von Annegret Handel-Kempf
Hochdruckreiniger für die Zähne, Kühlschränke, die von zwei Seiten zu öffnen sind, Wäsche, die mit 20 Grad gewaschen wird, Locken, die zu Achtern gedreht werden, Staubsauger-Roboter, die sich selber entleeren und Bürostühle, die einen heimlich massieren… Die Internationale Funkausstellung, die vom 2. bis zum 7. September in Berlin Neuheiten präsentiert, hat auch jenseits von Unterhaltungselektronik Spannendes und Skurriles zu bieten – sogar in 3D.
Marmelade im Backofen kochen? – Wird auf dieser Funkausstellung zur Realität: Der Pangourmet EOB 2071 von De’Longhi kann das, wenn er nicht gerade alleine Brot- oder Kuchen-Teig rührt, aufgehen lässt und bäckt. Auch Pizza-Backen, Schweinebraten fertig garen und grillen übernimmt er mit seinen zwanzig Programmen besonders gerne im Single-Haushalt.
Passend zur IFA-Unterhaltungselektronik dreidimensional gestimmt, versieht Siemens seine Backöfen mit Teleskop-Auszügen 3.0: Die Backbleche rasten durch Arretierung ohne Fummelei auf Teleskopschienen ein.
Kochen und Haushalt sollen einfacher und schneller werden – ein Trend, der nicht direkt überrascht, aber doch nette Helferversuche zu Patenten bringt. Chemie, Temperatur, Zeit und Mechanik sind die Komponenten des Sinnerschen Reinigungskreises, von denen es mal vom einen, mal vom anderen ein bisschen mehr oder weniger sein darf. Chemie mag die Umwelt nicht, Zeit hat angeblich keiner zu verschenken: Also experimentieren die Hersteller mit Temperatur und Mechanik.
Kärcher entzückte zur vergangenen IFA Hausfrauen und –männer mit einem Fenstersauger, der das Schmutzwasser aufschlurtscht, bevor es Tropfen- und Laufspuren hinterlässt, dabei gerne selber mit seinem Gummi ein wenig herumschmiert. Ein Fensterputzroboter ist er also nicht, allerdings ein Helfer, der in Kombination mit ordentlich viel Putzwasser und Microfasertüchern den Weg zu sauberen Fenstern erleichtert. Die Fenstersauger aus dem Schwabenland sind nach wie vor so begehrt, dass nicht nur neue Fertigungsstätten in Deutschland dafür gebaut werden müssen, sondern Kärcher zur IFA 2011 mit einem weiteren Wundergerät für den Haushalt nachlegt. Der Dampfreiniger SC 6810 ist nach einmal drei Minuten lang Aufheizen dauerhaft wieder mit Wasser nachfüllbar, damit das ganze Haus ohne Pausen geputzt werden kann. Seine Energie wird fast komplett zur Reinigung genutzt, 99 Prozent davon in Dampf verwandelt. Weil in Familien mit Kindern öfter mal Brei, Ei und Undefinierbares zementartig an den ungewöhnlichsten Stellen kleben, haben die schwäbischen Erfinder eine Turbo-Stufe eingebaut, die den Dampf durch einen scharfen Heißwasserstrahl ergänzt, der sogar Tapetenkleister und eingetrocknete Fingerfarben entfernt. Leider löst das Gerät nicht die Frage, wo das schnell ablaufende Schmutzwasser bleiben soll, bevor es Dreckpfützen auf Teppichböden oder ähnlichen Folgeärger produziert. Vielleicht kann hier wiederum der Fenstersauger zum Einsatz kommen.
An Hochdruckreiniger wagt sich jetzt auch Philips, jedoch in sanfter Version für die Zahnzwischenräume. Der Sonicare AirFloos pustet mit 70 Kilometer pro Stunde durch die Zähne, braucht maximal 60 Sekunden für den gesamten Bund.
