Wirtschaftswetter Online-Zeitschrift      Wirtschaftswetter-Schwerpunktthema Freiheit


Bauernproteste und digitaler Extremisten-Mist

Wat de buer nich kennt, dat frett he nich - oder doch?

von Angelika Petrich-Hornetz

Am Donnerstagabend, 4. Januar 2024, wurde eine Fähre nach Schlüttsiel, Nordfriesland, auf der sich u.a. Passagieren auch Bundeswirtschaftsminister Habeck auf seiner Rückreise von einer privaten Fahrt von einer Hallig befand, von einer Gruppe protestierender Landwirte abgedrängt. Ein bisher einmaliger Vorgang in Deutschland - und bei allem Verständnis für die Sorgen der Landwirte kein gutes Zeichen für die kommende Woche der Bauernproteste.

Ein Gesprächsangebot des Vizekanzlers an die rund 300 Beteiligten, die nebst ihren Treckern, Lkws und anderem schwerem Gerätschaften teilnahmen, hinsichtlich offensichtlichen Gesprächsbedarfs, wurde von den Protestierenden abgelehnt. Weil die bis sich zu einer möglichen Eskalation zuspitzende Situation nicht vorhersehbar gewesen war, waren nur wenige, vom Amt vor Ort noch eiligst herbeigerufene Polizeikräfte zugegen und wurde die Fähre gezwungen, den Rückzug anzutreten, da die Protestierenden das Verlassen der Passagiere, darunter des Vizekanzlers, verhinderten..

Mehrere dutzende Personen sollen beim Ablegen der Fähre zudem versucht haben, die Fähre zu stürmen, die Polizeikräfte mussten eingreifen, um den Rückzug der Fähre, damit auch die Sicherheit des Vizekanzlers und weiterer Passagiere zu gewährleisten - und um möglicherweise Schlimmeres zu verhindern. Mit Stand von Donnerstagabend wurde noch keine Anzeige erstattet und niemand festgenommen, im Raum steht u.a., externe Seite, gesetze-im-internet.de: Landesfriedensbruch, wie sich verschiedene Stellen u.a. Sprecher von Polizeibehörden noch am Donnerstagabend äußerten. Erst spät in der Nacht zum Freitag konnte der Vizekanzler eine andere Fähre, die noch einmal Schlüttsiel anlief, schließlich verlassen, auch die Landwirte waren inzwischen "abgedreht".

Der Deutsche Bauernverband noch federführend?

Wir haben beim Deutschen Bauernverband nachgefragt und als Antwort einen Verweis auf ein, auf der Webseite seit Freitagvormittag veröffentlichtes Pressestatement in lediglich drei Sätzen erhalten, in dem sich der Bauernverband von der Blockade-Aktion distanziert, externe Seite, bauernverband.de: Blockaden dieser Art sind ein No-Go. Einzelanfragen könnten wegen des hohen Anfrageaufkommens nicht beantwortet werden, heißt es in der Antwort vom Freitag weiter.
Damit bleibt unsere wichtigste Frage von allgmeinem öffentlichen Interesse, ob der federführende Bauernverband vor dem Hintergrund der Bilder aus Schlüttsiel in der ab Montag startenden einwöchigen, bundesweiten Protestaktion der Landwirte u.a. wenigstens die Bildung von Rettungsgassen für Feuerwehr, Rettungkräfte, Notärzte und Polizei gewährleisten kann, bisher unbeantwortet.

