Sicher, es gibt gut dokumentierte Ausnahmen von der Regel, aber wer in Paarbeziehungen zwischen Männern und Frauen, insbesondere in Haushalten mit Kindern, den Kopf frei hat von den vielen, lästigen Verpflichtungen und der nie endenden Organisationsarbeit des Alltags ist in Deutschland mehrheitlich nach wie vor männlich, wie eine aktuelle Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung und des DIW Berlin nachweist. Justizminister Buschmann will Unterhaltspflichtige, ebenfalls in der Mehrheit männlich, mit Kürzungen beim Kindesunterhalt zu mehr Betreuungsbeteiligung motivieren.
von Angelika Petrich-Hornetz
Die Organisation von privaten Aufgaben bleibt zu 62 Prozent an den Frauen hängen, Männer leisten diese zu 20 Prozent lautet das Ergebnis der Studie, und das erstaunlichste darunter: Erwerbstätige Frauen mit Kindern tragen die Last der Alltagsmanagements sogar zu 74 Prozent(!). Die moderne Frauenfalle in Industrieländern wird inzwischen in dem Begriff Mental Load zusammengefasst, der die zusätzliche Belastung durch eine pausenlose Organisationsarbeit von generell als lästig empfundenen, aber, weil unbezahlt, wenig anerkannten Alltagsaufgaben umschreibt. Von einem entspannten Leben, gar einer Teilung der Sorgarbeit und Haushaltssarbeit können hierzulande Frauen also nach wie vor nur träumen. Und genau das trägt auch zur inzwischen wieder festzementierten einseitigen Doppelt- und Dreifachbelastung von Müttern - und nicht zuletzt zu ihrer Altersarmut - bei.
Frauen in Deutschland haben ab 65 Jahren durchschnittlich um 29,9 Prozent niedrigere Alterseinkünfte als Männer, der sogenannte Gender Pension Gap = geschlechtsspezifische Rentenlücke. (Quelle: destatis.de aus 2020). Darin enthalten sind auch die Hinterbliebenen-Renten. Wenn nur die eigenen Altereinkünfte aus dem eigenen Erwerbsleben gezählt werden, beträgt die Rentenlücke in 2020 zwischen Männern und Frauen 42,6 Prozent.
Vor diesem Hintergrund muss der Vorschlag von Bundesjusitzminister Buschmann bezüglich alleinerziehenden Familien - rund 1,6 Millonen mit Minderjährigen Kindern, hinzu kommen rund 1,1 Millionen mit volljährigen Kindern (Quelle: bpb.de, Zahl aus 2019), gesamt damit etwa 2,7 Millionen Alleinerziehendenhaushalte in Deutschland - erst einmal Zahlen liefern, die nachweisen, wie viel unbezahlte Arbeit und deren Organisation ein unterhaltsleistender Elternteil überhaupt übernimmt - und damit den anderen, die Hauptlast der Erziehungs-, Organisations- und Hausarbeit erbringenden Elternteil direkt entlastet, bevor Kindesunterhalte gekürzt werden, wie dessen wenig konkret vorgetragener Plan vorsieht.
Wissen Sie es? Im Jahr 2018 hat der Staat für über 700.000 Kinder den Unterhalt bezahlt, den sogenannten Unterhaltsvorschuss, insgesamt 1,1 Milliarden Euro*. Nur ein Bruchteil davon wurde wieder zurückgezahlt. Aus einer noch älteren Bertelsmann-Studie aus dem Jahr 2016 ging hervor, dass 50 Prozent aller Kinder von Alleinerziehenden gar keinen Unterhalt erhalten und weitere 25 Prozent weniger Unterhalt bekommen, als ihnen durch Gesetz zusteht. Diesen sogenannten Mindestunterhalt bekam im selben Jahr nur jedes vierte Kind. Aus einer Befragung des Deutschen Jugendinstituts von Alleinerziehenden ging ebenfalls für das Jahr 2016 hervor, dass mit 48 Prozent fast die Hälfte der befragten alleinsorgenden Elternteile (Jahr 2022, Quelle, Statistisches Bundesamt: 85 Prozent Mütter und 15 Prozent Väter) angaben, der andere Elternteil weigere sich, seine Unterhaltspflichten zu erfüllen und mit 35 Prozent äußerte ein Drittel der Betroffenen, sie würden auf Kindesunterhalt verzichten, um das Verhältnis zu dem anderen Elternteil "nicht zu belasten". Umgekehrt wäre es wohl ökonomisch sinnvoller.
