von Angelika Petrich-Hornetz
Hätten Sie es gewusst? Wer sich als Mensch mit Haustieren beschäftigt, denkt wohl eher an den eigenen Vierbeiner als an die Markt- und Volkswirtschaft. Dabei wächst der Heimtiermarkt kontinuierlich, jedes Jahr - Wirtschaftskrise hin oder her. Wie der *Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) Anfang des vergangenen Jahres mitteilte, bevölkern seit 2007 über 23 Millionen Haustiere (ohne Zierfische und Reptilien) die deutschen Haushalte, und die wollen zur Freude der Anbieter alle versorgt sein.
In jedem dritten deutschen Hauhalt lebt folglich ein Heimtier. Im europäischen Vergleich lag Deutschland damit unter 19 Ländern auf dem fünften Platz zwischen Großbritannien (25 Millionen Heimtiere) und Spanien (18,5 Millionen Heimtiere). Spitzenreiter war Russland mit 37,9 Millionen, gefolgt von Italien und Frankreich mit je 29,1 Millionen Heimtieren. Die Schlusslichter bildeten im Jahr 2007 Schweden, die Schweiz, Österreich, Dänemark und Norwegen.
Die große Tierliebe der Deutschen brachte dem heimischen Markt für Haustierbedarf im selben Jahr ein Umsatzplus von +0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2006 und insgesamt rund 3,3 Milliarden Euro ein.
Den größte Brocken in diesen Zahlen macht die Heimtierfertignahrung mit einem Umsatzvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro und einem Zuwachs von +0,4 Prozent zum Vorjahr 2006 aus. Dabei konnte der Markt für Katzenfutter seine Spitzenposition als größter Einzelbereich verteidigen. Zum Mäusejagen wird in Deutschland kaum noch eine Katze vor die Tür gesetzt: Gut 90 Prozent der Hunde- und Katzenhalter geben ihren Tieren Industriefutter. Insgesamt wurde mit Katzenfutter 2007 rund 1,23 Milliarden Euro und +0,8 Prozent mehr umgesetzt. Besonders beliebt waren so genannte Snacks und Katzenmilch. Hundefutter blieb 2007 indes mit etwas mehr als einer Milliarde Euro etwa auf Vorjahresniveau, allerdings mit großen Unterschieden: Während mit Hunde-Snacks +1,1 Prozent (844 Millionen Euro) mehr umgesetzt wurde, sank der Umsatz von Feucht- und Trockenfutter je um –0,4 Prozent. Fastfood scheint sich auch bei Heimtieren zu einem ernstzunehmenden Thema zu entwickeln.
Zulegen konnte im Jahr 2007 dagegen auch Zierfischfutter um +2,9 Prozent auf 71 Millionen Euro. Der Umsatz von Futter für Kleintiere wuchs gleichzeitig um +1,4 Prozent und ist mit 112 Millionen Euro nach Hunde- und Katzennahrung das drittstärkste Futtersegment. Dagegen sank der Umsatz mit Ziervogelfutter wiederholt und im Jahr 2007 um –7,6 Prozent auf 56 Millionen Euro. Ebenfalls die Bedarfsartikel für Ziervögel mussten mit –6,4 Prozent weniger Umsatz auf 44 Millionen Euro deutliche Einbußen hinnehmen. Dagegen wuchsen die Bedarfsartikelmärkte für Kleintiere, Hunde, Katzen und Zierfische souverän. Ingesamt setzte der Bedarfsartikelmarkt im Jahr 2007 rund 859 Millionen Euro um.
Wichtigster Vertriebskanal für Bedarfsartikel blieb wie in den Jahren zuvor auch 2007 der Fachhandel mit einem Umsatzanteil von 83 Prozent (715 Millionen Euro). Wichtigster Vertriebsweg für Heimtierfertignahrung blieb der Lebensmitteleinzelhandel - inklusive Discountern und Drogeriemärkten - mit einem Umsatzanteil von 69 Prozent (1,705 Milliarden Euro).
Unter den 23,2 Millionen Heimtieren in 37,5 Millionen Haushalten waren 2007 die mit Abstand beliebtesten Haustiere wieder Katzen (7,9 Millionen) und Hunde (5,3 Millionen) sowie Kleintiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Hamster u.a. (6,6 Millionen). Auf Platz vier kamen trotz ihrer rückläufiger Population Ziervögel (3,4 Millionen). Außerdem wurden rund 2,1 Millionen Aquarien, 2,3 Millionen Gartenteichen und 420.000 Terrarien gezählt.
Damit blieb 2007 die Zahl der Hunde gegenüber dem Vorjahr stabil, während die Population der Katzen um +1,5 Prozent und die der Kleintiere um +4,8 Prozent zunahm. Lediglich die Zahl der Ziervögel verringerte sich zum Vorjahr 2006 um gleich satte –10,5 Prozent. Wie der IVH außerdem ermittelte, gab es im Jahr 2007 wieder mehr jüngere Tierhalter und mehr Heimtiere in Haushalten mit drei und mehr Personen. Um + 2 auf 11 Prozent wuchs die Zahl der Tierhalter bis 29 Jahre. Die größte Gruppe, die über 60-jährigen Heimtierhalter schaffte 2007 nur noch einen Anteil von 27 Prozent zu erreichen - im Jahr zuvor waren es noch 30 Prozent. Die zweitgrößte Gruppe waren mit 25 Prozent die 40- bis 45-Jährigen. 43 Prozent (+ 3 Prozent) der Heimtiere wurden 2007 in größeren Haushalten ab 3 Personen gehalten, 33 Prozent (-3 Prozent) in Zwei-Personenhaushalten.
