von Annegret Handel-Kempf
Mein iphone, mein e-car… So sieht Rolf Schumann, seines Zeichens Wegbereiter für „better place“ in Deutschland, die nahe Zukunft des PKW-Verständnisses. Der 2007 von Ex-SAP-Manager Shai Agassi gegründete Mobilitätsanbieter „better place“ will - wie das Apple-Telefon – mit Mehrwertdiensten im Massenmarkt punkten.
Im Interview gibt Schumann ein Beispiel: „Von zuhause gibt der Partner ein Rezept in die Fahrzeugsoftware des E-Cars durch. Das Auto dirigiert den Fahrer in die passenden Geschäfte zum Einkaufen der ‚Hardware‘, also der Zutaten.“
Die Idee dahinter: Ein Elektroauto muss mit intelligent kommunizierender Software ausgestattet sein, damit ihm nie die Energie ausgeht. Dieses IT-Hirn lässt sich auch in Fahrzeugen, die nicht zur Premium-Klasse gehören, für „so viele sexy Features“ nutzen, wie der Deutschland-Chef schwärmt. Das von Schumann erhoffte Resultat: „Erst sagt jeder: ‚Brauche ich nicht, und dann will es keiner nicht mehr haben.“ – Zumal auch automatische Rettungsrufe in Notfällen dazugehören.
Doch zunächst geht es ums Fahren. In diesem Jahr startet in Israel das neuartige Konzept, zum gleichen Monatspreis, wie man ihn für Benzin bezahlt, beim Dienstleister better place Mobilität einzukaufen. „Andere Länder werden folgen. Ich bin mir sicher, auch Deutschland“, sagt der Deutschland-Chef.
So wie ein Handy durch einen Mobilfunkprovider kommunikativ wird, macht der Mobilitätsdienstleister das Elektroauto beweglich – von der Batterie, über das Laden, bis hin zum Fahrassistenten mit Erinnerungsfunktion. Wie künftig in Dänemark, Australien, San Francisco, Hawaii und Ontario soll ein flächendeckendes Netz aus Ladestationen und vollautomatischen Batterie-Wechselstationen die PKWs vor dem Liegenbleiben bewahren.
Der Strom kommt grundsätzlich aus umweltfreundlich betriebenen Solar- und Windkraft-Anlagen. Auf langen Strecken wird die Batterie an den Wechselstationen vollautomatisch aus dem Fahrzeugboden gelöst und durch eine vollgeladene ersetzt: „Das dauert kürzer als einmal volltanken“, verspricht Schumann.
„Zwischen Januar und Juli 2012 wird Deutschland bei better place reingehen. Der Anstoß kommt durch die IAA. Unsere Idee wird gebraucht“, prognostiziert der Projekt-Wegbereiter. „Lassen wir den Markt entscheiden. Wir müssen Fakten schaffen.“ Seine Ambition: „Wir könnten auf einen Schlag 50 Prozent des Öls sparen, wenn wir Fahrzeuge haben, die ohne Benzin fahren.“
So wie man bei seinem Handyvertrag nur zahlt, was man vertelefoniert hat, kauft der E-Auto-Besitzer 40 000 Kilometer Mobilität ein, zu einem Preis, der keinen Schwankungen unterliegt. „Der Nutzer zahlt für Reichweite. Das ist ein Wechsel gegenüber dem Benzinverbrauch.“
Gefunden haben die Leute von better place eine geeignete Technik für einen Ein-Minuten-Wechsel, und zwar in der Flugzeugindustrie. Außerdem ein geeignetes Fahrzeug, nämlich den Renault Fluence, der in Deutschland für 22 000 Euro verkauft werden soll. Ergänzt wird beides durch das Geschäftsmodell mit einem Preis, der durchschnittlichem monatlichem Tankaufwand entspricht.
Heraus kommen sollen ähnlich komfortable Lösungen wie heute, wobei den Autofahrer gleiche oder gar billigere Kosten erwarten. Ladesäulen werden für Alltagsfahrten mit bis zu 150 Kilometern Reichweite zuhause, in der Arbeit und an öffentlichen Parkplätzen bereit stehen. Wenn das auf langen Fahrten nicht reicht, wird die Batterie unterwegs in einer Art Waschstraße automatisch gewechselt.
2011-04-01 Annegret Handel-Kempf, Wirtschaftswetter
Text: ©Annegret Handel-Kempf
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