Nach Web 2.0 kommt bei LG Waschen und Trocknen 2.0: Satte 30 bis 40 Prozent mehr Fassungsvermögen hat die Trommel des Family Washers, der trotz Standardaußenmaßen zwölf Kilogramm Schmutzwäsche, beziehungsweise acht Kilogramm Trocknerwäsche, bewältigt. Zuversichtlich gibt das Unternehmen zehn Jahre Garantie auf den Motor, da ein Smart Diagnosis System loszischt, sobald eine Fehlermeldung angezeigt wird. Es schickt eine Tonfrequenz an die Hotline, was an ein altes Faxgerät erinnert. Die Tonfolge hilft der Hotline, extrem schnell zu analysieren, was passiert ist, wo der Fehler liegt. Über eine App auf seinem Smartphone kann der Kunde auch selbst feststellen, wo es hakt: Vielleicht ist das Problem nur ein Bedienfehler. Noch mehr Dampf steckt übrigens in den Geschirrspülern des Unternehmens: Die heißen Schwaden sollen eingetrocknete Essensreste viel besser als Wasser und Spülmittel lösen.
Den Traum vom Kleidungsschonenden Schaum, der Schontrommeln abfedert und Textilien 40mal schneller als nicht aufgeschäumtes Waschmittel durchdringt, bringt Samsung mit der Schaum Aktiv Waschmaschine WF-71284 zur IFA mit. Bei 20 Grad gewaschene Wäsche soll genauso sauber werden wie bei 40 Grad ohne Schaumdüsen durchweichte. Versprochener Nebeneffekt: Eine Energieersparnis von bis zu 70 Prozent. Eine Funktion, die die Maschine mit herkömmlichem Reiniger im gleichen Programm entkeimt, soll das Waschen bei nur 20 Grad hygienisch gestalten.
Auch die Geschirrspüler des Unternehmens verzichten mit Eco-Dry auf starkes Hochheizen. Bei Siemens und weiteren Unternehmen werden die 45er-Geschirrspüler den Fähigkeiten der normalbreiten 60er-Spüler angepasst, um mit sparsamem Wasserverbrauch, leisem Motor und einer dritten Beladungsebene dem neuesten Standard zu entsprechen.
iDos hat nichts mit Äpfeln zu tun, sondern mit Waschmaschinen, die selbst dosieren, wie viel Waschmittel sie aus ihrer Vorratskammer abholen: Bosch will mehrere Geräte mit Dosier-Intelligenz auf den Markt bringen, Siemens die iQ 800 Masterclass mit verbessertem iDos, einem extra-breiten Bullauge, Bedienung in drei Schritten von links nach rechts und A-Triple-Plus-Energieeffizienz: Waschpflege-Automaten sind der größte Markt innerhalb der Haushaltsgeräte in Deutschland. Siemens-Geschäftsführer Roland Hagenbucher über die IT-Zukunft des Waschens: „Sie müssen, wenn Sie waschen wollen, die Wäsche immer noch selber in die Waschmaschine packen. Und das können Sie nicht mit vernetzten Geräten oder mit einer Technologie von außer Haus erledigen.“
Das 125 Jahre alte Unternehmen Bosch, dessen Produkte dank gemeinsamer Entwickler-Abteilung denen von Siemens täuschend ähnlich sind, hat mehr als 20 Kühlgeräte mit Triple-Plus- Bewertung in seinem Programm, die gegenüber A+ +nochmal die Hälfte der Energie sparen.
Die weltweite Nummer 1 bei Kühlgeräten, Haier, ein Joint Venture aus Liebherr und einer chinesischen Firma, fährt bei Kühl-Gefrierkombinationen, wie der French Door mit extrabreitem Kühlraum, auf Dreidimensionales ab: Die 3D-Gefrierschubladen laufen ganz bequem auf Leichtlauf-Teleskopschienen. An das Gefriergut kommt man auch von außen ran, muss also nicht die Schublade rausziehen und die Kälte raus lassen.