Sollte sich an diesen Zahlen bis 2023 nicht etwas zum Positiven hin geändert haben, lautet unsere erste Frage, welche Klientel der Buschmann-Vorschlag bedienen möchte, wenn 75 Prozent der Kinder Alleinerziehender überhaupt keinen angemessenen Unterhalt bekommen, an dessen Höhe man überhaupt irgendetwas kürzen könnte. Bei knapp 1,6 Millionen Alleinerziehenden (Statistisches Bundesamt: 1,57 Millionen, Jahr 2022) , würde eine Reform des Kindesunterhaltsrecht, mit der Unterhaltsleistende Geld gegen Betreuungsleistung einsparen sollen, nur rund 390.000 Alleinerziehendenhaushalte betreffen. Die Mehrheit der Betroffenen aber, rund 1,2 Millionen Alleinerziehende, könnte wohl ohne massive Unterstützung durch Behörden weder mehr Kindesunterhalt noch mehr Betreuungsleistung beim anderen Elternteil durchsetzen. Somit bliebe mit dem Vorschlag aus dem Bundesjustizministerium, bei der großen Mehrheit der Alleinerziehenden alles beim alten (Elend).
Darum ist die erste Voraussetzung für solche Pläne, belastbare Zahlen vorzulegen, wie viele Mütter und Väter in Deutschland gegenwärtig überhaupt Unterhalt für sich und/oder ihre Kinder erhalten und in welcher Höhe, auch das ist der Öffentlichkeit nach wie vor weitestgehend unbekannt. Genauso großflächig unbekannt ist der Öffentlichkeit, wie viele Elternteile, in der Mehrheit Väter, sich nicht, wie laut Düsseldorfer Unterhaltstabelle seit Jahren vorgesehen, alle 14 Tage ein Wochenende und die Hälfte der Schulferien an der Sorgearbeit für ihre eigenen Kinder beteiligen.
Die mangelnde Betreuungsleistung hinderte Unterhaltszahlende bisher aber nicht daran, die Hälfte des Kindergelds pro großzuziehendem Kind einzubehalten und den Kindesunterhalt um exakt diesen Betrag kürzen, sogar dann, wenn sie sich jahraus, jahrein überhaupt nicht um ihren Nachwuchs kümmerten. Für über 18-Jährige in Schulen, Studium, Ausbildung, ohne eigenes Einkommen, zieht der oder die Unterhaltsleistende sogar das ganze Kindergeld vom Kindesunterhalt ab, das aktuell immerhin 250 Euro beträgt. Vor dem Hintergrund der o.g. Zahlen in Kombination mit der ebenfalls erwähnten, in der Praxis nicht seltenen mangelnden Betreuungsleistung, lautet die nächste Frage, wie viele Elternteile gegenwärtig sowohl ihren Unterhaltsleistungen als auch ihren Betreuungsleistungen überhaupt eingermaßen (Buschmann spricht von "30 Prozent") angemessen nachkommen, so dass sie für einen weitere Reduzierung ihrer Unterhaltspflicht generalisiert in Frage kämen.
In der Praxis wird damit bereits seit Jahrzehnten Kindesunterhalt reduziert - um 125 Euro pro minderjährigem Kind und Monat oder 1500 Euro pro Kind und Jahr, bei volljährigen Kindern ab 18 Jahren um 250,-Euro pro volljährigem Kind oder 3000 Euro pro Jahr - unabhängig von einer vorhandenen oder nicht vorhandenen Sorgearbeit, weil die o. g. Vorgabe der hälftigen Ferien- und Wochenentbetreuung in der Praxis ein Papiertiger ist und sich lediglich als "freiwillige Leistung" etablieren ließ.
