von Juliane Beer
Zitat: „Lieber eine Stunde über Geld nachdenken, als eine Stunde für Geld arbeiten.“, J. D. Rockefeller
So?
Na, der Mann muss es wissen. Aber keine Sorge, niemand verlangt, dass Sie für den folgenden Artikel zum Thema Geld eine Stunde Ihrer kostbaren Zeit opfern, es ist anzunehmen, dass Sie zu denen gehören, die für ihr Geld nach wie vor arbeiten müssen.
Ebenso gehören Sie aber wahrscheinlich zu denen, die sich gelegentlich Gedanken über steigende Lebenshaltungskosten, die zunehmende Macht weniger großer Konzerne und das damit verbundene Sterben von regionalen kleinen Betrieben und Unternehmen machen. Zumindest einen Augenblick über Geld nachzudenken lohnt sich also durchaus.
Das letztgenannte Problem hat immerhin einen Trend hervorgebracht, der momentan überall dort, wo Konsumorgien out und Tauschen oder alternatives Wirtschaften mehr und mehr in Mode kommen, wieder ins öffentliche Bewusstsein rückt: das Regionalgeld
Was ist Regionalgeld? Was ist Regionalgeld nicht?
Regionalgeld ist ein zwischen Verbrauchern, den beteiligten Unternehmen und der Kommune vereinbartes Mittel zum Bezahlen von Waren und Dienstleistungen.
Erklärtes Ziel ist, dass sich sowohl der Lebensstandard der beteiligten Verbraucher erhöht, als auch, dass lokale Unternehmen gefördert werden. Das Regionalgeld hat, wie der Name schon sagt, Regionalbindung und besteht ergänzend zum Euro.
Bezugsrahmen für die Wertmessung ist der Euro, so ist beispielsweise ein Regio soviel wert wie ein Euro.
Regionalgeld ist daher kein Mittel zum Sparen oder Anlegen im Finanzsektor.
Wie fördert Regionalgeld die lokalen Unternehmen?
Man kann doch auch mit dem Euro in kleinen Geschäften und Betrieben seiner Region einkaufen und bezahlen.
Sicher kann man das. Aber mit dem Regionalgeld funktioniert es effektiver. Weil: Regionalgeld wird lediglich in einem begrenzten Gebiet verwendet. Beteiligt sind Unternehmen, die in der Region produzieren, in der Region Menschen beschäftigen, im besten Fall regionale Produkte verarbeiten. Möchte sich ein Betrieb am Handel mit Regionalgeld beteiligen, hat der Verbraucher ein Recht auf Transparenz.
So kann sichergestellt werden, dass das Geld nicht doch auf verschlungenen Wegen, etwa über Zulieferer, an Konzerne geht, die Region verlässt oder womöglich in Finanzmärkte abwandert. Erklärtermaßen solle Geld nämlich nach Ansicht der Regionalwährungs-Befürworter gerade nicht auf der Suche nach Profit um die Welt reisen, was immer wieder neue Wirtschaftskrisen zur Folge haben werde. Stattdessen müsse Geld und Geldausgeben den Zweck erfüllen, lokale Wirtschaft zu fördern und Arbeitsplätze zu erhalten. Ergebnis: Alle Beteiligten profitieren. Und dafür ließen Kunden ihre Kaufkraft gern in der Region, wie sich immer wieder zeige.
Initiatoren von Regionalgeldprojekten wehren sich damit gegen die Wachstumsideologie, nach der Geld Geld machen soll. Um der übermäßigen Konzentration von Geldvermögen in Händen weniger vorzubeugen, wenden die meisten Regionalgeld-Initiativen einen Negativzins an; Negativzins (Zinsen mit denen ein Guthaben belastet wird) wirkt einer Hortung von (Regional)Geld entgegen, denn Sinn und Zweck des Regionalgeldes ist, dass es ausgegeben wird.
