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Gesundheitswesen in Indien

5. Kräutergarten im Gangesdelta

von Dr. Elisabeth Kärcher

DorftümpelZählt man Seitenarme des Ganges dazu, bildet das ganze Mündungsgebiet dieses gigantischen Flusses eine riesige Fläche in Bangladesh und Ostindien. So immens der Regen während der Monsunzeit herunterkommt und so gewaltig die Schlammmassen sind, die der Ganges mit sich führt, so dick sind auch die fruchtbaren Bodenschichten im Delta.

Bei der Fahrt von Kolkata nach Süden in das Deltagebiet machen Drainagekanäle und die erhöhte Lage von Dörfern und Wegen deutlich, wie hoch im Sommer das Wasser steht. Die Felder liegen im Überschwemmungsbereich und diese regelmäßige Düngung lässt die Gegend grünen und blühen.

DorfbrunnenAber der Boden birgt auch eine Gefahr: Als Schwemmland enthält er an manchen Stellen hohe Mengen an Arsen. Während in Europa Grundwasser durch die Bodenfilterung an vielen Stellen gesunde Mineralien aufnimmt (Mineralbrunnen), ist hier Grundwasser oftmals giftig.

In der Zeit, in der Entwicklungsländer mit Brunnenbauten beglückt wurden, wurden im Gangesschwemmland alte Erzählungen von was Gefährlichem im Bodenwasser als Märchen ignoriert. Leider beruhte diese abenteuerlich klingende Geschichte auf realen Erfahrungen, aber erst nachdem schleichende Arsenvergiftungen auftraten, wurde die Ursache entdeckt.

Heute messen regionale Zentren die Arsenbelastung von Brunnen und markieren sie farblich: blau = sicher, rot = unsicher. Bis zu einem Drittel der Brunnen sind unsicher. Die Dorfbewohner werden informiert und der Kauf von Arsenfiltern für das Brunnenwasser empfohlen. Zwar sind diese nicht gerade billig, aber dank der Fruchtbarkeit des Landes haben die Einwohner doch ein wenig mehr Geld, als es zum unmittelbaren Überleben gebraucht wird.

KraeutergartenGerne, sagt ein einheimischer Arzt, gerne wird das Geld für Pillen ausgegeben und je bunter diese sind, umso besser. Eine gute Geschäftsbasis für die Quacks – die mehr oder weniger wirksame, aber immer schön bunte Pillen verkaufen.

Da ist die Heilkräuter-Initiative des ländlichen Gesundheitszentrums, das stationäre und ambulante Behandlung bietet, doppelt gut. Eine Hilfsorganisation betreibt das Zentrum im Auftrag des Staates - als Public-Private-Partnership. Es hat durch Spendengelder darüber hinaus die Möglichkeit Bedürftige bei den Gesundheitskosten zu unterstützen und zusätzliche Projekte durchzuführen.

Hinterm KräutergartenMobile Ambulanzen per Kleinbus oder – in der Inselwelt des Gangesdeltas – per Kleinboot gehören ebenso dazu wie eine hocheffektive regionale Augenklinik, die den weiten Weg nach Kolkata erspart und unter anderem bei grauem Star unter technisch und hygienisch guten Bedingungen durchschnittlich stolze fünfzig bis siebzig Katarakt-Operationen täglich an Wochentagen durchführt.

Der Kräutergarten ist ein neues Projekt und auf dem besten Wege, die Basis für ein selbsttragendes Versorgungssystem zu werden. Angeschoben mit Fördergeldern entstand ein großer botanischer Garten für die Anzucht von Pflanzen, die zu ayurvedischer Medizin in der regionalen Gesundheitsversorgung genutzt werden.

Frauen der Umgebung, die sich beteiligen wollen, erhalten einen Mikrokredit und Pflanzensamen oder -setzlinge. Die Pflanzen, die sie nach der Ernte abliefern, bekommen sie bezahlt. Diese werden dann aufbereitet, nach den indischen Bestimmungen auf ihre Inhaltsstoffe geprüft und in kleinen Kapseln mit bis zu fünfzehn Pflanzenstoffen gepresst.

In Handarbeit verpackt und etikettiert, gelangen die Medikamentendöschen in den Verkauf – vorerst nur in der Apotheke beim Gesundheitszentrum. Demnächst wollen sie in der Region weitere Verkaufsstellen beliefern. Das nächste große Ziel der Expansion ist nur zwei Fahrstunden entfernt: Kolkata mit potenziellen 13 Millionen Kunden.

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2007-04-17 Dr. Elisabeth Kärcher, Wirtschaftswetter
Text: ©Dr. Elisabeth Kärcher
Fotos: © Dr. Elisabeth Kärcher
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