©Angelika Petrich-Hornetz
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