Am Freitag, 18. September 2020, ist Ruth Bader Ginsburg im Alter von 87 Jahren im Beisein ihrer Familie, in Washington D.C. verstorben. Sie erlag einem Krebsleiden.
Ruth Bader Ginsburg wurde 1993 von Präsident Clinton als Oberste Richterin eingesetzt und versah ihren Dienst am höchsten Gericht der USA 27 Jahre lang. Sie wurde am 15. März 1933 geboren und in Harvard - als eine von 9 Frauen unter 500 Männern - und an der Columbia Law School ausgebildet. Insgesamt war sie 40 Jahre als Richterin tätig.
Auf ihr Konto gehen spektakuläre Fälle, die nachhaltig für Veränderungen in der US-Gesetzgebung zur Gleichstellung der Geschlechter beitrugen. Sie sorgte aber eben nicht nur dafür, dass Frauen mehr Rechte erhielten, sondern durchgehend dafür, dass beide Geschlechte gleiche Rechte erhielten und geschlechtsbasierte Diskriminierungen für alle aus Gesetzen gestrichen wurden - und blieb ihrem Standpunkt unbeirrbar treu, dass gleiches Recht für alle Menschen als solches gilt.
U.a. brachte sie den Fall von Charles Moritz vor Gericht, einem Mann, dem Steuervorteile zur Beschäftigung einer Pflegekraft für seine erkrankte Mutter allein aufgrund seines Geschlechts sowie seines Familienstandes . weil er nicht verheiratet war - vorenthalten wurden - Vorteile, die damals nur Frauen oder Witwern vorbehalten waren.
Ähnlich wie im Fall Frontiero von 1973, der vor dem Supreme Court, dem obersten Gericht der USA, an dem Ginsburg später wirken sollte, verhandelt wurde. Shannon Frontiero war ein weiblicher Leutnant der US-Air Force, deren Ehemann allein aufgrund seines männlichen Geschlechts keine Krankenversicherung u.a. Sozialleistungen erhielt, die für wirtschaftlich abhängige Ehefrauen von männlichen Soldaten ganz selbstverständlich waren - und setzte sich auch in diesem Fall durch. Genauso erstritt sie 1975 für den jungen, alleinerziehenden Witwer Stephen Wiesenfeld Sozialleistungen, die bis dato ausschließlich Witwen erhielten.
So sorgte Ginsburg Schritt für Schritt, nämlich Fall für Fall dafür, dass fortgesetzt beide Geschlechter gleiche Rechte erhielten - sowohl Frauen in Arbeit , darunter auch die Alleinverdienerinnen oder Männer als treusorgende Söhne und Väter, darunter auch Alleinerziehende- endlich rechtlich anerkannt wurden. Die scharfen, juristichen Kommentare und - ab der Regierung Bush - Minderheitenmeinungen am Supreme Court der nur 1,55 m großen Frau sowie ihre berühmte Unbirrbarkeit brachten Ginsburg den Spitznamen "The Notorios RGB" ein.
Sie zeigte darüber hinaus gemeinsam mit ihrem Mann Martin David Ginsburg, der 2010 verstarb und mit dem sie 56 Jahre verheiratet war, dass ein Leben mit einem unglaublichen Arbeitspensum mit Familie vereinbar ist, wie man durch Zusammenhalt, Anstrengung, gegenseitige Achtung und Fürsorge auch mit den schlimmsten persönlichen Schicksalsschlägen, von denen auch sie nicht verschont wurde, fertig werden kann - und dabei dennoch nicht den Humor verliert. Sie war einerseits eher zurückhaltend, ruhig, pragmatisch und sachlich - andererseits lachte sie gern und war trotz ihrer Scheu auf ihre Art und Weise volksnah - und sie liebte die Kunst und das Theater.
Neben unzähligen Büchern über "RBG" wurden 2018 der Dokumentarfilm "RGB" und 2019 ein Spielfilm über sie veröffentlicht. Und so wurde Ruth Bader Ginsburg nicht nur von gleich mehreren Generationen junger Juristinnen Zeit ihres Lebens bewundert, geliebt und zum Vorbild, sondern erreichte in ihren späten Jahren internationalen Kultstatus.
Ihre schönen Krägen über der Richterrobe wurden zum Modeaccessoire, es kursieren unzählige T-Shirt und Tassen mit ihrem Konterfei, die von ihren Fans liebevoll gehegt werden - oder mit ihren berühmten Zitaten, die junge Musiker ab den 2000er Jahren sogar vertonten. Einer der wichtigsten Leitsätze darunter ist ein, im Orginal von der im 19. Jahrhundert wirkenden Sarah Grimke stammendes, verkürztes Zitat, das im Frontiero-Fall zum Einsatz kam und für alle Zeiten für das Handeln dieser herausragenden Richterin stehen bleiben wird: "Ich bitte um keine Gefälligkeiten für mein Geschlecht. Alles, was ich von unseren Brüdern verlange, ist, dass sie ihre Stiefel aus unseren Nacken nehmen.".
Original, 1873: "But I ask no favors for my sex. (I surrender not our claim to equality). All I ask of our brethren is, that they will take their feet off our necks."
Ganz in diesem Sinne eindeutig lautete auch ihr letzter Wunsch, den sie ihrer Enkelin, Clara Spera auf dem Sterbebett diktierte: "My most fervent wish is that I will not be replaced until a new president is installed.". Genauso nachhaltig wie die Republikaner der großen Dame der amerikanischen Justiz diesen letzten Wunsch bereits zu verweigern ankündigten, wird dieser Satz ab jetzt in an ihnen kleben bleiben, ganz sicher auch wieder vertont. Und auch damit bleibt Ruth Bader Ginsburg nach ihrem Tod bis auf Weiteres höchst lebendig.
2020-09-19, Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
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