Am Freitag, hatte sich auch die Reederei gegenüber der Presse zum Vorfall geäußert und dem Kapitän der Fähre, der stets die alleinige Befehlsgewalt an Bord hat, ein sehr gutes Timing in der Gemengelage ausgesprochen, u.a. im Handelsblatt, externe Seite, handelsblatt.com: Reederei-Chef: Erstürmung von Fähre knapp durch Ablegen verhindert

Wenn ein Kompromiss* der Regierung kategorisch abgelehnt, mit Gruppengewalt das Anlegen einer Fähre verhindert, deren Rückzug behindert, Polizeikräfte bedrängt, unbeteiligte Passagiere gefährdet, dem Vizekanzler der Weg versperrt, ein Gesprächsangebot von ebendiesem abgelehnt wird, der Bauernpräsident lediglich drei Sätze Pressemeldung mitzuteilen hat, und angesichts der Bilder in Schlüttsiel allen Ernstes darin behauptet, die "Privatsphäre von Politikern" zu respektieren, stellt sich die schlichte Frage, was diese Damen und Herren am Fähranleger - und vor allem in der kommenden Woche - eigentlich beabsichtigten?

In die offizielle Proteswoche, die der Deutsche Bauernverband ausrief, mischen sich inzwischen immer weitere Gruppen ein, darunter andere Bauerorganisationen, offizielle und nicht-registrierte, regionale oder "alternative", darunter auch Anhänger extremer Heilslehren, die bereits von "Generalstreik" und Umsturz fantasieren - sowie Nichtbauern aus weiteren Branchen, wie Hoteliers, Gasstätten und Logistik-Unternehmen, denen ihrererseits Maßnahmen der Regierung, die zu Sparmaßnahmen gezwungen ist, wie z.B. die Wiedereinführung der Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf Restaurantmahlzeiten nicht gefallen.

Mit was muss die Öffentlichkeit nun in der kommenden Woche rechnen?

Vor diesem Hintergrund dürfte sich mittlerweile auch die Öffentlichkeit immer mehr dafür interessieren, auf was sich die Bürgerinnen und Bürger nun in der bereits im Vorfeld immer unübersichtlicher gestaltenden "Aktionswoche der Landwirte" von Montag, 08.01. bis Freitag, 12.01.2024 eigentlich einstellen "dürfen", zu der federführend der Deutsche Bauernverband und seine Landes- und Kreisverbände aufrufen, aber siehe oben, sich immmer mehr Interessengruppen hinzugesellen - in der es, aber rein sachlich betrachtet, eigentlich nur um die Subventionierung von Kraftstoffsteuer und Agrardiesel geht, für die allerdings ebenfalls von verschiedenen Teilnehmern bereits angedroht wurde "das ganze Land lahmzulegen.".
*Zum Kompromissvorschlag: Die Bundesregierung hatte eingelenkt und die geplante Streichung revidiert, sie subventioniert die Krafstoffsteuer (Steuerfreiheit) für Landwirte nun weiter, die Subventionen von Agrardiesel sollen dagegen über einen Zeitraum bis 2026 schrittweise reduziert werden und damit langsamer auslaufen.

Auf youtube.com kursieren inzwischen unzählige Videos unter dem Keyword "Schlüttsiel", darunter die üblichen Politmissionare, Hassprediger und Verschwörungstheoretiker, aber auch einige etwas verantwortungsvollere Bauern, die sich zumindest von der Erstürmung der Fähre und jedweder Gewalt distanzieren - ähnlich wie der Bauernpräsident - allerdings wiederholt auch ihre angebliche, eigene Hilflosikeit darüber bekunden, die Beteiligung von aggressiven Gewaltbereiten in ihren eigenen Reihen nicht einhegen zu können.

Genau dabei handelt es sich um das Risiko schlechthin, das in dem Fall, wenn nichts dagegen unternommen wird, alle Beteiligten sehenden Auges eingehen und ihrer eigenen Veranwortung gegenüber anderen, unbeteiligten Dritten und der Öffentlichkeit als solcher nicht gerecht werden, wenn sie mit Treckern, Lastwagen u.a. schweren Gerätschaften andere, in diesem konkreten Fall in Schlüttsiel waren es rund 30 unbeteiligte Passagiere, mindestens ein LKW, der Vizkanzler und der Kapitän der Fähre zum Rückzug nötigen, offensichtlich auch in Unkennntnis oder Ignoranz über die allgemeine Gefahrenlage bei jedem Anlegen eines Schiffes. Hier ein Beispiel für eines (nach erster Sicht, ohne Gewähr) der noch moderateren Videos, externe Seite, youtube.com: Robert Habeck wird auf der Fähre abgefangen - So verlief der Tag

Wer berichtete wem über Habecks private Halligreise?

