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Royal Wedding 2018

Europa aus dem Häusschen - All American Girl heiratet Prinz Charming

von Angelika Petrich-Hornetz

Nicht alle wurden im Mai 2018 verwöhnt

Nicht alle wurden im Mai 2018 so sehr verwöhnt wie zum Beispiel die Norddeutschen, die sich kaum an einen derart sonnigen, schönsten Monat des Jahres überhaupt erinnern können. Vielleicht übertrumpft dieser Mai sogar sämtliche Wetteraufzeichnungen, zumindest Hamburg hat bereits die Hälfte seiner Sommertage (ab 25 Grad) erreicht. Doch zum Glück für alle gab es immerhin eine königiche Hochzeit. Und das in einem Königshaus, das die perfekte Inszenierung mit dem ganz großen Brimborium versteht.

It never rains in Kalifornien - und im Mai 2018 auch nicht in Windsor

Braut, Königliche HochzeitenBesser als am 19. Mai 2018, als der beliebteste Royal von allen, Prinz Harry der Kalifornierin Meghan Markle, die nun u.a. als Her Royal Highness Meghan, Herzogin von Sussex firmiert, in der St. George's Chapel in Windsor bei strahlendem Sonnenschein das königliche Ja-Wort gab, können die transatlantischen Beziehungen derzeit wohl kaum noch werden.
Er trug Uniform, die Braut indes ein hochgeschlossenes, schlichtes, zeitlos elegantes Brautkleid von Givenchy mit U-Boot-Kragen und kleiner Schleppe. Es gab keine Spitzen, keine Schnörkel, keine Rüschen. Das dürfte wie alles an dieser Hochzeit, bis ins kleinste Detail geplant und überlegt gewesen sein. Chefdesignerin des französischen Modehauses ist seit rund einem Jahr die Britin Claire Waight Keller, die das Kleid auch entworfen hat. Gekrönt wurde die Hochzeitrobe von einem fünf Meter langen Seidentüll-Schleier, in den 53 Blüten eingearbeitet worden waren, die die Länder des Commonwealth repräsentieren sollen - das Prinzenpaar soll als dessen Botschafter Prinz Charles in seiner Funktion als Oberhaupt des Staatenbundes unterstützen. Außerdem, laut britischer Presse, soll noch eine kalifornische Mohnblüte sowie ein britisches Blümchen zu sehen gewesen sein. Gehalten wurde alles von einem geliehenen Diamanten-Diadem von Queen Mary, Mädchenname Maria von Teck, der deutschstämmigen Großmutter der Queen.

Highlights am laufenden Band

Die Trauung hatte mehrere emotionale Höhepunkte, u.a. die das Paar Trauenden an und für sich, der Dekan David Connor von Windsor und Erzbischof Justin Welby sowie weitere Priester, darunter einem koptischen. Dann die von den TV-Kameras diverser Sender-Teams eingefangenen fortlaufenden, tiefen Blicke eines offenbar innig verbundenen, nur mit wenigen Unterbrechungen strahlend lächelnden Brautpaares füreinander. So etwas wollen die Leute sehen, um die Überschwemmungen im eigenen Keller, die miesen Beziehungen zu den USA und alles andere endlich mal zu vergessen. Und das Beste daran: Bei diesen beiden Angehörigen der Monarchie wirkt es endlich einmal nicht aufgesetzt, sondern tatsächlich echt. Authenzität ist in Zeiten von Fakes auf allen Kanälen einfach so selten geworden, dass sie inzwischen angenehm auffällt. Nicht zuletzt zeigten sich die Gäste in der Kirche und die Millionen Zuschauer vor den TV-Bildschirmen von der lebhaft vorgetragenen Predigt des US-Primas, Bischof Michael Bruce Curry, ergriffen, der über die Macht der Liebe referierte und unter anderen bemerkenswerten Zitaten auch eines von Martin Luther King einbaute.

Umrahmt wurde die Trauung von einem abwechslungsreichen Musikprogramm, mit heiteren Klängen, aber auch ernsteren Stücken und Chören aus dem klassischen Repertoire, darunter auch das "Ave Maria" von Schubert - sowie einem sensationellen Gospel-Chor (u.a. "Stand by Me"), den man nur zu gern in guter Erinnerung an diese ausgesprochen sonnige Trauung behalten wird. Für Hollywood-Glanz sorgten unter den Hochzeitsgäste u.a. George und Amal Cloney. Bis auf den ehemaligen MP Major, blieb die Politik von der Gästeliste indes ausgeschlossen. Das darf man gern genauso als ein Statement gemeint wissen, wie das Brautkleid oder die Veilchen, in Erinnerung an Harrys Mutter, in den Brautstrauß gebunden. Der Dresscode für die Damen sah u.a. ein knielanges Kleid, keine freien Schultern und einen Hut vor, an dessen unterschiedlicher Ausführung in Form und Farbe sowie differenzierter Präsentation das TV-Publikum Gelegenheit erhielt, sich stundelang ergötzen zu können.

