Bernd Schiller, Picus-Verlag, 2015
Buchbesprechung von Anne Siebertz
Es ist der größte Archipel der Erde. Über 5000 Kilometer erstreckt sich das Land mit seinen knapp 17.000 Inseln – viele davon tragen nicht einmal einen Namen. Aneinandergereiht wie auf einer Perlenkette bilden diese gleichsam eine Brücke zwischen Asien und Australien. „Tanah Air“ nennen die Indonesier ihre Heimat, was so viel wie Land und Meer bedeutet.
Bernd Schiller ist für den Picus-Verlag auf eine Spurensuche tief in die Welt der Exotik eingetaucht und legt mit seiner „Lesereise Indonesien“ passend zur Frankfurter Buchmesse eine behutsam einfangende Erzählung vor.
Obgleich Indonesien in diesem Jahr den Gastland-Status genießt, ist der weltgrößte Inselstaat nur wenig von einer literarischen Schriftkultur geprägt. Charakteristischer für das Land der Inseln sind vielmehr die Traditionen und Riten, die Düfte und Speisen. Unzählige Völker und Stämme überliefern seit Generationen ihre eigenen Geschichten. Sie erzählen von Entspannung und Gleichgewicht, von Drachen, der Lehre Buddhas. Von Schamanen, die Schwerkranke mit ihrem Zauber heilen. Von rauchenden Vulkanen, dem Sonnenaufgang über den Reisfeldern, von Bestattungsriten und der Verehrung der Götter. Mündlich, in einer eigenen Sprache, die kaum ein anderer versteht.
Neben ihrer eigenen Sprache verständigen sich die fast 250 Millionen Einwohner auf den Inseln mit ihren Landsleuten aus Batak, Bali, Java und Sumatra auf „Bahasa Indonesia“, einer gemeinsamen Lingua franca. Ohne diese leicht erlernbare Umgangssprache wäre die Kommunikation zwischen den Inselnbewohnern nicht möglich.
Anders als in anderen Ländern wird der Besucher Indonesiens immer nur einen kleinen Teil der Kultur des Landes erleben. Selbst auf einer noch so langen Reise wird er weniger das typisch Indonesische erkennen, sondern eher die Vielzahl an Unterschieden. Während Regenwälder weite Teile des Westens mit ihrem feuchten Nebel einhüllen, rauchen Vulkane auf den Inseln in der Ferne, prägen ganze Landstriche. Palmengesäumte Buchten wechseln sich mit flaschengrünen Pflanzenteppichen ab.
Und in den Großstädten wächst ein neuer Mittelstand heran. Größer könnte der Kontrast zu der anderen Hälfte der Bevölkerung nicht sein, die immer noch unter der Armutsgrenze lebt. Hier wie da blitzt das alte Asien noch durch. Kein Wunder, dass die Indonesier den Leitspruch „Einheit in der Vielfalt“ für ihr Land erkoren haben.
Wer an Indonesien denkt, lässt vielleicht vor seinem inneren Auge Kokosplantagen, Bananenfelder sowie Reis- und Gemüsefelder vorbeiziehen. Felder, auf denen Menschen in ihrer einheitlichen Kluft arbeiten, den Kopf bedeckt mit einem der typischen Strohhüte. Ein anderer Reisender denkt möglicherweise an die brausende Welt der Zehn-Millionen-Stadt Jakarta. Die Stadt des ewigen Staus, die ihrer Verkehrsdichte nicht Herr wird. Hier und dort erinnert in dem Moloch noch eine Bäckerei mit einer Windmühle auf dem Dach an die ehemaligen Kolonialherren aus Holland. Sie kamen vor Jahrhunderten - nach den Moslems und Portugiesen, die zuvor ihre Spuren hinterlassen hatten. Und sie blieben über viele Jahre – bis 1949, als sich der Inselstaat von seinen ehemaligen Kolonialherren befreien konnte. Während heute die Touristen in Scharen Bali und Sumatra bevölkern, um den Zauber der Hindus und Buddhas zu erleben, kamen die Kolonialisten nur aus dem einzigen Grund, um Gewürze, Tabak, Kaffee und Tee über die Handelswege in ihr Land zu bringen.
Angesichts der gigantischen Fläche kann Bernd Schiller für seine „Lesereise Indonesien“ nur einen kleinen Teil des Landes einfangen. Dennoch gelingt ihm die Schilderung eines breiten Querschnitts. Als Beobachter erzählt er von der Vielfalt der Landschaften und Begegnungen. Vom wechselnden Klima, uralten Kultstätten, dem Wohnsitz der Götter, und lässt auch die Moderne in aufstrebenden Großstädten nicht außer Acht. Er erzählt Geschichten, die sich nur dem Asienkenner erschließen. Den Leser nimmt er mit auf eine Spurensuche in ein unbekanntes Land, ein Land der Gegensätze, der Vielfalt. Ein Land, das wie geschaffen scheint für den Reisegenießer auf der Suche nach dem alten Asien. Wer sich auf die Reise einlässt, wird eine Gratwanderung erleben, von der Steinzeit in die Welt von Computern und Smartphones – Einheit in der Vielfalt.
Achtung, Werbung + Infos zum Buch:
Lesereise Indonesien
von Bernd Schiller
2015 erschienen im Picus-Verlag
ISBN 978-3-7117-1061-1
132 Seiten
Buch beim Picus-Verlag
2015-10-15, Anne Siebertz, Wirtschaftswetter
Text: ©Anne Siebertz
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