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Giftige Geschenke - schwere Zeiten für den Weihnachtsmann

Garanten für ungiftige Geschenke fehlen

von Annegret Handel-Kempf

Giftiges Geschenk Niemand will Kindern einen Sack voll krebserregender, erbgutverändernder oder fruchtschädigender Stoffe unter den Weihnachtsbaum legen, die wie fröhliches Spielzeug oder kuschelige Kleidung aussehen. Die Meldungen über giftige Substanzen in Produkten, die für Kinder gedacht sind und immer häufiger aus China kommen, nehmen kein Ende. Ulrich Kelber, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im Verbraucherausschuss, sollte auf Anfrage Tipps zur Vermeidung von Alptraumgeschenken geben.

Seine Empfehlung: „Einstweilen auf Produkte mit dem GS-Zeichen zurück zu greifen und bei Zweifeln gegebenenfalls gezielt bei Herstellern und Behörden nachzufragen.“ („GS“ steht für „geprüfte Sicherheit“, Anmerkung der Redaktion). Aus eigenen Gesprächen, zum Beispiel mit Mattel, wisse er, dass die Vorkommnisse der letzten Monate bereits zu einer höheren Sensibilität bei den Firmen und verbesserten Prüfsystemen geführt haben. Rückrufaktionen und der Verlust des Vertrauens der Verbraucher würden am Ende für die Unternehmen teurer als die Einhaltung der Sicherheitsnormen.

Leider ist der Weihnachtsmann schneller als EU-Kommission, Bundesregierung und Länder: Dort wird eine eventuelle Verschärfung gesetzlicher Regelungen oder der Überwachung, die verhindern sollen, dass bedenkliche Produkte auf den Markt gelangen oder dort lange bleiben, geprüft.

Die Bälle werden beim Aufräumen von Spielzeugmüll augenscheinlich hin- und her geworfen: Kelber zufolge, sind die zuständigen Behörden auch in Kontakt mit den Herstellern und Importeuren, sowie den Exportländern, damit die Eigenkontrollsysteme verbessert werden.

Der Diplom-Informatiker und Biologe: „Jeder, der Produkte herstellt und vertreibt, muss dafür gerade stehen, dass seine Erzeugnisse unbedenklich sind und den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.“

Augen und Nase auch bei Marken auf

Sein Fazit: „Die Durchsetzung von mehr Sicherheit in diesem Bereich wird letztlich nur gelingen, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihrem Verhalten deutlich machen, dass Preis und Markenname unerheblich werden, wenn die Qualität nicht stimmt.“

Ökotest hatte in der Oktober-Ausgabe seines Magazins und im Jahrbuch 2008 etwa beim Test von Kinderschlafanzügen und Gummistiefeln festgestellt, dass ein hoher Preis oder ein Markenname nicht vor Belastungen schützt. Auch die Puppen bekannter Hersteller wiesen laut Dezember-Ausgabe in Tests der Unbedenklichkeits-Prüfer wenig Niedliches, wie Cadmium und andere Gifte, beziehungsweise krebserregende Stoffe, sowie verschluckbare Kleinteile, auf. Von 15 untersuchten Puppen sind zwölf so stark mängelbehaftet, dass sie nach Ansicht von Ökotest keinesfalls in Kinderhände gehören.

Informationsportal für Verbraucher fehlt

Einen Antrag der Grünen zum Bundeshaushalt, in dem eine neue Arbeitseinheit für die technische Sicherheit von Kinderprodukten gefordert wurde, lehnte die große Koalition ab. Und auch andere Forderungen des ehemaligen Regierungspartners, beispielsweise nach einer Verbraucherkommission mit einer zentralen Marktaufsicht- und Meldestelle oder einem Informationsportal für Verbraucherinnen und Verbraucher, haben bislang keinen Eingang bei der Bundesregierung gefunden. Eva Bell, Referentin für Verbraucherschutz in der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Die Grüne Bundestagsfraktion sieht mit Sorge die skandalösen Zustände bei der Produktsicherheit. Bereits im August hatten wir die Bundesregierung zu gefährlichen Verbraucherprodukten befragt und nur sehr unbefriedigende Antworten erhalten.“

Laut Statistik gäben rund 39 Prozent der untersuchten Produkte made in China Grund zu Beanstandungen. Daten über die durchgeführten behördlichen und privaten Rückrufaktionen würden jedoch fehlen und Informationsansprüche nach dem neuen Verbraucherinformationsgesetz verneint. Auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner kämen nur ein bis zwei Kontrollbeamte.

Während in Deutschland auf den Web-Seiten der zuständigen Ministerien für Eltern und Großeltern mit Kaufinteresse zum Fest weitestgehend Informationsflaute herrscht, können sich diese per Eu mühsam über die Produktwarnungen der Woche wühlen - oder durch die aus diesen Warnmeldungen erstellten zahlreichen Listen der konkreten Gefahrenquellen lesen, was allerdings zeitintensiv ist. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen EU-Warnmeldungen, soll die Spielzeugrichtlinie im Jahr 2008 überarbeitet werden, kündigte die EU-Verbraucherministerin an.

Länder finden Blei in Spielzeugen

„Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen wurde in den letzten Jahren in etwa 18 Prozent des von den zuständigen Länderbehörden untersuchten Spielzeugs und Modeschmucks aus chinesischer Produktion Blei gefunden und im Rahmen der Einzelfallprüfung entsprechende Maßnahmen getroffen“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drucksache 16/6256 – Gefährliche Verbraucherprodukte aus China. Für zahlreiche Produkte, insbesondere für die in Billig- und Discountmärkten kontrollierten, lägen keine Herstellerinformationen vor. Beim Großteil der Produkte erfolge die Angabe des Lieferanten/Importeurs, teilweise seien dies Postfachadressen aus den Niederlanden.

Weihnachtsmann

2008 mehr Schwermetall-Überprüfungen

„Nach hier vorliegenden Informationen sollen Spielzeugmaterialien ab 2008 in einigen Bundesländern verstärkt auf ihre Schwermetalllässigkeit hin geprüft werden“, lautet eine Antwort vom 24. September 2007 auf die Anfrage, die zumindest mit Blick auf die Geschenke fürs Weihnachtsfest 2008 auf bessere Aussichten verweist. Doch in diesem Jahr sind statt besinnlicher, wohl erst einmal bedenkliche Weihnachten angesagt.


2007-12-10 Annegret Handel-Kempf, Wirtschaftswetter
Text: ©Annegret Handel-Kempf
Illustrationen: ©ap
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