Die Braut: Sie kann's

Zu getragenen Klängen betrat zunächst die zuvor in einem Rolls-Royce Phantom IV vorgefahrene Braut ganz allein mit ihren Blumen-Kindern die Kirche und wurde wegen der Abwesenheit ihres Vaters anschließend erst auf den letzten Metern von ihrem Schwiegervater in spe, Prinz Charles zu ihrem Bräutigam geleitet. Dieser kämpfte offenbar zu diesem Zeitpunkt etwas mit den Tränen. Wie ihre verstorbene Schwiegermutter Diana und ihre Schwägerin Kate ließ Meghan Markle das Wort (ihrem Ehemann zu) "gehorchen" aus dem Ehegelübde streichen. Das muss man wohl nicht mehr kommentieren, oder mittlerweile doch schon wieder?
Bei so viel postivem Spirit fällt es offenbar schwer, ein Haar in der Suppe zu finden. Während man im Ausland darüber diskutierte, ob die selbstbewusste Meghan nun wirklich als Feministin im Königshaus ausreichend tauglich sei, rätstelte die deutsche Boulevard-Presse kurz nach der Hochzeit über den Gesichtsausdruck von Kate. Vielleicht war dieser aber nicht nur, wie es hieß, der Müdigkeit der dreifachen Familienmutter, sondern ihrer Kichenbank-Nachbarin Camilla, der Herzogin von Cornwall und Princess of Wales, geschuldet, die irgendetwas, was wir wohl nie erfahren werden, zu Kate sagte. Anyway, wie man im Commonwealth-Mitglied Australien sagen würde.

Nach der Trauung verließ das frischgebackende Ehepaar die Kirche unter den Klängen des Gospelchors und fuhr in einer von Reiter-Garden eskortierten, offenen Kutsche durch Windsor, bevor es aus den Augen der jubelnden Öffentlichkeit zu sich anschließendem Empfang und Hochzeitsparty entschwandt. Später zeigte sich das Publikum noch über den Party-Dress des Hochzeits-Paares entzückt: Sie trug ein weißes, wieder hochgeschlosenes, aber ärmelloses schlichtes und elegantes Kleid von Stella McCartney, er Abendanzug und Fliege. Es ist für Cineasten wohl nicht zuviel gesagt, dass sie darin deutlich weniger wie ein erlauchtes Herzogen-Paar wirkten, sondern vielmehr original so aussahen wie Mr. und Ms. Bond (und nicht Mrs. Bond!). Damit könnten auch über den Film-Tod von Diana Rigg immer noch untröstliche Bond-Fans versöhnt worden sein. Die Dame Commander (DBE) Rigg feiert am kommenden 20. Juli ihren 80. Geburtstag.

Glanz und Elend der Gegenwart

Vergissmeinnicht, Frühlings-Fotogalerie Für ein paar Stunden konnte die geneigte Öffenlichkeit Brexit, Nahost-Konflikt, transatlantische Krisen und alles andere vergessen - und kaum eine oder einer darunter, die und der diese willkommene Unterbrechung vom Dauerstress der Gegenwart nicht in vollen Zügen genossen hätte. Freundlich gelegt auch der Trauungstermin vom modernen US-Europäischen Hochzeitspaar - immerhin ein knappes Jahr vor dem, zugeben aus der einseitigen Sicht des Kontinents, vollkommen überflüssigen und elenden Brexit.
Aber spätestens seit Pfingsten vorbei ist, haben uns die ständigen Krisen, die politischen, wirtschaftlichen und wettermäßigen, allesamt und pünktlich wieder vollkommen im Griff , ob auf dieser oder jener Seite des Kanals und Atlantiks.
Da Teile der Redaktion genauso wie die wunderbare Brautmutter Doria Ragland bereits vor der Trauung anfingen zu heulen - mehrere Päckchen Taschentücher segneten das Zeltliche - lassen wir an dieser Stelle offen, ob es ausschließlich vor Rührung über diese wunderschöne Hochzeit war - oder vielmehr über den nicht wegzudiskturierenden Gegensatz zwischen erlebter Schönheit und dem Grauen danach, der weiter galoppierenden Krisen, geschah.

Zum Thema aus dem Wirtschaftswetter-Archiv, PDF: Königliche Hochzeiten 1


2018-05-31, Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
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