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US-Wahlen 2024

Kein Erdrutschsieg für Trump, trotz aller Propaganda

von Angelika Petrich-Hornetz

Am 5. November 2024 haben die Amerikanerinnen und Amerikaner Donald Trump eine zweite Amtszweit beschert, aber beileibe nicht alle. Seitdem hält sich das Märchen von einem Erdrutschsieg, der in Wirklichkeit ganz gewöhnlich knapp wie immmer war

Zum Zeitpunkt des Enstehens dieses Textes war die Auszählung in den USA noch in vollem Gang. Zugegeben, wir hatten mit dem dann eintretenden Ergebnis gerechnet, fanden aber schon zu dem Zeitpunkt, dass es sich keinesfalls um einen Erdrutschsieg für Trump handelte.
Im Gegenteil, die demokratische Kandidatin Kamala Harris hatte ihre Sache in einer buchstäblichen Blitzwahlkampagne sehr gut gemacht. Das einzige, was einige laut inzwischen getätigten Nachwahlbefragen, vermissten, waren noch deutlichere Worte zu den Themen Wirtschaft, Arbeit, Sicherheit. Allerdings gab es außer lauter bisher noch leeren Versprechungen, zuletzt von "Goldenen Zeiten" diesbezüglich auch nicht viel von deren Gegenseite zu hören.

In vielen US-Staaten, die wie gewohnt oder erstmals an Trump fielen, lag (nach aktuellem Stand) Harris deutlich über 40 Prozent, darunter North Carolina, South Carolina, Ohio, Iowa, Kansas, Nevada, Arizona, und alle Swingstates. Selbst in Texas kam sie auf 42,4 Prozent, in Florida auf 42,9 und Alaska auf 40,4. Die Swingstates legten sich wie gewohnt nur sehr knapp fest: So gewann Harris mit Stand von 20:15 Uhr, 6. November 2024, laut CNN in Georgia rund 48,4 Prozent der Stimmen gegenüber von 50,7 für Trump; in Pennsylvania ähnlich mit 48,4 für Harris zu 50,5 für Trump. In Michigan betrug mit zu dem Zeitpunkt 48,3 Prozent für Harris gegenüber 49,8 Prozent für Trump die Zahl der ihr fehlenden Stimmen 83.000. Die gingen aber keineswegs allesamt an Trump, sondern allein rund 45.000 Stimmen an die grüne Kandidatin Jill Stein und rund 27.000 an den Liberalen Chase Oliver. Das soll lediglich verdeutlichen, dass eben nicht jede/r Wähler/in, die/der nicht für Harris war, deshalb automatisch auch für Trump stimmte.

In Wisconsin fiel das Ergebnis noch knapper aus und betrug am 6. November 2024 der Unterschied während der laufenden Auszählung 48,8 Prozent für Harris zu 49,6 Prozent für Trump, damit gerade einmal 0,8 Prozent oder in Zahlen 28.240 Stimmen. Auch hier gab es weitere Kandidaten, genauso in Georgia und Pensylvania. In Nevada dauerte das Ergebnis noch etwas, weil tausende Stimmen von Jungwählern nicht den Formalien genügten, die bis zum 12. November noch nachgereicht werden mussten.

Haushoch gewonnen mit über 50 bis 60 Prozent Stimmenanteilen ist beiden Kandidaten indes in ihren klassischen Hochburgen gelungen, so fiel an Trump der Mittlere Westen. Was immer sich u.a. dieser davon verspricht - ob es eintrifft, wird sich erst im Lauf der kommenden vier Jahre zeigen.
Insgesamt fehlten Harris, in zu dem Zeiptunkt, am 6. November noch aktuellem Strand, rund 5 Millionen Stimmen, das entpricht etwa einer Bevölkerungzahl zwischen Rheinland-Pfalz und Hessen oder einer einzigen Metropolregiion, wie z.B. der von Phoenix, Arizona. Insgesamt erreicht Harris am 6. November (während der noch laufenden Auszählung) je nach den unterschiedlichen Anbietern von Wahlstatistiken 47,5 bis 47,6 Prozent der Wähler/innen-Stimmen und Trump von 50,9 bis 51 Prozent, ein niedriger, einstelliger Unterschied von maximal 3,4 Prozent. Ein Erdrutschsieg ist das ganz sicher nicht, sondern eher das erwartbare wie übliche, knappe Rennen ums Weiße Haus, wie in all den Jahren der jüngeren Verganheit zuvor. Wenn die aktuelle Weltlage nicht so kritisch angespannt wäre, wäre das Übliche auch kein Drama.

