von Angelika Petrich-Hornetz
Ob der 23. Februar oder der 14. März. Für die paar Tage Zeitgewinn ist der Preis für eine vorgezogene Vertrauensfrage vom 15. Januar 2023 auf den 16. Dezember 2024 relativ hoch, für ein 18-seitiges Wirtschaftskonzept erst recht. Das bedeutet in jedem Fall Wahlkampf zu Weihnachten und Silvester über Neujahr bis in den Karneval hinein (was immerhin die Wagenkünstler inspirieren wird). Wie "passend". Neben dem noch immer nicht ganz verdauten, amerikanischem gibt es somit auch hierzulande noch einen Blitzwahlkampf obendrauf.
Das sorgt bei nachweislich miesem Wetter für dementsprechend ebensolche Laune, falls die potentiellen desillusionierten Wählerinnen und Wähler davor nicht sowieso ins sonnigere Ausland - und somit von den heimischen Wahlurnen weg - flüchten werden, jedenfalls diejenigen, die es sich finanziell und (!) zeitlich noch leisten können. Was sagt eigentlich der deutsche Einzelhandel zu diesem Neuwahlen-Zeitplan? Immerhin ist das Weihnachstgeschäft eine Haupteinnahmequelle für ortsansässige Händler.
Zusätzlich ist ein ordentlicher Ablauf einer Bundestagswahl auch mit einem 23. Februar 2025 ein immer noch nicht zu unterschätzendes Risiko, weil der Zeitrahmen nun deutlich kürzer, als bei vorangegangene Neuwahlen ausfällt. Es könnte problematischer werden als gedacht, u.a. wegen einzuhaltener Fristen, schaut man sich einmal an, wie der Ablauf der herkömmlichen, bereits lange im Voraus geplanten Bundestagswahl im September 2025 an, wie dieser im normalen Ablauf ausgefallen wäre, externe Seite, bundeswahlleiterin.de: Bundestagswahl - Termine und Fristen
Die Seite dürfte wegen der vorgezogenen Bundestagswahl in Kürze aktualisiert werden, fall es dort noch jemand schafft. Anm. d. Red.
Die Frist, ab dem 16. Dezember, dem Tag der Vertrauensfrage bis zur Wahl beträgt 69 Tage - und ist damit der letzte Tag für die Einreichungen von Kreiswahlvorschlägen und Landeslisten der Landeswahlleitungen. Die Frist für die Beteiligung von Parteien an der Wahl läuft dagegen bereits am 28. November 2024 ab, wenn diese seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge nicht unterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren. Ausgerechnet am Nikolaustag, 6. Dezember läuft die Frist für Parteien ab, die bereits seit fünf Jahren im Bundestag oder Landeparlamenten saßen und für Vereinigungen, die erst durch den Bundeswahlausschuss anerkannt werden, somit zur vorgezogenen Wahl zugelassen werden könnten. Diese müssten demnach nun zügig mit dem Stiefelputzen beginnen.
Sollten Sie persönlich erst heute eine Partei oder Vereinigung gründen, die zur nächsten Bundestagswahl im Februar 2025 antreten wollte, werden Sie es wohl kaum noch schaffen, wie einst Macron in Frankreich mit "En Marche" in die französische Hauptstadt, auch in Deutschland, zumindest bei dieser Wahl, bis nach Berlin durchzumarschieren. Die Hoffnung (auf bessere Zeiten) stirbt bekanntlich zuletzt, ist aber einer der wichtigsten Faktoren bei sämtlichen Wahlen, den man nie unterschätzen sollte.
Ab Anfang Dezember ist dann spätestens auch für den Bundeswahlausschuss die Weihnachtszeit 2024 vorbei. Ab dem 10. Dezember läuft ferner die Frist für Beschwerden von Parteien und Wählervereinigungen beim Bundesverfassunggericht wegen Hinderung an der Wahl ab (und dann kommt eigentlich erst die Vertrauensfrage). Am 2. Weihnachtsfeiertag ist der letzte Tag der Entscheidung diesbezüglicher Beschwerden beim Bumdesverfassungsgericht, das eine gemütliche Bescherung somit ab sofort ebenfalls knicken kann. Was sagen eigentlich die Kirchen und Chorleiter dazu?.
Einen Tag vor Silvester, am 30. Dezember wäre dann wohl der letzte Tag für Beschwerden bezüglich Landeslisten und Kreiswahlvorschlägen (jedenfalls dann, wenn wir hier nicht längst durcheinander gekommen sein sollten) und bereits im jungen, neuen Jahr, am 5. Januar 2025 müsste der früheste Termin sein - für die Erteilung von Wahlscheinen folgen. Hurra, die Wähler kommen zu Neujahr!