Dabei geht es nicht darum, ´linke Hirngespinste zu verwirklichen´, wie noch immer Vordenkern alternativer Wirtschaftsprojekte hin und wieder vorgeworfen wird. Nein, heutzutage geht es darum, dass ein zusehends wachsender Teil der Bevölkerung es einfach nicht mehr hinnehmen will, wie der Euro, ein Geldsystem, das auf Zinseszins beruht, selbst in der Krise reiche Menschen immer reicher macht, die Mehrheit aber zusehends verarmt. Es zeichnet sich in letzter Zeit ein leiser Trend ab, dass das auch Vertreter des bürgerlichen Lagers zu begreifen beginnen.
Beispiel für eine breite Akzeptanz von Regionalgeld: Der Chiemgauer, das weltweit renommierteste Referenzprojekt in Sachen Regionalgeld. Inzwischen zehn Jahre alt, seinerzeit aus einem Schülerprojekt der Waldorfschule Chiemgau in Prien hervorgegangen. Es hat mittlerweile über 3.000 Mitglieder und 600 Unternehmen im Netzwerk in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein, 250 geförderte Vereinen und eine Umlaufsumme von 625.000 Chiemgauer/Euro.
Und es soll weiter gehen. Schonstett, Anfang März: Interessierte Unternehmer, Vereinsvorstände und Verbraucher aus Schonstett und Umgebung folgten der Einladung der Regionalgruppe Rosenheim um Leiterin Katharina Gruber-Trenker. Ihr Vortrag spannte den Bogen von »Global bis Regional« aus wirtschaftlicher wie aus gesellschaftlicher Sicht. Der Vorteil von Regionalgeld, regionale Kreisläufe in Schwung zu halten, überzeugte, ebenso Erfahrungsberichte von Unternehmern und ihr überaus positives Fazit mit der Komplementärwährung Chiemgauer.
So steht die Idee des Regionalgeldes klar der Behauptung politischer Alternativlosigkeit des herrschenden Systems und globaler finanzpolitischer Sachzwänge entgegen. Bürger haben mit Regionalgeld hier die Möglichkeit, zu beweisen, dass beispielsweise die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins billige Ausland kein Naturgesetz ist, dem man sich nun einmal unterordnen muss.
Und noch ein überzeugendes Argument für Regionalgeld: Durch engeren Kontakt zwischen Herstellern und Kunden ist, wie schon beschrieben, für mehr Transparenz und damit natürlich automatisch mehr Kontrolle der Produktqualität in Punkto Produktionsbedingungen, Umweltverträglichkeit und Schadstoffbelastung gesorgt. Unternehmen, die sich diesbezüglich vorbildlich verhalten, werden im Rahmen von Regionalgeldprojekten anders als im internationalen Wettbewerb nicht bestraft, sondern vielmehr belohnt. In Zeiten der Lebensmittelskandale aufgrund Profitmaximierung sollte das aufhorchen lassen.
Doch auch Nachteile sollen hier nicht verschwiegen werden. Paradoxerweise sind die Vorteile der Regionalwährung zugleich auch ihre Nachteile. Mit Regionalwährung kann man lediglich Waren und Dienstleistungen aus der Region erwerben. Wenn man beim Händler vor Ort kauft, muss sein Angebot aber noch lange nicht nur aus Produkten der Region bestehen. Beispielsweise Apotheken oder Bekleidungsgeschäfte werden kaum nur regionale Waren anbieten können. Auch im Lebensmittel- oder Drogeriehandel ist das nicht möglich. Kritiker sagen, dass sich aus diesem Grund zu wenige Betriebe am Regionalhandel beteiligen können; ein ständiges Hin- und Her-Rechnen in gemischten´ Läden mit regionalen und sonstigen Produkten sei den Kunden häufig zu umständlich.
So wurde der ´Berliner´ im April 2009, nach vier Jahren aufgegeben, im gleichen Jahr auch der Alto in Hamburg. Die Nutzung ging in beiden Großstädten kontinuierlich zurück. Was ist ein regionaler Anbieter in einer Großstadt?
In ländlichen Regionen funktioniert diese Trennung viel eindeutiger und damit besser, was wahrscheinlich auch den dortigen Erfolg von Regionalgeld erklärt.
2013-04-01, Juliane Beer, Wirtschaftswetter
Text: ©Juliane Beer
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