von Cornelia Schaible
Manche Leute glauben unbeirrt, in den Staaten gebe es weniger Bürokratie als in Deutschland. Die haben bestimmt noch nie in den USA gelebt und versucht, deutschen Wein zu importieren. Helga Janz-Wagner hatte die Idee. Diese auch in die Tat umzusetzen, dauerte allerdings Monate.
Ich hatte schon immer den Wunsch, einmal für längere Zeit im Ausland zu leben, sagt Helga Janz-Wagner, die aus der Mainzer Gegend stammt und auf einem Weingut aufgewachsen ist. Im Jahr 2005 klappte es endlich: Ihr Mann hatte ein Angebot erhalten, für seine Firma ein paar Jahre nach Michigan zu gehen. In den Raum Detroit, um genau zu sein. Als die Umzugskisten gepackt waren, war im Container noch Platz. Ziemlich viel Platz sogar. Mein Vater hat mir dann neun Kisten Wein mitgegeben – für Freunde und Bekannte, sagt die 49-jährige Betriebswirtin.
Der Wein aus Rheinhessen, den Janz-Wagner auch bei einer deutsch-amerikanischen Messe in kleinerem Rahmen vorstellte, fand großen Anklang. Die Sache hatte nur einen Haken: Der Inhalt der neun Kisten reichte nirgends hin, und die Bekannten drängten auf Nachschub. Das sollte einen nicht wundern, denn die Weine vom Janz’schen Familiengut tragen klangvolle Namen, wie Nierstein und Bodenheim. Alles bekannte Lagen, die seit Jahrhunderten hervorragenden Wein hervorbringen.
Nun ist es nicht so, dass es in Michigan keinen deutschen Wein zu kaufen gäbe. Aber die Auswahl ist doch sehr beschränkt, und es handelt sich dabei meistens um Weine aus Massenproduktion, die auch in Sydney oder Tokio im Supermarktregal stehen. Gute, saubere, einfache Weine, direkt vom Winzer, so etwas gibt es nicht. Und für viele, die einen Spätburgunder oder Weißherbst bei Janz-Wagner probierten, schmeckte der Wein ganz einfach nach – Heimat. Und sie wollten mehr davon.
Aber nicht nur ausgewanderte Deutsche zeigten Interesse an den spritzigen und fruchtigen Tropfen aus Rheinhessen. Die Trinkkultur in Amerika hat sich in jüngster Zeit erheblich verändert; der Weingenuss gehört seit einigen Jahren zum guten Ton. Viele Restaurants bieten Weinproben an, sagt Janz-Wagner, ständig werden neue Weinbars eröffnet – manche werden sogar von Frauen geführt! Deutscher Wein ist dabei mit von der Partie. Dass sich der Import von deutschem Wein in die USA in den vergangenen Jahren verdreifacht habe, das liege vor allem am Riesling, weiß Janz-Wagner: Man spricht von einem regelrechten Rieslingboom. Und so machte sich die Weinexpertin daran, eine Importlizenz zu erwerben.
Wer in den Rebbergen Rheinhessens aufgewachsen ist, findet am Weinbau zunächst einmal nichts Aufregendes. Klar ist nur, dass Wein viel Arbeit macht. Für Helga Janz-Wagner weckte erst eine Frankreichreise die Begeisterung für das Kulturgut Wein. Wir sind durchs Burgund mit dem Fahrrad gefahren, und das hat mich fasziniert – das war buchstäblich wie ein Wein-Garten! Der Aufenthalt in Detroit erwies sich für sie auch als willkommene Gelegenheit, den Wein unseres Familiengutes zu vermarkten und meine eigene Familie zu unterstützen.
Über eine private Organisation konnte sich Janz-Wagner schließlich bei der Food and Drug Administration (FDA) registrieren: Das hat mich eine Menge Geld gekostet! Die Zulassung gilt allerdings nur für Michigan; für jeden Staat braucht der Importeur eine extra Lizenz. Und in Michigan gibt es noch die Einschränkung, dass der Importeur selbst seinen Wein nicht verkaufen kann. Helga Janz-Wagner hat aber bereits einen Laden gefunden, der ihre Weine vertreibt. Außerdem arbeitet sie mit einem anderen deutschen Importeur von der Mosel zusammen, um ihr Sortiment zu erweitern. Aber sie hofft natürlich, dass die Detroiter Gefallen an ihrem Riesling finden – und auch den Sylvaner, Sauvignon Blanc, Bacchus, Spätburgunder und Cabernet Sauvignon nicht verschmähen. Aus den Weinbergen der Janz-Familie kommt auch eine ziemlich neue Rebsorte, die sich derzeit großer Beliebtheit erfreut: der tief dunkelrote Dornfelder.
Für die warmen und oft schwülen Sommerabende in Detroit empfiehlt Helga Janz-Wagner noch eine andere Sorte: Ich mag besonders gern einen fruchtigen Weißherbst.
2007-07-19 Cornelia Schaible, Wirtschaftswetter
Text + Fotos: ©Cornelia Schaible
Illustration: ©Angelika Petrich-Hornetz
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