von Angelika Petrich-Hornetz
Um auf ganz neue Ideen zu kommen, bedarf es meistens mehrerer Faktoren, die irgendwann zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammenkommen. Und so auch hier: Seit Jahren ärgerten wir uns ständig darüber, einfach keinen passenden Badvorleger zu finden. Offenbar haben wir kein "Norm-Badezimmer", und alles an Teppichen, was wir dort hineinlegten, rollte sich am Rand auf, sobald es auf die vielen nicht-normgemäßen Begrenzungen von Wanne, Waschbecken und Wänden traf. Man vergaß es wiederaber bei jedem Betreten des Bads fiel es einem wieder ein.
Irgendwann nervte dann auch der 25. wieder einmal unpassende und damit hin- und herrutschende Badvorleger so sehr, dass wir uns endlich einmal hinstellten, um ganz genau hinzusehen, was dieses Badezimmer eigentlich für Tücken - und damit für Maße - hatte. Es hat nicht vier sondern allen Ernstes zehn Ecken. Wenn man diesen Anforderungen gemäß vor dem Waschbecken nicht auf nackten Kacheln stehen will, musste also ein Stück mit ganz anderen, als die erhältlichen Teppich-Maßen her. Ein abermaliges Abgrasen des Angebots vor Ort sowie im Internet ergab dementsprechend: nichts.
Wie es der Zufall wollte, verabschiedeten sich dann gleich mehrere Handtücher auf einmal aus ihrem aktiven Arbeitsleben und mussten aussortiert werden. Natürlich kann man keine veralteten, schon gar nicht mit Löchern versehene Handtücher in die Spende geben. Mit Löchern kann sich kein Mensch abtrocknen, also wurden die Handtücher bislang stets in die Putzlappen-Abteilung sortiert - und die platzte zu diesem Zeitpunkt bereits aus allen Nähten.
Beim letzten Besuch im Basteladen, in dem u.a. astronomisch große Häkelnadeln feilgeboten wurden, passten dann alle Faktoren zusammen: Kein passender Badteppich, kaputte Handtücher + eine riesige Häkelnadel = großes Ausrufezeichen!. Gesagt getan, musste nur noch das Material vorbereitet werden, was sich zugegeben als eine ziemliche, krümelnde Angelegenheit heausstellte, nämlich die Handtücher in Streifen schneiden, die auf dicke Knäuel gerollt wurden. Dann wurde das Bad ausgemessen: Schluss mit den bisherigen, seltsamen, viel zu breiten Modellen, es sollte ein individueller langer, schmaler Maß-Teppich werden.
Und dann gings los - in festen Maschen immer tapfer den Maßen entsprechend geradeaus gehäkelt. Zum Schluss noch ein Rand, damit es auch einigermaßen gut aussah. Diskussionen gab es noch über die Farbgebung. Am Ende hatten wir das für unser Bad genau passende Modell, lang und schmal, Grundfarbe weiß (es gab halt viele alte weiße Handtücher), mittig und an den Enden wunderschön unterbrochen von Sandfarben und einem aquamarinen Blau, das den ganzen Teppich fast schon professionell - wie ein Fabrikstück aus der neuesten Kollektion eines bekannten schwedischen Möbelherstellers - aussehen ließ. Wir waren begeistert.
Noch viel begeisterter waren wir, als wir dann barfuß im Bad standen, auf unserem neuen Teppich, Marke Eigenbau. Die dicken Häkelknoten waren weich und hatten trotzdem eine feste Struktur. Der Teppich war damit drei Zentimeter dick und sorgte für ein geradezu himmliches Fußgefühl. Und weil sich das so toll anfühlte, legten wir gleich wieder los und kreierten im Schwung noch einen runden Teppich hinterher, für den Flur, der genau wie das Bad auch nicht üblichen Maßen entsprach, dieses Mal aus alten T-Shirts. Er ist zwar ganz schön bunt, aber ein absoluter Hingucker - inklusive wunderbarem Fußgefühl, den nun einmal nur ein richtig dicker, schwerer Teppich bieten kann.
Einziges Problem der schönen Häkel-Teppiche ist die Reinigung. Man kann es mit den üblichen Teppich-Reinigern einigermaßen meistern oder findet eine freundlich gesinnte Reinigung, die alle paar Monate ran muss. Der Vorteil der im Handel erhältlichen, relativ dünnen Bade-Vorlagen ist nämlich der, dass man sie einfach in die Waschmaschine stecken kann. Das geht mit solch einer schweren Waren wie unseren selbstgemachten Teppichen natürlich nicht, aber dafür bieten sie auch dermaßen viel Komfort und Wohlgefühl, wie es vorher kein Fabrik-Produkt hinbekommen hat, Prädikat: zum Nachmachen unbedingt empfohlen - mit begrenzter Lebendauer.
2018-04-01, Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
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