Kommentar von Angelika Petrich-Hornetz
Inwieweit das "Wesentliche" von Elternpflichten von einem Vater erbracht worden ist, der zu seinem Sohn, laut Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, nach der Scheidung lediglich einen "losen Kontakt" pflegte, der bei der Mutter aufwuchs und dessen Vater sich nach dem Schulabschluss dann gar nicht mehr um ihn kümmerte, darüber kann man trefflich streiten und ist im Einzelfall durchaus so detail- wie trickreich.
U.a. sind zu irgendeinem Zeitpunkt nach einer Scheidung oder Trennung amtlich erfasste Unterhaltspflichten gegenüber unterhaltsberechtigten Kindern mit einem tatsächlichen vorhandenem Unterhaltsbedarf keineswegs immer deckungsgleich, wie viele leidgeprüfte alleinerziehende Mütter und Väter nur zu genau wissen, die zudem nicht selten um des lieben Kindes-Friedens willen irgendwann schlicht und leise aufgeben, überhaupt noch etwas bei dem weitestgehend in der Kindheit und Jugend des gemeinsamen Nachwuchses absenten Elternteils zu erreichen, geschweige denn durchzusetzen.
Die Folgen sind weitereichend: Zumindest diesen Sohn kostet das vom Gericht ausdrücklich nicht als grobe Vernachlässigung gewertete Verhalten des Vaters, der auch noch pingelig dafür sorgte, dass nach seinem Ableben sein Sohn möglichst nichts erbt, wogegen allein der Gesetzgeber mit einem Mindestpflichtteil einen grundsätzlich Riegel vorgeschoben hat, immerhin über 9000 Euro, eine Stange Geld für einen einzelnen Normalverdiener.
Zusätzlich zum gegenwärtigen Schaden für den Sohn, könnte dieses Geld vielleicht auch dann in der Kasse des Sohnes fehlen, wenn es der einzige Nachkomme ist, falls eines Tages möglicherweise auch die Mutter im Alter hilfsbedürftig werden sollte, gerade weil sie den Sohn weitesgehend alleine großzog und genau deshalb nicht so viel zu eigenen Gunsten arbeiten und für die eigene Altersversorung zurücklegen konnte, wie es dem Vater mit zwei freien Händen offenbar möglich war, um es anschließend einem Bekannten oder dem Sohn zu vererben.
Dem ingesamt seit vier Jahrzehnten abwesenden Vater wurden damit alle, in der Tat bestehenden Rechte, u.a. der Testierfreiheit sowie eines Lebens in Bedürftigkeit großzügig eingeräumt, die nun in der Gegenwart der geprellte Sohn direkt und möglicherweise in der Zukunft, indirekt auch noch dessen Mutter bezahlen "dürfen". So viel zu den weitereichenden finanziellen und wirtschaftlichen Folgen eines "lediglich" zerschnittenen Familienbandes, das sich vor dem Gesetz nur leider nicht so zerschneiden lässt, wie es dem Vater eventuell sogar genehmer gewesen wäre.
Wäre nämlich kein Nachkomme vorhanden gewesen, hätten die öffentliche Hand und damit die Kinder anderer Leute das Vergnügen nicht ganz allein, nämlich inklusive Nachwuchs, gehabt, die Vergangenheit eines Mannes zu alimentieren, der zwar ausdrücklich nichts mehr mit seinem Sohn zu tun haben wollte, es dann aber doch hatte, als von der Stadt Bremen dringend jemand gesucht wurde, der nun die Rechnung für ein vom eigenen Kind ungestörtes, weitestgehend kinderloses Leben bezahlen muss.
Weitere Informationen, Pressemitteilung BGH: Keine Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch des Unterhaltsberechtigen gegenüber seinem volljährigen Sohn
2014-02-12, Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
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