Was ist ein Erdrutschsieg?

Am Ende der Auszählung stand es sogar mit 72.461.644 somit 48,2 Prozent der Stimmen für Kamala Harris zu 75.603.104, somit 50,2 Prozent Stimmen für Donald Trump. Das sind gerade einmal 2 Prozent oder 3.141.460 Stimmen Unterschied, relativ wenig bei zusammen 148.064.748 Wählerinnen und Wählern. Die Größenordnung beschränkt damit deutlich, zum Beispiel wären das die Einwohner von Hamburg plus München und Leverkusen oder in etwa die von Schleswig-Holstein.

Zwar existiert bisher keine offizielle Quantifizierung des dehnbaren Begriffs "Erdrutschsieg" (Landslide Victory), aber ein Erdrutschsieg wird u.a. Ronald Reagan (Republikaner) nachgesagt, der - anders als Trump 2016 und 2024 - tatsächlich 49 von 50 US-Staaten für sich gewinnen konnte. Ein zweites Beispiel ist Franklin Delano Roosevelt (Demokrat) mit 523 Wahlleuten und 61 Prozent der Stimmen zu den 8 Wahlmänbern und 37 Prozent der eingesammelten Stimmen seines damaligen Gegenkandidaten Alf Landon (Republikaner).

In den Diskussionen darum, was nun ein Erdrutsch-Sieg sei oder nicht, wurde wiederholt vorgeschlagen, prozentual sollte der Stimmengewinn gegenüber der Konkurrenz mindestens zweistellig ausfallen, also mindestens 10 Prozent,. Einige gehen dagegen von mindestens 15 Prozent aus, die gegeben sein sollten, um einen sehr deutlichen Stimmengewinn, der sich bei noch mehr dazukommenden Stimmanteilen in laufenden Auszählungen auf die 20 Prozent zubewegte, zu unterstreichen. Das Electoral College (Wahlmänner-System) definierte in der Vergangenheit einen Erdrutschsieg, wenn der Erdrutschsieger 375 Wahlmänner oder 70 Prozent der electoral votes auf sich vereinigt. Da kann sich Kamala Harris in den diesjährigen US-Präsidentschaftswahlen aber sowas von sehen lassen und erst recht Hillary Clinton vs. Donald Trump, anno 2016, die sogar mit knapp 3 Millionen Stimmen mehr als Trump bzw. 48,2 Prozent der Wählerstimmen gegenüber Donald Trump mit nur 46,1 Prozent der Stimmen, damit genauso vor ihm in der Wählgunst lag wie jetzt 2024 Trump vor Harris- und am Ende doch mit 227 Wahlleuten zu 304 unterlag, ein Ergebnis, das im Anschluss an die Wahl 2016 für viel Kritik am US-Wahlsystem sorgte.

Trotzdem ist auch dieses gewöhnliche, weil knappe Ergebnis gerade jetzt durchaus ein Drama, nicht zuletzt genau aus dem Grund, weil von der üblichen Klientel wider jeder Vernunft ein Erdrutschsieg fortgesetzt suggeriert und verbreitet wird, der schlicht nicht existiert, sondern ein Fake ist. Das zeigt nur eins, nämlich wie unwichtig Fakten der international zunehmend vernetzten, autokratisch orientierten Männerwirtschaft generell sind, die sich gewöhnlich ähnlich in derselben Art und Weise vollkommen faktenfrei in ihren Märchen suggestiv gegenseitig bestärkt, bis hinein in die Hysterie hochschaukelt, in der besinnungslos u.a. die Rechte von Frauen ebenso faktenfrei mit vereinten Füßen getreten werden.

Trotz des marginalen Gewinns von zwei Prozent Stimmenanteil, kommt allerdings noch die - ebenso übliche, knappe - Hausmacht in Senat und Repräsentantenhaus hinzu und haben knapp, aber immer noch zu viele US-Amerikaner das glatte Gegenteil von Freiheit gewählt, außerdem ein hinlänglich vorhandenes, kapitales Frauenproblem nicht nur offengelegt, sondern möglicherweise noch befördert. Die "sozialen Medien", darunter die Plattform X von Trumps neuem, besten Freund Musk explodierten nach dem Wahlsieg der Republikaner dementsprechend unverhältnismäßig vor frauenverachtender Häme und ebensolcher gegen farbige Amerikanerinnen und Amerikaner. Und die Taliban gratuliertem dem Wahlsieger Trump. Das sagt wohl einiges über das erwartbare Niveau in den kommenden vier Jahren aus.


2024-11-06/11-16, Angelika Petrich-Hornetz
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
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