Was in o.g. Video gegenüber dessen Publikum noch geheimnisvoll, nämlich ledigich als "Nachricht" (aus unbekannter Quelle) bezeichnet wird, das Habeck "auf dem Boot" sei, entpuppte sich nur Stunden später als eine dem verfassungsfeindlichen Spektrum zugeordnete, schleswig-holsteiner Schwurblergruppe, die auf Telegram die "Information" der privaten Reise des Kanzlervizes in Form einer Fake-Einladung zum Gespräch verbreitete, wie Schleswig-Holsteins Innenministerin Sütterlin-Waack zunächst gegenüber dem NDR äußerte und auch in einem schriftlichem Statement veröffentlichte. Über den Telegram-Kanal wurde auch dazu aufgerufen, "mit allem zu kommen, was Räder hat", ein "typischer Mobilisierungsaufruf" in der Szene, so die Innenministerin weiter, weitere Infos, externe Seite, mit weiteren Reaktionen aus der Politik, ndr.de: Fähre mit Habeck an Bord von Bauern blockiert - Politik empört

Und, externe Seite, schleswig-holstein.de: Statement von Innenministerin Sütterlin-Waack zu den gestrigen Vorfällen in Schlüttsiel

Die Landwirte stehen nach diesem Ereignis in Nordfriesland zwei Tage vor der vom Bauernverband groß angekündigten "Aktionswoche" vor einer sehr persönlichen Entscheidung, nämlich der, ob sie das eigene Risiko eingehen wollen, gegenüber einer möglichen Gewaltbereitschaft u.a. von Nichtbauern und weiteren Interessensgruppen in ihren eigenen Reihen, die sich wahrscheinlich unter sie mischen werden, womöglich nicht mehr Herr der Lage ihrer eigenen Aktionstage zu sein - und damit in Kauf nähmen, Unbeteiligte zu gefährden.

Diejenigen, die diese Fake-Einladung nicht nur so dankbar annahmen, sondern sogleich zum Anleger stürmten, so muss man es sagen, hätten sich selbst vor ihrem Aktionismus fragen sollen, von wem stammt diese Nachricht, kann man der Quelle vertrauen, was soll wem vermittelt oder etwa nur suggeriert werden; woher stammt eigentlich die ursprüngliche Information, dass "Habeck auf dem Boot" sei. Und vor allem hätten sie sich selbst fragen müssen, ob es legitim ist, privat reisende Poltiikern nachzustellen. Oder hätten sie selbst etwa nichts dagegen, wenn plötzlch 300 Leute mit schwerem Gerät in ihrem Garten stehen, während sie gerade in ihrem Garten lediglich privat zu Mittag essen?

Echte Landwirte oder unwissende Landratten?

Mindestens an der Küste darf man erwarten, dass Bauern ihrer Verantwortung gegenüber Küsten-, Anlege- und Hafenbereich und Seerecht kennen, und dass das An- und Ablegen von Schiffen und Fähren zu blockieren und damit Besatzungen, Passagiere und Fracht einem unkalkulierten Risiko auszusetzen, alles andere, als eine Kleinigkeit ist. Die Bauern müssen diese und andere Formen der Gewalt in ihren Reihen sofort stoppen. Wenn das nicht (mehr) umsetzbar ist, weil sie bzw. der Bauernverband es möglicherweise schlicht versäumt haben, im Vorfeld der ausgerufenen Protestewoche dafür rechtzeitig Sicherheitsstrukturen zu installieren, was sehr wohl möglich ist, wie unzählige andere Großveranstaltungen beweisen, sollte die Aktionswoche abgeblasen und verschoben werden, bevor noch Schlimmeres passiert, als dass eine Fähre u.a. dank eines veranwortungsvollen Kapitäns noch gerade rechtzeitig ablegen konnte, bevor er einen gewaltbereiten Mob an Bord hat, der auf seiner Fähre blind herumwütet.

