von Angelika Petrich-Hornetz
In unserem Artikel Emanzipation für Fortgeschrittene" schrieben wir u.a. von Retourkutschen. Die erste Retourkutsche folgte sogleich auf dem Fuße, und zwar nur ein paar Stunden später, in Form einer Pressemeldung eines Unternehmens, das damit die Aufmerksamkeit allen Ernstes auf "Geschenke für Mütter" lenken wollte.
Was stellen Sie sich, verehrte Leserinnen und Leser, unter "Geschenke für Mütter" vor? Wahrscheinlich fragen Sie sich zunächst, ob es sich um ihre Mutter, um junge Mütter, alte Mütter (womöglich sind die Kinder längst aus dem Haus ...), um Mütter mit einem Kind oder mehreren Kindern, um alleinerziehende oder verpartnerte Mütter, um Vollzeit berufstätige Mütter oder geringbezahlte Mütter - und dann noch in welchen Branchen, handeln könnte, um herauszubekommen, was sich diese oder jene oder eine ganz andere Mutter möglicherweise als Geschenk wünschen könnte. Das ist dann auch gar nicht mehr so einfach zu beantworten, geschweige den über einen Kamm zu scheren, weil die Vielfalt der Mütter dieser Welt dermaßen groß ist, dass sie immer schwerer vergleichbar werden.
Nach Meinung dieses Unternehmen aber ist das für alle Mütter passende Geschenk jedoch längst gefunden, von dem nach eigener Aussage sogar "alle Mütter träumen" : Es handelt sich um einen riesigen Kühlschrank. Sind Sie darauf nicht gekommen? Sind Sie vielleicht sogar eine von dieser Pressemitteilung betroffene Mutter und haben noch nie von einem Kühlschrank geträumt? Das ist schlecht, denn laut dem von seinem Kühlschrank überzeugten Unternehmen würde Ihnen damit doch Ihr "Kochalltag" erleichtert.
Ach, Sie kochen gar nicht? Ihre Mutter kocht auch nicht? Von was ernähren Sie sich bzw. selbstverständlich Sie persönlich Ihre "Lieben", würde sich die Marketingabteilung des Kühlschrank-Unternehmens nun wahrscheinlich fragen. Das erledigen Ihr Mann oder Ihr Vater? Offenbar ist in gewissen Marketingabteilungen noch gar nicht angekommen, dass es kochende und backende Männer gibt. Wie schade, denn die würden sich möglicherweise für diesen Kühlschrank sogar weitaus mehr interessieren als ausgerechnet Sie. So schnell geht also eine große, potenziell dankbare Kundengruppe verloren, die sich gar nicht angsprochen fühlt, obwohl die Fronttür des Geräts durch einfache Montage wahlweise nach der einen oder anderen Seite hin geöffnet werden kann.
Das Unternehmen stellt seit mehreren Jahrzehnten Haushaltsgeräte her, die nach eigener Aussage "Gesundheit und Wohlbefinden" verbessern. Vielleicht beschäftigt es daneben auch schon seit Jahrzehnten dieselben Leute in der Marketing-Abteilung, die noch nie verbessert wurden, sondern immer noch irgendwo in der Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts zu verorten sind. Sei es drum, es scheint ihnen schlicht entgangen zu sein, dass sich um Nahrungsmittel und Gefriergut kümmernde Männer inzwischen zur Entourage des 21. Jahrhunderts gehören. Oder ist die Retourkutsche bereits derart angeschwollen, dass nun schon wieder eine Mehrheit meinte, eine nicht Kühlgeräte begeisterte Mutter sei ein Affront gegen jede Mit-Menschlichkeit? Ein Affront dürfte es allenfalls für einige Frauen sein, ausgerechnet einen Kühlschrank unterm Weihnachtsbaum zu finden. Denn der gehört im Gegensatz zu ihr eindeutig in die Küche.
2013-12-03, Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz
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