Schön bunt ist das neue Glas-Design, beispielsweise als Option bei dreitürigen Gefrierkombinationen, bei denen das Mittelteil wahlweise als Kühl- oder Gefrierfach nutzbar und von plus fünf bis minus 18 Grad Celsius individuell verwendbar ist. Die Idee: „MyZone“ wächst mit der Familie und ihrem zunehmenden Bedarf nach Extra-Platz beim Kühlen oder Gefrieren, beziehungsweise nach Stauraum für cremiges, nicht zu kaltes Eis. Auch Siemens zeigt Glasfronten.
„Wo bin ich?“ spielt Sharp mit Hungrigen, die sich bei Tag oder Nacht vor den in Schwarz und Silber gestalteten Kühlschränken SJ-WS360T und SJ-WS320T einfinden: 3D heißt hier, dass sich die Tür nach Lust und Stehplatz nach links oder rechts öffnen lässt - mit der Garantie, dass dem Öffnenden die Tür nicht auf den Kopf fällt, da das Scharnier zuverlässig einklinken soll.
In der Zeitung steht ein interessanter Termin und kein Kugelschreiber liegt herum: Die nach Unternehmensangaben weltweit erste Scanner-Maus hilft weiter. Die LG LSM-100 fährt die gewünschte Textstelle, oder auch ein Foto ab, kopiert alles, was unter ihrem Bauch liegt und überträgt es auf den PC, von dem die Info direkt weiter getwittert oder in andere Social Networks gebracht werden kann. Da die Maus so intelligent ist, eine Zeichenerkennung zu haben, gelingt auch direktes Einfügen in Word-Dateien.
In der einen Hand die Maus, in der anderen eine aromatische Tasse Kaffee, in sich das gute Gewissen: Die Philips Senseo Viva Café Eco ist die erste Designer-Kaffeemaschine aus recycelten Materialien, hergestellt aus 50 Prozent Recyclingkunststoff. Ist sie mal am Ende, sind alle ihre äußeren Kunststoffe zu 100 Prozent recycelbar.
Die richtige Temperatur für jedes Getränk oder die Salatsauce, beispielsweise kochend-heiß für schwarzen Tee, liefert der Filtrino FastCup von Bosch, der in England schon sehr beliebt ist. Ebenfalls der Umwelt zuliebe tassengenau, mit immer frisch gefiltertem Wasser.
Wem die Putzfee fehlt, der kann seinen Staubsauger-Roboter losschicken: Infrarot- und Ultraschallsensoren, Kameras nach oben, unten, vorne, diverse Reinigungsprogramme und ein gutes Erinnerungsvermögen an die Stelle, an der er seine Schmutzschlemmerei unterbrochen hat, sorgen dafür, dass er ohne Anecken nur das einsaugt, was weg soll, so beim Hom-Bot 2.0 von LG. Bei seinem Bruder von Samsung, dem NaviBot Silencio, der sich einen genauen Raumplan erstellt, sieht man genau, was er in seiner Schmutzkammer bunkert. Ein hinter der Reinigungsbürste befestigtes Mopp-Reinigungstuch soll das Nachwischen ersparen. Die nächste Generation, der NaviBot Max, will seinen Dreck sogar selbst entleeren, wenn man dem flachen Helfer, der gut unter Schränke und Betten kommt, so weit vertraut. Der RoboCleaner RC 4.000 von Kärcher kann das schon, lädt auf seiner Basisstation, zu der ihn ein Infrarotstrahl zurückleitet, auch gleich seine Akkus auf.