Der fern von den Küsten residierenden Landwirtschaftsministerin Bayerns, Michaela Kaniber, die das gefährliche Geschehen an der für sie fernen Nordseeküste heute tatsächlich für eine Art der legitimen Kontaktaufnahme mit Bundesministern fehlinterpretierte und dem bayerischen Vizeministerpräsidenten Hubert Aiwanger der nach eigenen Angaben die Bauernwut versteht als auch das undefinierte "große Ganze" allein durch die Bundesregierung in welcher Gefahr auch immer gebracht sieht und sich deshalb persönlich an den Protesten der Bauern beteiligen möchte, empfehlen wir den Kommentar von Barbara Kostolnik, externe Seite, tagesschau.de: Blockade-Aktion gegen Habeck - Wut ist keine Lösung - Für eine Enttoxifizierung der Gesellschaft.

Was echte Landwirte von lediglich schlecht informierten Landratten wirklich unterscheidet ist, sich in allem, was sie tun, und das ist eine Menge, besser als andere und damit stets sehr gut auszukennen. Wenn man sich mobilisieren lässt, gehört dann aber auch dazu, zumindest Mobilisierungsaufrufe von Schwurblern aus zweifelhaften Quellen von ordentlich angemeldeteten Veranstaltungen zu überprüfen und unterscheiden zu können, deren erstes Unterscheidungsmerkmal darin besteht, eben nicht den Rechtsstaat aus den Angeln heben zu wollen. Und genau das, nämlich nicht den Staat aus den Angeln zu heben, ein angemessenes Maß und ein Ausschluss von gewaltbereiten, aggressiven Gruppen und Einzelnen, erwartet die bundesweite Öffentlichkeit nun auch vom federführenden Deutschen Bauernverband in der kommenden Woche.

Die analogen Konsequenzen digitalen Fake-Einladungsgedöns?

Am 6. Januar 2023 meldeten mehrere Medien, die Sicherheitsbehörden, darunter der Verfassungschutz, das BKA und die Länderbehörden des Verfassungsschutzes warnen deutlich vor einer Unterwanderung der Bauernproteste in der kommenden Woche durch Extremisten, die mit Mobilisierungs- und Solidaritäsaufrufen über "soziale Medien" unter anderem zu "Umsturzrandale", "Unterwanderung", "Bauernaufstand" und "Generalstreik" aufrufen. Im Fall der Blockade in Schlüttsiel, die unisono von Bundespräsident, Parlament, Bundesregierung, Ministerpräsidenten, weiteren Bundes- und Landspolitikern, Präsident und Leitern von Bauernverbänden auf Bundes- und Landesebene als Grenzüberschreitung verurteilt wurde, ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Flensburg wegen Nötigung und möglichem Landesfriedensbruch.

Bauern sind auch nur Medienkonsumenten?

Und das Wirtschaftswetter fordert weiter eine Kennzeichungspflicht von Informationen über Soziale Medien für ungeprüfte Meldungen, die in die Irre führen, - wie man an der Telegram-Fake-Einladung sieht, die einen großen Beitrag zur Blockade in Schlüttsiel "geleistet" hat und in diesem Fall bereits irrführend ist. Zumindest von einigen Bauern dürfte diese Fakeeinladung als echte "Einladung zum Gespräch" verstanden und somit mutmaßlich fälschlicherweise mit einer echten Veranstaltung verwechselt worden sein.