Ein aktuell, zusätzliches Problem des Buschmann-Vorschlags: Abgesehen vom Wechselmodell, besuchen die meisten Kinder in Trennungsfamilien eine einzige Schule oder besuchen eine einzige Kindertagestätte - und nicht zwei - und leben dauerhaft in einer einzigen Wohnung, von wo aus sie in diese Schule oder in diesen Kindergarten gehen, und aus der Wohnung des hauptversorgenden Elternteil, zu 85 Prozent Mütter und zu 15 Prozent Väter, in der sie ihren sogenannten Lebensmittelpunkt haben.
Das bedeutet in der deutschen Gegenwart der Wohnungsnot eine immer extremer werdende Belastung durch hohe Mieten von Alleinerziehenden-Haushalten, die mit diesen steigenden Kosten keine weiteren Kürzungen beim Kindesunterhalt ausgleichen können, es sei denn, man möchte eine Mehrheit derjenigen Haushalte, die sich aktuell noch knapp ohne öffentliche Gelder über Wasser halten können, künftig ebenfalls in den Sozialleistungsbezug, mindestens in den Wohngeldbezug treiben, wenn sie dort nicht längst schon sind, was lediglich einem Verschiebebahnhof, nämlich einer Verlagerung von öffentlichen Ausgaben von einem Ressort ins andere Ressort gleichkäme - und damit stellt sich auch einmal mehr die Frage, welcher Elternteil neben der eigenen Erwerbsarbeit auch noch die unbezahlte Arbeit mit der damit verbundenen laufenden Antragsbürokratie übernehmen darf. Das werden wie gehabt ganz sicher nicht diejenigen unter den Unterhaltszahlenden, weitestgehend von ihren Kindern und damit zusammenhängenden Belastungen, befreit lebenden Elternteile sein.
Besser umzusetzen wäre möglicherweise eine teilweise, steuerliche Anerkennung von Kindesunterhalt gekoppelt mit tatsächlich erbrachter Betreuungsleistung, und zwar durchdekliniert in den Ferien, an Wochenenden, an Feiertagen und unter der Woche, die kindesunterhaltszahlenden und ihre Kinder zumindest zum Teil betreutende Elternteilen gewährt würde, denn das würde auch die sehr berechnend Agierenden unter ihnen, die peinlichst darauf achten, möglichst gar keine unbezahlte Sorgearbeit leisten zu müssen, finanziell motivieren, sich endlich um ihre eigenen Kinder zu kümmern und sich am üblichen Mental Load wenigstens rudimentär zu beteiligen.
Parallel dazu sollte dann aber auch denjenigen, die gar keine Betreuungsleistung erbringen, die Einbehaltung des hälftigen oder ganzen Kindergelds und Kinderfreibetrags gestrichen werden, weil das weitestgehend von den üblichen Kinderlasten befreite, verbilligte Leben auf Kosten von anderen, die allein die Verantwortung für die nächste Generation übernehmen müssen, kein Beitrag zum Gemeinwohl leistet, sondern lediglich dem eigenen Fort- und Auskommen sowie persönlicher Zeit- und Geldeinsparung dient.
Die Frage aber, ob diejenigen, die keinerlei Interesse an ihren eigenen Kindern haben, dem Kindeswohl wirklich dienlich sind, bleibt damit unbeantwortet im Raum stehen. Das Herauskaufen aus der Betreuungsverantwortung wird mit solchen Maßnahmen ebenfalls nicht abgeschafft, aber zumindest die staatliche Förderung der Verweigerung von Betreuungsleistung beendet. Welche Behörde das dann aber kontrollieren möchte, können wir den geneigten Leserinnen und Lesern auch nicht beantworten, weil die vorhandenen, zuständigen Behörden allesamt bereits aus- bis überlastet sind, weshalb die bereits bestehende Pflicht zur teilweisen Betreuung seit Jahrzehnten, nämlich seit ihrer Einführung, lediglich auf dem Papier steht - und nie flächendeckend durchgesetzt wurde.
