von Susanne Hagedorn
Zuerst einmal darf ich mich kurz vorstellen: Meine Name ist Stevia, Stevia rebaudiana Bertoni. Aber der Einfachheit halber lassen wir es bei Stevia.
Ich komme aus Paraguay und dort werde ich für vielerlei Zwecke eingesetzt. Hier kennt man mich schon seit Jahrhunderten und weiß um meine Wirkung. Als „Medizin“ habe ich meinen Platz bei den Guarani-Indianern. Von den Indios werde ich bei Diabetes, Schwäche, Verdauungsstörungen und bei anderen Wehwehchen und Krankheiten eingesetzt.
Dass ich auch süß schmecke, das war für die Indios zweitrangig - ein positiver Nebeneffekt.
Erst Herr Bertoni, durch den ich meinen Namen bekommen habe, hat die Süßkraft in den Vordergrund geschoben. In eurer Sprache werde ich „Honigblatt oder Süßkraut“ genannt.
Schon lange stand ich in den Regalen von Bio-Märkten, aber es war verboten mich als Süßungsmittel zu verkaufen. Um mich trotzdem zu Geld machen zu können, klebte man mir halt Etiketten mit der Bezeichnung „Badezusatz“ auf die Flaschen, damit ich trotzdem den Weg aus dem Regal in die Haushalte nehmen konnte. Für mich eine verkehrte Welt. Was soll an einer Pflanze wir mir, die schon seit vielen hundert Jahren genutzt wird, gesundheitsschädlich sein?
Ich glaube, da hatte jemand Angst vor mir. Bei euch in Europa gibt es ja noch den Rübenzucker und andere Süßungsmittel, die schon seit langer Zeit verkauft werden und ihren Herstellern Einkommen bringen. Bin ich eine Konkurrenz? Nein, finde ich nicht, denn geschmacklich könnt ihr mich nicht 1:1 mit dem Zucker vergleichen. Auch der Umgang mit mir will gelernt sein. Warum? Meine Blätter sind im Vergleich zum Rübenzucker 20 bis 30 Mal so süß und mein süßender Inhaltsstoff, das Steviosid, ist in reiner Form sogar 150 bis 350 Mal süßer als Rübenzucker.
Seit Dezember 2011 darf ich jetzt auch in der EU als Süßungsmittel eingesetzt werden. Aber schon lese ich die ersten negativen Berichte in der Zeitung: Diabetiker werden vor Gefahren gewarnt. Das macht mich ein bisschen traurig. Im Moment macht mir die ganze Situation auch ein bisschen Angst. Werde ich so bleiben wie ich bin und wird man in mir nur ein Mittel zum Geldverdienen sehen, wie es vielen meiner Pflanzen-Artgenossen bereits passiert ist?
Ich kann nur abwarten und darauf hoffen, dass sich die Menschen, die mich und meine Wirkung nutzen möchten, nicht nur von bunten Werbeflyern und vollmundigen Versprechungen verführen lassen. Bleibt bitte kritisch und informiert euch bei denjenigen, die mit mir schon lange Erfahrungen gesammelt haben. Übers Internet finden sich, wie immer, nämlich sowohl seriöse als auch unseriöse Informationen und Produkte.
Ich selbst bin nur eine kleine Pflanze, die sich auf den Weg gemacht hat um die Welt zu erkunden und euch kennenzulernen. Was aus mir gemacht werden wird? Gute Frage: Stevia - Quo vadis?
2012-02-06 Susanne Hagedorn, Wirtschaftswetter
Text: ©Susanne Hagedorn
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