von Anne Siebertz
Schluss mit der Krise. Der Aufschwung ist greifbar nah. So sollte man meinen, wenn man derzeit einen Blick in die Medien wagt. In Nachrichten- und Wirtschaftsmagazinen wird bereits seit Ende des vergangenen Jahres fast täglich ein Finanz- oder Börsenexperte präsentiert, der den absehbaren Aufschwung überzeugend darstellt. Die Zahl der Arbeitslosen geht im Zuge gut gefüllter Auftragsbücher zurück, der Konsum steigt. Die Presse berichtet von Personen, die durch pfiffige Maßnahmen wieder in Lohn und Brot gekommen sind. Täglich werden neue Förderprojekte der Länder aufgelegt. Und die Manager unseres Landes haben die Taschen voll Geld. So voll, dass sie sich bisweilen vor Gericht wegen zu großer Habgier in Form von Korruption oder Schmiergeldaffären verantworten müssen.
Doch eines vergisst man allzu leicht in dieser euphorischen Stimmung: Während auf der einen Seite die Taschen überquellen (jüngsten Berichten zufolge verdient heute ein Manager in Deutschland bis zu 100 mal mehr als der normale Angestellte und in den USA sind es sogar bis zu 300 mal so viel) hat der kleine Mann immer weniger Geld zur Verfügung. In den vergangenen zwei Jahren sind seine Reallöhne durch Streichung von Weihnachtsgeld und Überstundenzuschlag und durch die Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit kräftig gesunken. Höhere Energiepreise machen täglich Schlagzeilen, die Gesundheitskosten sind deutlich gestiegen und nun auch noch die Mehrwertsteuererhöhung. Und nicht nur der Bürger muss sparen, sondern auch die öffentliche Hand. Unlängst berichtete der Kölner Stadtanzeiger unter der Schlagzeile Nahverkehr muss kräftig sparen über Einsparungen in Höhe von 516 Millionen Euro für den Nahverkehr, die bis 2010 eingespart werden sollen. Gleichzeitig treten Umweltschützer mit Forderungen auf den Plan, den Individualverkehr deutlich zurückzufahren, um Umweltbelastungen in den Innenstädten entgegen zu wirken. Verkehrte Welt?
Die Widersprüchlichkeit des gegenwärtigen Zeitgeistes haben Bildungsinstitute längst erkannt und steuern mit pfiffigen Seminarangeboten massiv dagegen. Stellvertretend für viele Institute bundesweit sei hier die Volkshochschule Köln angeführt, die in diesem Jahr unter dem Programmtitel Schwein gehabt. Clever Sparen mit der VHS! ein nettes Sparpaket für den gebeutelten Bürger schnürt.
Die Offensive beginnt mit der Aktion Sparvorschläge für Berlin. Jeder Bürger – zunächst aus Köln, aber das Programm könnte auch anderswo Schule machen – ist im April und Mai 2007 aufgerufen, seine Sparvorschläge zu einer der vielen Reformen in eine Sparbox zu geben. Die Ergebnisse werden ausgewertet und am 15. Juni mit Kommunalpolitikern diskutiert. Im zweiten Schritt gelangen sie dann als Sparvorschläge für Berlin über die Presse und die Abgeordneten in die politische Diskussion.
Ebenfalls hochaktuelle Sparvoschläge besonders für Frauen bietet das Programm zum Thema Rente. Unter dem Titel Wir alle leben länger, aber wovon? werden in einem Tagesseminar Anfang März Grundzüge des Alterseinkünftegesetzes und Vorsorgemöglichkeiten für Frauen vorgestellt. Das Thema gewinnt umso mehr an Brisanz, wenn man sich die statistische Lebenserwartung einer heute 40-jährigen Frau vor Augen führt: stolze 92 Jahre im Durchschnitt. Ähnlich, aber mit dem Schwerpunkt auf den Anlageformen Anleihen, Fonds, Aktien und Immobilien ist das Tagesseminar Private Altersvorsorge: Sparen, aber wovon? konzipiert. Wer sich in das Thema richtig einarbeiten möchte, macht sich am besten erst einmal mit den Grundlagen Investmentfonds vertraut.
Für ganze zwanzig Euro wird jeder Kursteilnehmer von Altersvorsorge macht Schule zum wahren Altersvorsorgeexperten. Für die bundesweite Beratungsinitiative haben sich die Deutsche Rentenversicherung, der Deutsche Volkshochschul-Verband, der Bundesverband Verbraucherzentrale und die Sozialpartner zusammen geschlossen und beraten individuell und kompetent, wie die persönliche Rente für jeden Teilnehmer aussieht und welche Lücken ggf. bestehen.
Schön an dem Programm der Kölner Volkshochschule ist, dass jeder Sparwillige dort sein persönliches Spar-Angebot nach Geschmack vorfindet. Das reicht von ganz legalen Steuertipps über eine kleine Wertpapierkunde, Erben und Vererben bis hin zu handfesten Tipps für effektives Haushalten. Manch einer entdeckt vielleicht schon bei einer kleinen Bestandsaufnahme aller Kosten, die in einem Haushalt über das Jahr anfallen, eigene Sparpotentiale. Bisweilen verstecken diese sich sogar in vermeintlichen Sonderangeboten. Fortgeschrittene oder Konsumjunkies finden in dem Kurs Finanzfasten eine nachhaltige und einfache Trainingsmethode als Abhilfe gegen zu hohen Konsumdruck.
Wem das noch nicht genug ist, der findet noch mehr praktische Alltags- und Sparhilfen in dem Angebot Wegwerfen nicht nötig. Der Referent nimmt dabei alltägliche Ärgernisse wie den tropfenden Wasserhahn, ein Toasterkabel oder die Kaffeemaschine genauer unter die Lupe und zeigt ganz praktisch, wie man beispielsweise Löcher in verschiedene Materialien bohrt. Auch Leute mit geringer Reparaturerfahrung finden dort Lösungen und erfahren, welche Grundausstattung an Werkzeug benötigt wird.
Auch Autofahrer können ihren Beitrag leisten mit umweltschonendem Erdgasantrieb. Damit sind laut Seminarankündigung auf Dauer Einsparpotentiale von bis zu 30 Prozent der Betriebskosten möglich. Für pfiffige Sparer eine durchaus interessante Perspektive.
Wer schon längst umweltfreundlich auf Bus und Bahn umgestiegen ist, sich aber dennoch über hohe Preise ärgert, meldet sich am besten beim Kurs Sparen beim Bus- und Bahnfahren an. An einem lauen Abend im Mai verspricht der Referent verständliche Tipps für Normalsterbliche, denen vor Worten wie Verbundtarif, Schöne Fahrt Ticket oder der Bedienung der Fahrkartenautomaten einfach nur graut.
Und nicht zuletzt bekommt auch der Häuslebauer auf alle Fragen rund um die Energiesparverordnung dank tatkräftiger Mitwirkung der Energieagentur NRW treffende Antworten.
Fazit: Wenn schon Sparen, dann gebildet.
2007-02-07 copyright by Anne Siebertz, Wirtschaftswetter
Text: ©Anne Siebertz
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