Wer, sollte sich das Bundesjustizministerium mit seinem Vorschlag durchsetzen, dann später die neue Teilzeit-Betreuungsleistung wieder allein zu organisieren hat, kann man sich ebenfalls denken: Es werden selbstverständlich nach wie vor diejenigen sein, die seit jeher die Hauptlaust der unbezahlten Sorgearbeit und des Alltagsmanagement übernehmen, weil sie per Gesetz nun noch mehr in die Rolle gedrängt werden, vom anderen Elternteil "etwas zu verlangen", auf das dieses partout nicht von allein kommen will, nämlich dass er oder sie genauso seinen Kindern gegenüber verpflichtet ist wie die Hauptsorgenden. Damit müssten die Hauptbetreuenden nach wie vor diese Selbstverständlichkeit, nämlich die Betreuung "ihrer" Kinder in nicht wenigen Fällen geradezu einfordern, während sich die anderen, derart beschaffene Elternteile wie bisher forgesetzt weiterhin zieren werden, weil sie ja schon Kindesunterhalt "bezahlen", was von nicht wenigen Exemplaren als hinlänglich ausreichende Leistung ihren eigenen Kindern gegenüber definiert wird.
Insoferen bleibt der Buschmann-Plan als Ganzes ein äußerst zweifelhaftes Unterfangen mit unbekanntem Ausgang, von dem nur eine Minderheit der Alleinerziehendenhaushalte sowie Unterhaltspflichtige mit ohnehin gutem Einkommen profitierten und der zudem das große Risiko beinhaltet, den sorgenden Elternteilen lediglich weitere Belastungen - wie zusätzliche Organisationsleistungen - aufzuladen, weil der großartige Plan bei einer 30 bis 40-prozentigen "Betreuungsleistung", in Wahrheit eine Betreuungsminderleistung, immerhin satte 60 bis 70 Prozent Betreuungsleistung ganz ungeniert bei den bereits Hauptbelasteten belassen möchte.
Die einzige Aufteilung, die es wert wäre zu diskutieren, ist die - bereits in der Düsseldorfer Tabelle eingepreiste hälftige Teilung bzw. wenigstens die Hälfte aller Wochenenden, Feiertage, Ferien etc.. Nur damit könnte Kindesunterhalt reduziert und von einer echten Chance für die hauptamtlich Betreuenden, die eigene Erwerbsarbeitsarbeitszeit, u.a. um das eigene Alstersarmutsrisiko zu reduzieren, Rente zu sichern, auszubauen und erhöhen zu könnnen, gesprochen werden, voraussgesetzt, solche nun "neu" betreuenden Elternteile wären dann auch wirklich verlässlich (fragen Sie bitte einmal die von einer schwankenden Verlässilichkeit Betroffenen). Aber exakt davon, von Teilzeitarbeit oder einer dann notwendigen privaten Organisation der Kinderbetreuung durch Dritte, darunter Verwandte und Freunde, wie sie Millionen Alleinerziehende hierzulande regelmäßig stemmen müssen, sind auch wegen veralteter Arbeitsstrukturen immer noch ein Großteil der Väter in diesem Land genauso weit entfernt, wie aktuell ein Großteil der minderjährige Kinder betreuenden Mütter von Vollzeitarbeitsplätzen.
