von Dr. Elisabeth Kärcher
Liebe Leserinnen und Leser,
als Ärztin komme ich aus einem fehlersensiblen und entsprechend fehlerängstlichen Bereich. Und oft genug folgt daraus die Reaktion, auch die winzigsten Fehler um jeden Preis vermeiden zu wollen. Dies jedoch treibt den Perfektionismus in eine Höhe, die überdurchschnittlich viel Energie verschlingt und deshalb den Blick für das Wesentliche eintrübt.
Kreativität, Reaktionsgeschwindigkeit und Entscheidungsfähigkeit sinken. Gute Lösungen werden übersehen. Es gibt einen schmalen Grad zwischen sehr gut und übermenschlich gut sein zu wollen und gerade deshalb nicht mehr gut sein zu können. Es wundert nicht, dass Ärzte unter Akademikern eine der höchsten Selbstmordraten haben.
Dabei sind gerade die alten, für ihre Erfahrung geschätzten Ärzte diejenigen, die auf Fehler zurückblicken können. Denn genau die Bearbeitung von und das Lernen aus Fehlern trägt zu den wertvollsten Erfahrungen bei. Dies ist echtes Wissen, keine bloße Anhäufung von Informationen.
Mittlerweile haben alle guten Wissensmanager, die in der Digitalisierung die Chance witterten, Wissen aufbewahren zu können, verstanden, dass sie in Datensätzen nur Informationen speichern können. Wissen ist dagegen untrennbar mit der Persönlichkeit eines Menschen verbunden. Der altgriechische Ursprung für Wissen meint eigentlich Erkenntnis und ist das Ergebnis von Erfahrung.
Wer diesen Schatz in seinem Unternehmen, seinem Verein oder seiner Familie wachsen lassen will, braucht eine gute Fehlerkultur. Der Knigge zeigt, es ist eine Frage des Stils.
Aber ich bin mir sicher, dass es auch eine Frage der Gesundheit ist. Eine gute Fehlerkultur ist der beste Schutz vor Depressionen, den ein Unternehmen leben kann. Auch ein Unternehmen Familie.
2011-01-10 Dr. Elisabeth Kärcher, Wirtschaftswetter
Text : ©Dr. Elisabeth Kärcher
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