Wie wäre es mit einer Shiatsu-Massage, während der Staubsauger arbeitet? Die gibt es zusammen mit einer auf einen Stuhl zu legenden Matte. Doch bei Beurer ist das teuerste Wellness-Gerät das Meistverkaufte, ähnlich dem Markt bei Kaffeevollautomaten. Nackenmassagen bieten bereits die mittelteuren Auflagen und Stühle. Sie sind in Kombination mit der Wipp- und Durchboxfunktion des neuesten, um 360 Grad drehbaren, zusammenklappbaren Wohnzimmerstuhls eine echte Wohltat: Der MC 3000 HCT-home wippt mit einer dreidimensionalen Bewegung entlang der Wirbelsäule und bewirkt mit dieser 3D-Massage eine ordentliche Rückenentspannung. Sitzfläche und Fußteil vibrieren einstweilen. Das Rückenkissen ist abnehmbar und waschbar. Komplett in die Wohlfühlmangel nimmt den Gestressten für maximal 15 Minuten täglich der MC 5000 HCT-deluxe-Stuhl mit Waden-, Fuß- und Sitzmassage, der wie ein kunstlederner Fernsehsessel aussieht und den entspannungsbedürftigen Menschen in seiner Körperhaltung mit Drucksensoren vermisst, bevor er ihn sanft durchnudelt.
Von Shiatsu-, Klopf-, Knet-, Roll- und Luftdruckmassage, über zuschaltbare Licht-und Wärmefunktionen, bis hin zur tiefenwirksamen 3D-Massage haben die verschiedenen Stuhlvarianten des Ulmer Familienunternehmens einiges zu bieten: Wie schön, dass die dreidimensionale Massage so gut zu den neuesten 3D-Fernsehern der IFA passt.
Platzsparend gibt es die 3D-Massage mit vier rotierenden Shiatsu-Massageköpfen und 3D-Wipptechnik auch als Massagesitzauflage MG 290 HD-3D mit Nackenmassagekissen, die mit einem Bügel in den Kleiderschrank gehängt werden kann. Als komfortabler Bürostuhl getarnt ist der MC 2000 HCT-office, der zwischendurch massiert, entspannt und wieder in Schwung bringt.
Letzteren Zweck bei den Haaren erfüllen neue Lockenstäbe: Wahlweise von Bosch, unter dem Motto „Lasst Locken rocken“, die beispielsweise mit der Weltneuheit S-Waver in fünf Heim-Minuten statt einer halben Hairdresser-Salon-Stunde zu Achtern gedreht werden sollen. Star-Friseur Udo Walz dreht derweil professionelle Lockengestalter in Richtung Heimanwendung, wo diese Beurer-Geräte ebenfalls den In-Look kreieren. Wer alle 25 Haarpflege-Produkte aus der neuen Udo-Walz-by-Beurer Linie in seinem Badezimmer hat, dem dürfte nichts mehr zum Verschönern fehlen – höchstens Haare, denn das Drehen strapaziert. Der Multi Style Creator B7 300 lockt nicht nur, sondern glättet auch. Der High Performance-Lockenstab G 10 900 stylt mit 210 Grad Celsius dreierlei Lockenvarianten, die durch die Behandlung auch besonders geschützt sein sollen. Männer werden ihren Bewuchs mit dem Haarschneider HC7 200, mit besonders starkem Motor, los.
Noch etwas für effiziente Herren, denen nicht nur für den Haushalt die Zeit fehlt: Am Notebook kann Mann, aber auch Frau, unterwegs die Elektrozahnbürste Sonicare Diamond Clean von Philips laden, die sich zuhause via Induktion ihre Energie aus dem mitgelieferten Zahnputzglas holt. Parallel gibt es das Neueste vom Sport zu sehen und zu hören aus einem eindeutigen Fußballradio, dem Philips 9011 Digitalradio mit Textzeilen, gebaut in Kooperation mit dem Radiosender 90elf. Und für die Jüngeren unter den Herren präsentiert Philips in Berlin SHO9567 O’Neill Stretch-Kopfhörer im Used Look, passend zum Abgeschabt-Trend der Skateboards, damit die Jungs eine gute Ausrede haben, wenn sie den Müll hätten raustragen sollen.
2011-09-02, Annegret Handel-Kempf, Wirtschaftswetter
Text: ©Annegret Handel-Kempf
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