Die Zahlung von Kindesunterhalt ist immer an die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsleistenden gekoppelt, anders als die von betreuenden Elternteilen, die nie gefragt werden, ob sie es schaffen, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr die alleinige Verantwortung für einst "gemeinsame" Kinder zu tragen. Wenn Letztere vor lauter Lasten zusammenklappen, können sie höchstens eine Elterngenesungskur - vor dem Hintergrund von 85 Prozent weiblichen Alleinerziehenden forgesetzt "Müttergenesungskur" genannt - selbst organisieren. Ähnlich wie Frau Schnitzer, dem Wirtschaftsweisenrat, Herrn Linnemann, Herrn Klinbeil, Herrn Kühnert und Co empfehlen wir auch Herrn Buschmann dringend einen Besuch in den entsprechenden Einrichtungen, die Müttergenesungskuren anbieten, bevor sie weiter wild am in der Mehrheit knappen Budget von kinderbetreuenden Familien herumstreichen, die jeden Euro benötigen, außerdem die aktuell, vorliegenden Zahlen, wie sich Ausgaben für Schulmaterial galoppierend verteuerten. Vergessen wurde wohl auch einmal mehr, dass Familien, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen, die Mehrwertsteuerzahler Nr. 1 sind. Vor diesem Hintergrund müssen erst einmal belastbare Zahlen her, wie viel Prozent Betreuungsleistung durch Unterhaltsleistende in Wirklichkeit erbracht - und beantwortet werden, warum die in der Düsseldofer Tabelle längst vorgesehene 50-prozentige Ferienbetreuung flächendeckend nicht funktioniert, bevor den Betreuungsleistern in Deutschland ihre unbezahlte Sorgearbeit noch unmöglicher gemacht wird, als sie es ohnehin schon ist. Und wir empfehlen Herrn Buschmann wärmstens die unverzügliche Lektüre der Böckler-Studie, Zitat, der Autorinnen:
"Die Leitbilder und Lebensziele für eine aktive Vaterschaft stehen oft im Konflikt mit traditionellen Anforderungen und Erwartungen, die von Vorgesetzen oder Kolleg*innen vorgebracht werden."
Zur Pressemitteilung mit Link zur Studie, externe Seite, boeckler.de: Alltagsorganisation bei Paaren und Familien - Erwerbstätige Frauen übernehmen den Löwenanteil
Und damit geben wir zurück zum veraltet strukturierten Arbeitsmarkt im Sinne Adenauers und zu unserem Vorgänger-Text über die vorgeschlagenen Familienstreichkonzerte aus dem Juli 2023:
Neues aus dem Elfenbeinturm - Das familien-, jugend- und frauenpolitische Sommerloch 2023 in elf Akten
Der Arbeitsmarkt muss endlich auch eine, dringend notwendige Integrationsleistung erbringen, die kein "Gedöns nur für Schulen" ist, auf die ja auch die Wirtschaft immer gern verweist, wenn es um mangelnde Leistungen geht. Es sollte endlich Schluss damit sein, dass immer noch ein Großteil der vorhandenen ausbildungsplatzinteressierten und geradezu arbeitswütigen jungen Leute komplett ignoriert wird, dass ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen und auch Frauen jeder Hautfarbe und Alterklasse immer noch aus allen möglichen Branchen, Karriereetagen und ganzen Berufszweigen kategorisch ausgeschlossen werden, weil einige Führungsetagen einen nicht mehr zeitgemäßen kapitalen Knick in ihrer Einstellungslinse haben. Selbst die Boeckler-Studie forderte gegen die galoppierende Betriebblindheit, was durchaus verzweifelt anmutete, "Führungskräfteschulungen [...], die zum Wandel der Betriebskultur" beitragen, als Maßnahme, damit auch dort endlich einmal ankommt, dass Sorgearbeit DAS Backoffice der deutschen Wirtschaft ist, die einst selbst dafür gesorgt hatte, dass die im Vergleich zu gegenwärtigen teuren Betreuungslandschaft - trotz kostenloser Familienversicherung - relativ günstige Hausfrau flächendeckend abgeschafft wurde - und hat diesbezüglich endlich etwas Konstruktiveres beizutragen, statt sich fortgesetzt ausschließlich selbst zu bemitleiden. Welche Innovations- und Wirtschaftskraft darüberhinaus Hausfrauen entwickeln können, dazu kann man, aber muss man nicht nur die Geschichte von Bertha Benz und Co bemühen, die Erfolgsgeschichten gibts auch heute, wie z.B. diese Gründerin einer Keksfabrik in Georgien.
