von Angelika Petrich-Hornetz
Jeder Tag ist ein Feiertag - irgendwo auf der Welt, hatten wir schon in einem früheren Artikel namens "Neue Feiertage" festgestellt. So beherbergt jeder einzelne Tag im Jahr global betrachtet mindestens drei bis zehn unterschiedliche Feiertage, wenn nicht noch mehr, die in den verschiedensten Regionen begangen werden. Und es gibt Neuigkeiten: Norddeutschland legt sich jetzt auch noch einen Feiertag zu. Bisher hatte der Norden lediglich 9 Feiertage. Schleswig-Holsteins Landtag und die Hamburger Bürgerschaft legten sich bereits auf den Reformationstag am 31. Oktober fest, der in den neuen Bundesländern seit der Wiedervereinigung ein gesetzlicher Feiertag ist. Bremen hat sich ebenfalls für den 31. Oktober ausgesprochen, offiziell soll es später werden. In Niedersachsen wird erst im Mai entschieden, trotz Befürwortung durch die Landesregierung, gilt der Reformationstag dort allerdings als umstritten.
Immer wieder hat es das Thema mal mehr, mal weniger zu öffentlicher Entrüstung geschafft , dass die Norddeutschen im Vergleich zu den anderen Bundesländern nur wenige Feiertage haben. Zum 500. Jubiläum des Thesen-Angschlags im "Luther"-Jahr 2017 war der Reformationstag in ganz Deutschland einmalig ein gesetzlicher Feiertag - und da kam die Idee in Norddeutschland auf, den Tag als gesetzlichen Feiertag beizubehalten.
Feiertage sind nicht unwichtig, liefern sowohl köperlich, seelisch als auch geistig zumindest eine wilkommene Pause vom täglichen Einerlei, anstrengender Arbeit und damit üblicherweise verbundenem Stress. Dass die Wirtschaft unter Feiertagen nicht leidet, beweist ausgerechnet das wirtschaftlich stärkste Bundesland, nämlich Bayern, mit seinen 13 Feiertagen.
Doch der von Norddeutschland angestrebte, bzw. beschlossene Reformationstag wird nicht von allen befürwortet. Es ist wohl eine Legende, dass Luther die 95 Thesen am 31. Oktober 1517 an die Wittenberger Schlosskirche genagelt hatte. Das Thesenpapier aber existiert und er hat es als Brief an seine Vorgesetzten in der Kriche geschickt. Einige Kirchenkenner meinen, andere Schriftstücke Luthers wäre wichtiger gewesen als das Thesenpapier. Umstritten ist Luther auch wegen seiner anti-jüdischen Äußerungen, die sich im Laufe seines Lebens zu regelrechten Hetzreden entwickelten. Diese negative Seite des Kirchenreformators, selbst wenn man bedenkt, dass das Weltbild der Menschen vor 500 Jahren kaum Verständnis für (jeweils) Anderdenkende vorsah, ist schwierig - und war es auch schon vor einem Jahr. So gab die EKD zum Lutherjahr 2017 die Schrift "Die Reformation und die Juden - Eine Orientierung" heraus, in dem sie den Feiertag am 31. Oktober als Feier der Reformation und nicht als "Feier des Reformators Luther" verstanden wissen wollte, nannte jedoch 2017 das "Luther-Jahr" und nicht "Reformations-Jahr". Man kann diese Betonung auf die Sache, um die es ging, natürlich auch für die Beibehaltung des Feiertages aufnehmen und gleichzeitig stellt sich für viele die Frage, was überhaupt genau gefeiert wird, gar nicht mehr, die einfach nur froh sind, dass sie einen freien Tag bekommen.
Über die Anlässe von Feiertagen nachzudenken, ist aber durchaus sinnvoll. Darum sprechen beim Reformationstag für Noddeutschland auch einige schon von einem Schnellschuss, obwohl es noch Gesprächbedarf gegeben hat, der in Niedersachsen auch immer noch vorhanden ist. So kam von dort auch der Vorschlag, den internationalen Frauentag zu einem gesetzlichen Feiertag zu machen, was allerdings aus anderen Gründen, als dass Frauen etwa genügend Gelegenheit zum Feiern hätten, ebenfalls nicht unumstritten ist, genauso wie der Dreikönigstag, den die Katholiken favorisierten, der in den katholischen Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag ist.
Und so kommen die verschiedensten Ansichten zum Tragen, wenn es um die Einführung eines gesetzlichen Feiertages geht, wobei es sich langsam herauskristallisiert, das bei der Auswahl die Vertretung der jeweiligen unterschiedlichen Interessen unterschiedlicher Religionen, Geschlechter und Herkünfte irgendwie nicht zielführend ist. Wie wäre es, wenn man diese Interessen und Unterschiede weglässt und sich die Menschheit als solche selbst und im Ganzen feierte - egal welcher Religion, welchen Geschlechts und welcher Herkunft - und damit endlich einmal ihre Gemeinsamkeiten betonte und entsprechend feierte?
Vielleicht würden sich der Gelegenheit zum friedlichen Miteinander wenigstens an einem Tag im Jahr sogar andere Länder anschließen. Etwas mehr Grund zum Feiern kann der derzeit geschundenen Menschheit schließlich nur guttun. Und es gäbe weltweit mindestens ein, zweimal im Jahr einen ganzen Tag mal etwas anderes, als nur Krieg, Terror und Kriminalität am Laufenden Band in den Nachrichten. Um allerdings einen internationalen, gesetzlichen Feiertag einzuführen, bräuchte man intensive Verhandlungen und sogar zwei arbeitsfreie Tage, damit auch wirklich alle, nämlich auch die jeweiligen Vertretungen, einmal im Jahr mitfeiern könnten.
Auch dafür eigenen sich bereits vorhandene Feiertage, die von ihrer Thematik her einen größtmöglichen Konsens versprechen, zum Beispiel klassisch der Weltfriedenstag am 21. September oder der Welttag der Poesie am 21. März - und/oder der Welttag gegen Armut am 17. Oktober, sofern sich diese oder andere nicht mit nationalen Feiertagen überschneiden, die vor Ort besonders wichtig sind. Schon deshalb würde die Terminfindung alles andere als einfach.
Es mag in den Ohren mancher Zeitgenossen vielleicht albern klingen, doch ein bzw. zwei gemeinsame Feiertage der Menschheit könnten wesentlich mehr zur globalen Friedensbildung beitragen als fortgesetzten Kriegshandlungen sowie einer zunehmenden Zielorientierung auf das Niedermachen politischer Gegner zum eigenen Vorteil rein gar nichts mehr entgegenzusetzen, weil es a) einen solchen Feiertag noch nicht gibt und er b) ausbaufähig ist, mindestens inklusive Friedenspflicht und Nicht-Angriffspakten an einem einzigen Tag. Das wird dauern. Aber wenn die Menschheit es nicht einmal an einem einzigen Tag hinbekommen sollte, kann sie schließlich zu ihrem gewohnten Alltagsgeschäft zurückkehren, und sich weiterhin erfolgreich gegenseitig in Schutt und Asche legen, bis eines Tages nicht mehr viel von ihr übrig sein wird.
2018-04-01,Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
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