Diese inzwischen in mehreren Medien veröffentlichte "Einladung" zum "Gespräch mit Habeck" ist inhaltlich und formal auch ganz ähnlich aufgebaut wie Millionen andere, lediglich weitergeleitete Nachrichten über andere echte Veranstaltungen auch, die es in diesem Fall in Wirklichkeit aber gar nicht gab: Es existierte überhaupt keine Gesprächsveranstaltung oder irgendeine Einladung dazu, sondern irgendein Schuft hat die Information einer Privatreise (!) des Ministers mutmaßlich manipulativ missbraucht, die zu dem Vorfall maßgeblich beigetragen hat.

Profis hätten bei solch einer "Einladung" nach der Originaleinladung gefragt bzw. selbst danach gesucht. Aber kann man das wirklich von normalen Verbrauchern (oder gar Minderjährigen, die sich ebenfalls millionenfach im Netz "informieren") bzw. jeglichen Social-Media-Usern erwarten, so etwas routinemäßig zu durchschauen, die mit der ganzen, zum Teil auch seltsam umgesetzten Digitalsierung analoger Vorgänge sowieso schon alltäglich überfordert sind?

Aus unserer Sicht muss gekennzeichnet werden, um die Entscheidung- und Handlungsfähigkeit von Konsumenten solcher Nachrichten - und grundsätzlich von Verbrauchern im Umfeld sozialer Medien zu stabilisieren, aus einem einzigen Grund: weil Fakenachrichten ein exorbitantes Ausmaß erreicht und eine galoppierende Manipulationskraft entwickelt haben, die historisch einmalig ihresgleichen sucht und durch die normale Verbraucher längst nicht mehr durchsteigen, weil sie sich in einem immer undurchsichter werdenden Mediendschungel befinden, in dem ohne eindeutige Kennzeichnungen einfach nicht mehr sichtbar ist, wo es überhaupt langgeht, welche Quellen hinter Worten und Bildern stecken, ob diese seriös sind, wer diese Information veröffentlicht und wo man sich weiter informieren kann.

Undefinierbares muss nicht als Undefinierbares gekennzeichnet werden, ernsthaft?

Für jedes noch so unwichtige analoge Produkt ist der große Informationsbedarf der Verbraucher über Herkunft, Inhaltsstoffe, Lieferwege etc. sogar europaweit längst erkannt worden, bei sozialen Medien aber begnügt sich der Gesetzgeber damit, diese oder jene Inhalte zu verbieten, die regelmäßig, u.a. wegen unterschiedlicher Gesetzgebung und Zweifeln über Illegalität oder nicht gar nicht zu verbieten sind und Eltern und Schulen aufzufordern, für die "Medienkompetenz" der Jugend zu sorgen - und sich ansonsten von den großen Betreibern an der Nase herumführen zu lassen, was deren eigene Medienkompetenz im Sinne einer vernünftigen Verantwortungsübernahme betrifft. Was die neue EU-Gesetzgebung - KI-Regulierung (AI-Act) und Digital Service Act (DSA) diesbezüglich bringen wird, bleibt abzuwarten.

Soziale Medien sollten ihre Inhalte zumindest als "ungeprüft" und "mögliche Fakemeldung" - ähnlich wie durch KI generierte Nachrichten und Informationen - kennzeichnen müssen, wenn sie, wie in der Gegenwart immer noch üblich, jede Content-Überprüfung schlicht unterlassen, zum großen Teil noch nicht einmal eine einzige Quelle benennen müssen oder gar irgendeinen Ansprechpartner oder Kontakadresse. So bleibt vielen Usern immer öfter nicht mehr viel übrig, als im hektischen Alltag - ohne jede vernünftige Datenbasis - ähnlich wie beim Blick in die Glaskugel lediglich noch persönlich einzuschätzen, sprich Vermutungen anstellen zu können, oder "zu glauben", dass diese oder jene Info oder Nachricht angeblich richtig oder falsch sei. Und mit KI wird das sicher in kürzester Zeit noch viel "interessanter" werden.