Bundesfamilienministerin Paus hatte vollkommen Recht damit, auf die Pauke zu hauen und ein Veto einzulegen, nicht zuletzt, um ihre Klientel, die Jugend - und damit nichts weniger als die künftige Arbeitgeber- und Arbeitnehmerschaft - vor dem zunehmend übergriffigen Verhalten ihrer Ministerkollegen zu schützen. Die von den Generationen X und Y, vorwiegend männlich besetzte Medienlandschaft titelte: "Die Mäuse tanzen auf den Tischen". Ach sieh an, die Familienministerin als angebliche "Maus". Darf es noch etwas misogyner in Form und Inhalt sein? Aber ja: Man untestellte eine Pressekonferenz wie in "Nordkorea" oder warf ihr "Erpressung" vor, dabei ist das genaue Gegenteil der Fall: Die im Juli vorgetragenen, eiskalten Streichkonzerte bei Familien, Frauen, Kindern, Jugendlichen und die Zementierung der Altersarmut von Müttern sind eine waschechte Erpressung, die von gegenwärtig sehr gut verdienenden Einfallslosen jetzt noch großflächiger als bisher ausgequetscht werden sollen.
In "Nordkorea" wähnte man sich darum bereits hinreichend in den Pressekonferenzen der "Wirtschaftsweisen" zugegen. Wie wäre es neben dem erfolgreich etablierten Niedriglohnsektor etwa noch mit der Einführung eines flächendeckenden Wanderarbeitermarktes? Dank des dysfunktionalen Wohnungsmarktes, der wiederrum Gift für die Arbeitsmobilität ist, entstehen momentan wieder "Arbeitnehmerunterkünfte" in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz und auch die einstige Abschaffung von "Schwesternwohnheimen" dürfte wohl bald ihre Umkehrung erleben. Und was trägt eigentlich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zur Lösung bei?
Dazu auch lesenswert, die Süddeutsche Zeitung mit, externe Seite, sueddeutsche.de: Arithmetik der Armut, die die Bürgergeldberechnung in den Fokus rückt, die Lindner plakativ ins Feld führte. Man kann darüber hinaus alles berechnen, darunter auch, ob der Staat davon profitiert oder nicht, wenn er junge Leute, die hier geboren werden und erfolgreich in Schule und Ausbildung sind, nicht in ihr angebliches Heimatland abschiebt, das sie noch nie in ihrem Leben gesehen haben, sondern zu den Fachkräften heranwachsen lässt, die dieses Land braucht, man muss es nur wollen und sich mit vorliegenden Zahlen und Strukturen beschäftigen. Im Zeitalter von IT, Ditgatilisierung und KI kommt es einer Arbeitsverweigerung gleich, zu behaupten, man hätte angeblich keine Daten und könnte keine Prognose treffen. Selbstverstädnlich geht das, man muss es nur wollen: den Tatsachen ins Auge sehen. Wer das verweigert, füttert in solch einem faktenfreien Vakuum lediglich zweifelhafte, antidemokratische Ideologien und Heilslehren.
*Laut einem Bericht des MDR vom 4. September 2023 wurden im Jahr 2022 bereits rund 2,5 Milliarden Euro Unterhaltsvorschuss ausgezahlt und der Staat blieb auf mehr als 2 Milliarden Euro Unterhaltsschulden sitzen - die Unterhaltschuldner gegenüber ihren eigenen, minderjährigen Kindern aufhäuften. I.d.R. geht es um Mindestunterhalte. Bei Unterhaltsvorschuss wird von den Regelsätzen des Mindestunterhalts den alleinerziehenden Haushalten das Kindergeld vollständig abgezogen (bei durch Eltern geleisteten Kindesunterhalten wird bei Minderjährigen das halbe Kindergeld durch den Unterhaltsschuldener einbehalten, bei Kindern über 18 Jahren das ganze Kindergeld). Weitere Informationen, externe Seite, mdr.de: Unterhaltsvorschuss - Wie der Staat auf Milliarden verzichetet
2023-08-20, Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Text: ©Angelika Petrich-Hornetz, Wirtschaftswetter
Foto Banner: aph
Infos zu Datenschutz + Cookies
zurück zu: Themen
zurück zu: Startseite
wirtschaftswetter.de
© 2003-2023 Wirtschaftswetter® Online-Zeitschrift