So oder So dürfte jedem klar sein, dass die üblichen Weihnachtsferien und ruhige Festtage von Dezember 2024 bis Januar 2025 erledigt sein werden, wovon diverse Urlaubspläne, Betriebsferien, Weihnachtsfeiern und Schließungszeiten betroffen sein dürften. Neben unzähligen Wahlhelfern wird nun plötzlich und unerwartet jede Menge Personal notwendig werden.
Ferner müssen sich Hersteller, Marktbetreiber und Beschäftigte im Gastgewerbe auf Weihnachtsmärkten und Silvesterfeiern inklusive Neujahrkonzerten ggf. erstmals rechtzeitig mit dem Thema Briefwahl beschäftigen, bevor sie weit weg von ihren Wahlurnen im Weihnachtsgetümmel arbeiten werden. Hoffentlich ist die Post auch darauf eingestellt, dass nun zusätzlich zur Weihnachtspaketeflut auch noch viel mehr Brief-Kundschaft, immerhin ein paar Millionen, zu erwarten sein wird und möglichst kein Zustellchaos daraus entstünde.
Nun wird das Bundesinnenminsterium die Frist vom Wahlttag nach 60 Tagen ab Vertrauensfrage, auch, gesetzlich wasserfest, auf deutlich weniger Tage verkürzen dürfen. Allerdings werden damit die Zeit für das ganze notwendige Wahl-Prozedere und werdem damit die einzuhaltenden Fristen auch alles andere als länger. Daraus folgend werden Anträge, Beschwerden und Entscheidungen über Anträge und Beschwerden, ob von teilnahemwilligen Parteien, Vereinigungen, die gewählt werden wollen oder eben Wählernnen und Wählern, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen möchten, ähnlich kurz aufallen.
Einige Veranstalter wird es vielleicht noch freuen, wenn bei ihnen Hallen u.ä. Räumlichkeiten für Wahlkampfveranstaltungen ab sofort vermutlich zusätzlich zu Weihnachtskonzerten und Betriebsfeiern angefragt werdem, allerdings erstere mit ziemlich eingeschränkt festlicher Atmosphäre. Dementsprechtend sind nicht nur die Parteien im Dauer-Stress, sondern werden vermutlich auch neben der Touristik und dem Gastgewerbe, zur Weihnachtszeit meist schon in normalen Jahren am Anschlag, Sicherheitdienste und einmal mehr die ständig überbeantspruchte Polizei ihre Weihnachts- und Silvesterurlaube vergessen können.
Unter denjenigen, die absehbar benachteiligt werden, sind u.a. Kleinparteien, die kaum noch Zeit haben werden, die für eine Teilnahme an der vorgezogenen Bundestagswahl notwendigen Unterschriften zu sammeln. Manche haben sich bereits geäußert, dass für sie genau das dieses Mal nicht mehr zu schaffen sein wird. Es ist, auch wenn da kaum einer denjenigen, die echte Chancen auf Regierungsbeteiligung haben werden, im Weg stehen wird, grundsätzlich nicht gut für die Demokratie.
Alles in allem wird die Weihnachtszeit in eine unruhige Wahlkampfarena umfunkioniert und damit selbst in Privathaushalten voraussichtlich alles andere als ruhig und besinnlich ausfallen. Die einen hoffen gar auf ein Aufwachen, die Blitzwahl wird ein Weckruf werden. Die anderen befürchten das Schlimmste. Der Merkur titelte passend dazu, Verweis auf externe Seite, merkur.de: "Der Winterwahlkampf wird knüppelhart".
Darum werden sich manche vielleicht eher Ohrstöpsel zum Fest wünschen, "wahlweise" für 69 Tage ins Private abschalten (oder schlicht müssen, bei familiären Verpflichtungen) oder auf andere Art und Weise in Deckung gehen. Das könnte die Wahlbeteiligung beeinflussen, während die Kandidaten und ihre Wahlkampfhelfer bei 5 Grad plus im Dauerregen bis -5 Grad im Schnee das Unmögliche versuchen werden, nämlich politisch gegen das Wetter zu argumentieren. Die Logistikbranche warnt ihrerseits bereits seit Wochen vor Lieferengpässen im Winter, was sicher die Stimmung noch ordentlich "heben" wird.
Somit können wir Ihnen im ab jetzt rapide alternden Jahr 2024 an dieser Stelle nur noch erträgliche Wahlkampf-Festtage 2024/25 und ein möglichst glückliches Neuwahljahr 2025 wünschen.
2024-11-17, Angelika Petrich-Hornetz
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
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