Eine eindeutige Kennzeichnung, dass hier "Ungesprüftes" vorliegt bzw. im Smartphone auftaucht, würde Nutzerinnen und Nutzer mögicherweise dazu bringen, sich genauer zu überlegen, ob man irgendeine Meldung unklarer Herkunft und dank mangelnder Ansprechparnter nicht doch noch durch eine weitere, davon unabhängige Quelle erst einmal bestätigen lassen möchte, bevor man sich in wilden Aktionismus stürzt. Damit würde Information über Soziale Netzwerke an das Presserecht herangeführt - und das sollte es überfälligerweise auch - weil es letztendlich auch das Vertrauen in über Soziale Medien verbreitete Informationen stärken könnte und etwas mehr Wirklichkeit als Fake täte dem Netz sicher ebenfalls sehr gut. Darüberhinaus würde die Gegendarstellung verpflichtend, und die ist noch viel mehr als Kennzeichnungen ein echter Gamechanger, weil zutiefst demokratisch.

Nachforschen oder Kennzeichnen vorm Ablegen oder Einverleiben?

Das soll die im vorauseilenden Gehorsam gegenüber zweifelhaften digitalen Quellen Handelnden, die sich - ohne zu überlegen, wie echt das war, was sie da als angebliche Einladung digital serviert bekamen - mit schwerem Gerät auf den Weg machten, um ausgerechnet unbeteiligte Schiffsreisende und den privat reisenden Vizekanzler zu bedrängen, nicht von ihrer eigenen Verantwortung freisprechen. Wat der Buer nicht kennt... - der Spruch ist nämlich gar nicht so negativ, wie viele gemeinhin annehmen, im Gegenteil, was man nicht genau kennt, sollte man vielleicht doch noch einmal genauer betrachten und überprüfen, bevor man es sich spontanstmöglich einverleibt, vor allem, wenn es sich um digitale Kost handelt, im Sinne von zu Eigen machen. Damit sind nicht nur die Landwirtinnen und Landwirtinnen bisher immer sehr gut gefahren.

Die in Schlüttsiel Beteiligten dieser Fakeeinladung hätten genauso wie üblicherweise alles andere (z.B. analoge Enladungen, Versicherungsverträge, Haustürgeschäfte, Werbeanrufe etc.) überprüfen müssen - und vor allem über die Folgen nachdenken -, aber die Sozialen Medien, die im Gegensatz zu Werbung in der Zeitung ohne jede noch so kleine Kennzeichnung, Dritten ermöglichen zu solche dämlichen Aktionen aufzurufen - und leider schon seit Jahren ebenfalls Dritten ermöglichen, Beiträge zu extremistiche Unterwanderung zu veröffentlichen, sollten darüberhinaus nicht mehr grundsätzlich ohne jede Begründung von jeder Kennzeichnungspflicht befreit bleiben, weil dieser Mangel an wichtiger Verbraucherinformation eben auch ganz gezielt von Extremisten ausgenutzt werden kann und wird und genau das inzwischen systemrelevant für jede Gesellschaft geworden ist, in der, als Teil von ihr, Soziale Medien endlich ihren Anteil an einer angemessenen Verantwortung übernehmen müssen, die nicht zuletzt ihren riesigen Reichweiten innerhalb der Gesellschaft entspricht.


2024-01-05, Angelika Petrich-Hornetz
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Foto Banner: aph
Infos zu Datenschutz + Cookies

Quellen bzw. Links: twitter.com, gesetze-im-internet.de, bauernverband.de, handelsblatt.com, schleswig-holstein.de, ndr.de, tagesschau.de

zurück zu: Themen

zurück zu: Startseite

wirtschaftswetter.de
© 2003-2024 Wirtschaftswetter® Online-Zeitschrift