Allein die Heimtierfutter- und Haustierbedarfs-Industrie sorgt für tausende Jobs im Inland. Doch in diesen Zahlen noch nicht enthalten sind die Umsätze und Arbeitsplätze mit all den inzwischen üblichen, zusätzlichen Dienstleistungen wie Hundeschulen, Tierfriseure, Tierärzte, Tierpensionen oder – Betreuungspersonen und andere spezialisierte Angebote für Fifi und Co. Dabei dürfte es sich um Millionen bis Milliarden Euro handeln, wie allein der Markt für Hunde zeigt, den eine Göttinger Studie* im Jahr 2006 genau untersucht hat.
Ingesamt dürften allein deutsche Hundehalter laut dieser Studie der Universität Göttingen bereits im Jahr 2006 rund 5 Milliarden Euro, und damit jeder Hundhalter rund 1000 Euro pro Jahr für seinen vierbeinigen Liebling ausgegeben haben. Das entspräche etwa 0,22 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die im November 2006 veröffentlichte Studie Allein für Hundefutter geben deutsche Hundehalter pro Monat 25 bis 50 Euro aus. 6.900 von Deutschlands 13.800 Tierärzten kümmern sich ausschließlich um Hunde. 150 Millionen Euro werden pro Jahr für Hundearzneimittel ausgegeben. Um das zwei- bis viermalige Frisieren der vierbeinigen Lieblinge kümmern sich in Deutschland rund 1350 Hundesalons und schließlich um die Bestattung auf den 120 derzeit vorhandenen Tierfriedhöfen am Ende eines Hundelebens 80 Tierbestattungsunternehmen.
Für viele Menschen sorgt ein eigener Hund für eine verbesserte Gesundheit, allein schon durch den regelmäßigen Aufenthalt im Freien. Die eingesparten Kosten für Krankenbehandlung haben die Forscher mit einem Wert von 2,1 Milliarden Euro pro Jahr beziffert. Außerdem nehmen Städte und Gemeinden jährlich 220 Millionen Euro Hundesteuern ein, von denen höchstens ein Viertel für die Beseitigung von Hundekot verwendet werde.
Doch die Göttinger Studie untersuchte auch die negativen Seite der Hundehaltung: Zwischen 1968 und 2005 starben in Deutschland 58 Menschen durch Hunde, und damit 1,5 Mensch pro Jahr, vorwiegend durch deutsche Schäferhunde oder Schäferhundmischlinge. Bei den Versicherungen gingen pro Jahr 140.000 Schadensfälle ein, mit einer durchschnittlichen Schadenssumme zwischen 500 und 1000 Euro, die auf Hunde zurückzuführen seien. Die Wissenschaftler schätzten auf der anderen Seite die Einnahmen der deutschen Versicherungswirtschaft allein aus Hundehaftpflichtversicherungen auf 130 bis 140 Millionen Euro pro Jahr.
Eine ähnliche volkswirtschaftliche Bedeutung der Heimtierhaltung dürften Studien über Katzen- oder Kleintierhaltung ergeben. Und längst werden nicht nur spezielle Hundefriseure oder Katzenbestattungen angeboten, sondern immer neue Produkte und Dienstleistungen rund um das Haustier. Der heimtiernahe Dienstleistungsmarkt ist immer noch in der Entwicklung. Und wo die eines Tages enden wird, regeln unbehelligt von allen anderen Einflüssen zunächst einmal Angebot und Nachfrage. Haustiere haben sich, soviel ist schon jetzt sicher, nicht nur in Deutschland, sondern in allen Industriestaaten zu einem milliardenschweren Markt gemausert.
*Quellen:
Industrieverband Heimtierverband e.V. (IVH)
Darunter insbesondere: Daten & Fakten, die fortgesetzt aktualisiert werden.
zurück zu: Themen
zurück zu: Startseite
wirtschaftswetter.de
Studie Göttingen von Prof. Dr. Renate Ohr , Update - Die Studie über den Hundemarkt aus dem Jahr 2006 wurde mit einer Studie über den gesamten Heimtiermarkt aus dem Jahr 2014 ergänzt, die außerdem 2019 aktualisiert werden soll, weitere Informationen, Uni Göttingen: Heimtierstudie - Aktuelles
Demnach betrug der gesamte jährliche Umsatz 2014 der deutschen Heimtierhaltung 9,2 Mrd. Euro und ist mit 185.000 bis 200.000 Arbeitsplätzen verbunden. Update 2019: Eine aktuelle, abschließende Heimtier-Studie 2019 liegt dort, auf o.g. Webseite unter "Aktuelles" als PDF vor.
Im Jahr 2015 hielten die Deutschen 30 Millionen Hiemtiere, vom Hund bis zum Vogel. In 43 Prozent aller Haushalte lebten Heimtiere. Die Katze blieb mit 12,9 Millionen Vertretern das beliebteste Heimtier, gefolgt von 7,9 Millionen Hunden. In Einpersonenhaushalten lebten 29 Prozent (2014: 27 Prozent) der Heimtiere, 38 Prozent (2014: 36 Prozent) der Heimtiere lebten bei Menschen in Zweipersonenhaushalten.
Aktualisierung: Im Jahr 2018 hielten die Deutschen 34,4 Millionen Heimtiere in 45 Prozent aller Haushalte, zusätzlich noch Zierfische und Terrarientiere.
2009-01-01 (aktualisiert 2020-07-30, ) Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
Fotos Themenbanner: ©Cornelia Schaible
Foto Katze ©Ines Kistenbrügger
Infos zu Datenschutz + Cookies
© 2003-2021 Wirtschaftswetter® Online-Zeitschrift